Die geschichtsträchtige Bäckerei Motsch stellt ihren Betrieb ein. "Wir haben schweren Herzens die Entscheidung getroffen", erklärt der Inhaber. Mit der Schließung endet eine jahrzehntelange Ära.
Im Bäckereihandwerk treibt es vielen Akteuren Sorgenfalten auf die Stirn. Gestiegene Kosten, fehlende Mitarbeiter und der harte Wettbewerb mit Supermärkten und Discountern - die Probleme der Branche sind vielschichtig. Die Familienbäckerei Rager im mittelfränkischen Ansbach musste ihren Geschäftsbetrieb nach rund einhundert Jahren einstellen. "Der Hanfbeck" in Kronach schließt Ende Juli ebenfalls für immer seine Pforten - obgleich hauptsächlich aus sehr persönlichen Gründen. Auch in Bad Kissingen sind die Tage eines alteingesessenen Handwerksbetriebs gezählt: Die Bäckerei Motsch hat nur noch bis August geöffnet.
"Ab dem 11.8.24 bleibt unsere Bäckerei leider für immer geschlossen. Aufgrund der Problematik, qualifizierte Mitarbeiter vor allem für die Backstube zu finden, sehen wir, mein Bruder und ich, uns leider nicht mehr in der Lage, die Bäckerei weiterzubetreiben", heißt es in einem an die Kundschaft gerichteten Ladenaushang. Im Gespräch mit inFranken.de geht Inhaber Marius Motsch näher auf die Hintergründe des drastischen Schritts ein. "Wir haben schweren Herzens die Entscheidung getroffen", erklärt er. Der Bäckermeister führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Doch schon bald bleibt der Backofen des mehr als 85 Jahre alten Betriebs dauerhaft kalt.
Bad Kissingen: Bäckerei Motsch schließt im August ihre Türen - über 85-jährige Ära endet
Die Familienbäckerei Motsch zählt zu den beliebtesten Bäckereien in Bad Kissingen. In seiner Google-Bewertung weist der Betrieb 4,8 von 5 möglichen Sternen auf - basierend auf 161 Rezensionen. Erst vor gut anderthalb Jahren wurde die unterfränkische Bäckerei mit dem Staatsehrenpreis für das bayerische Bäckerhandwerk ausgezeichnet - dem "Bayerischen Oscar der Bäcker", wie es Ministerpräsident Markus Söder (CSU) formulierte, der die Ehrung seinerzeit persönlich durchführte.
Die Anfänge der Bäckerei Motsch liegen in Mannheim. Dort wurde die Firma 1937 von Marius Motsch' Großvater Alois gegründet. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Bäckerei allerdings zerstört. In der Folge zog Alois Motsch nach Bad Kissingen, wo er 1945 im Zentrum der Stadt einen Betrieb pachtete. Als im August 1950 der Bau in der Scheffelstraße beendet war, konnte am September 1950 der Betrieb an seiner jetzigen Stelle öffnen, wie der Firmenchronik zu entnehmen ist.
1975 wurde die Familienbäckerei von Sohn Dieter Motsch übernommen. Dieser baute das Geschäft weiter aus und übergab das Unternehmen 2009 an seinen Sohn Marius. Mit ihm endet nun die Jahrzehnte währende Ära. Leicht sei ihm der Entschluss der Schließung keineswegs gefallen, erzählt Marius Motsch inFranken.de. "Zuvor habe ich schon ein halbes Jahr, wenn nicht länger, überlegt", betont der 41-Jährige. "Natürlich wäre es mir lieber gewesen, ein Schild aufzuhängen, auf dem wir auf drei Wochen Urlaub hinweisen." Doch man müsse ganz einfach realistisch bleiben.
"In der Backstube stehen nur noch mein Bruder und ich" - Fachkräftemangel besiegelt Aus
"Das Thema Fachkräfte wird immer schwieriger. Lehrlinge sind ganz schwer zu finden", sagt der unterfränkische Bäckerei-Geschäftsführer. Fachlich geeignetes Personal gebe es ohnehin kaum. Und einen Quereinsteiger zu beschäftigen, sei insbesondere für kleine Betriebe eine große Herausforderung - schon allein aus Zeitgründen. "In der Backstube stehen nur noch mein Bruder und ich." Im Verkauf sei man - einschließlich Aushilfen - zu sechst.
"Und dann sollte derjenige ja auch noch menschlich ins Team hineinpassen", gibt Motsch mit Blick auf die Mitarbeitersuche zu bedenken. Mitte August soll nun der endgültige Schlussstrich erfolgen. "Hätte ich nur noch fünf Jahre vor mir, wäre es was anderes", sagt Motsch. "Ich werde jetzt aber erst 42. Noch weitere 25 Jahre würde auf Dauer nicht funktionieren", zeigt sich der Bäckermeister überzeugt.