Kabarettistin Constanze Lindner spricht im Spielbank-Restaurant über Schlankmach-Spiegel und die Folgen, über Influenzerund ihre Tricks, um Follower zu beeindrucken und über die ungeschminkte Wahrheit.
Stimmgewaltig und mit vollem Körpereinsatz - so präsentierte sich die vielseitige Unterhaltungskünstlerin Constanze Lindner bei ihrem Soloprogramm "Miss Verständnis" im Kissinger Spielbank-Restaurant "LaCanchanchera". Den knapp 50 Gästen gefielt der überschäumende Humor des Münchner Kindls mit kabarettistischen Rundumschlägen, parodistischen Einlagen und skurril-komischen Alltagsbetrachtungen.
"In Schwabing bin ich groß geworden. Nein - aufgewachsen!" - Constanze Lindner kokettiert mit ihren 156 Zentimetern Körpergröße ebenso wie mit ihren Körpermaßen, die nicht denen eines Models entsprechen, aber im "Schlankmach-Spiegel" der Kaufhäuser zur beglückenden Illusion werden. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem man sich in eine Yoga-Jogginghose zwängt, die schon beim Anziehen reißt und für die man beim Ausziehen die Schere benötigt. Ihr Kommentar dazu: "Was haben Weißwürste und Leggins gemeinsam? Beide platzen, wenn der Inhalt zu heiß ist."
Lob sei der Stützstrumpfhose
Dagegen lobt sie ihre Stützstrumpfhose, "die alles an die richtige Stelle schiebt", denn als Bühnenkünstlerin ist der erste Eindruck entscheidend und der ist nun mal die äußere Ansicht. Den Gästen gefällt dieses "Selbstkörper-Bashing", das die Ursache in unserer Reduktion auf Äußerlichkeiten hat. Beispielhaft stehen hierfür die Influencer, die sich mit Hilfe von Schönheitsfiltern "viel Körper an den richtigen Stellen" hinzaubern oder sich mit dem "Urlaubsfilter" aus der Innenstand von Hannover an den Strand von Hawaii transformieren lassen - umgekehrt geht es übrigens mit dem "Bescheidenheitsfilter", wenn man die Millionen an Followern nicht neidisch machen möchte.
Sie dagegen steht zu dem, was sie darstellt, sie braucht keine Diäten, die braucht kein Fitness-Center und kein Almased, das durch einen gelben Bikini mit drei Möpsen beworben wird und "nicht einmal mein Mann sieht die riesige Zahnlücke". Sie sei halt ein "Mensch mit Bauchgefühl" und das merkt sie immer, wenn sie vor dem Kühlschrank steht. Ihr Ratschlag an alle mit dem gleichen Gefühl: "Figur ist nicht wichtig, die Umgebung ist entscheidend - das gilt auch bei der Intelligenz."
Neigung zu skurrilem Humor
Im Gepäck zu ihrem Programm "Miss Verständnis" hatte Constanze Lindner mit "Oma" und "Cordula Brödke" zwei Protagonisten, mit denen sie nicht nur ihr schauspielerisches Können präsentieren, sondern auch ihrer Neigung zum skurrilen Humor freien Lauf lassen konnte. In beigem Jackerl mit grauer Perücke durfte "Oma" von ihrem religiösen Umfeld erzählen, das nur noch aus dem Pfarrer besteht. Schwiegertochter Gerlinde ist dabei die Spiegelfläche für alles, was ihr nicht passt. Mal ist es der Mops, bei dem man nicht weiß, wo man die Schubecks Leckerli reinschieben muss, mal ist der Tatort vom Bodensee, der in Münster mit mehreren Kommissaren spielt, wobei die geschilderte Handlung alle Anwesenden überfordert und letztlich nur der legendäre Satz hängenbleibt: "Harry hol den Wagen."
Mit Sprachwitz und Mimik
Pudelmütze und Zahnspange katapultierte Lindner in die Figur "Cordula Brödke", in der sie ihre komödiantische Seite zeigen konnte. In einer temperamentvollen Mischung aus Sprachwitz und Mimik ging es mal um Magie beim Zersägen einer Jungfrau - "Ist eine da? Wenigstens vom Sternzeichen her?" - , mal um das Erraten von Filmen und mal um den Blick in die Zukunft.
Constanze Lindner mag's gern deftig, sie mag's schräg, sie mag's laut und sie mag das Publikum. Ein Meter Abstand von der kleinen Bühne zur ersten Sitzreihe - da gibt es keine Distanz, da ist man direkt dabei und da heißt es, das Zwerchfell entspannen, sich zurücklehnen und den Abend genießen. Lindner wie Gästen gefällt diese intime Atmosphäre im Spielbank-Restaurant. Sie bezieht das Publikum mit ein - mal als Helfer fürs Jackerl, mal als Schlaumeier aus der zweiten Reihe, mal als Hausmeister, der für seinen Einsatz mit zehn Euro belohnt wird. Dem Publikum gefielen die zwei unterhaltsamen Stunden, die in einer Trauerrede zum eigenen "Fake-Death" und der Erkenntnis endeten: "Als Verstorbener soll man nicht schlecht über die Angehörigen reden."