Seit September leben mehrere syrische Familien im Markt Burkardroth, darunter auch ein Dutzend Kinder. Sie haben sich gut in ihrer Unterkunft am Kapellenweg eingelebt. Jetzt kommen noch welche dazu.
Aya ist glücklich. Sagen kann sie es nicht. Noch nicht, da sie kein Deutsch spricht. Aber die Augen der 25-Jährigen verraten es, denn sie leuchten. Die syrische, junge Frau ist glücklich, da nun ihr Mann Abdullah und die beiden Kinder Ruha und Mahmut wieder offiziell mit ihr zusammenleben können, die Familie in Stangenroth wieder vereint ist.
Getrennt wurde das Paar mit seinen drei Kindern aber nicht auf der Flucht aus Syrien, sondern erst in Deutschland. Abdullah wurde bei seiner Ankunft mit dem sieben Jahre alten Sohn und der achtjährigen Tochter im mittelfränkischen Roth untergebracht. Aya hingegen kam mit dem neun Monate alten Baby in die Flüchtlingsunterkunft am Kapellenweg in Stangenroth.
Inzwischen hat sich die junge Frau ebenso wie die anderen Flüchtlinge hier eingelebt. "Das Haus ist gut", übersetzt Abdul ihre Einschätzung.
Flucht unter Todesangst
Der 20-jährige stammt ebenso wie Aya aus Aleppo. Einen Monat habe seine Flucht gedauert, erzählt er in englischer Sprache, da seine Deutschkenntnisse noch nicht so gut sind. Was genau er erlebt hat, kommt nur schwer über seine Lippen. Es sei vor allem gefährlich gewesen, sagt er, wegen der Wegelagerer. Die hätten nicht selten Menschen umgebracht, um deren Organe zu verkaufen.
Abdul hat sich alleine auf den Weg nach Deutschland gemacht. Er möchte sein Studium hier fortsetzen und Elektroingenieur werden. Seine Eltern sind in Aleppo geblieben. Jeden Tag versucht er, mit ihnen übers Internet zu kommunizieren. "Dabei bin ich immer sehr traurig", erzählt er. Manchmal muss er auch weinen. Doch er hat viel zu tun, und das lenkt ihn ab. Er lernt eifrig Deutsch - am Vormittag mit dem ehemaligen Lehrer Ernst Dettmer, der in der Stangenrother Unterkunft ehrenamtlich Unterricht erteilt. Später macht der junge Mann auch noch Hausaufgaben, obwohl Ferien sind. "Er ist wirklich richtig fleißig", lobt Bernd Arnold den jungen Syrer, der sonst an der Berufsschule Bad Kissingen Deutschunterricht hat.
Bernd Arnold betreibt mit seinem Bruder Achim die Flüchtlingsunterkunft in Stangenroth. "Aber damit begonnen, Asylsuchende unterzubringen, haben wir in Waldfenster, in der ehemaligen Pension unserer Eltern", erzählt er. Die Idee hatte seine Frau, die Ukrainerin ist. Sie hat die kriegerischen Auseinandersetzungen in ihrer Heimat verfolgt und wollte helfen.
Zunächst sammelte das Paar Kleiderspenden und schickte sie in die Krisenregion. Schließlich erfuhr es, dass etliche Ukrainer geflohen und in Bad Kissingen untergekommen waren. "Da unsere Wohnung in der Pension durch unseren Umzug nach Gersfeld frei wurde, boten wir sie 2014 dem Landratsamt zur Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge an", so Bernd Arnold. Es dauerte zwar eine Weile, doch im Februar dieses Jahres zogen die ersten ein. Später kamen weitere Asylsuchende aus Albanien und dem Kosovo dazu, die jedoch wieder abgeschoben wurden. "Jetzt leben etwa zehn Ukrainer in Waldfenster", so Arnold.
Alle wollen Deutsch lernen
Doch immer mehr Flüchtlinge machten sich auf den Weg nach Deutschland. Deshalb beschlossen die Brüder, eine weitere Unterkunft zu eröffnen. Sie wussten, dass das Haus in Stangenroth zum Verkauf stand und erwarben es im Frühjahr für diesen Zweck. Im September zogen schließlich die ersten 31 Flüchtlinge in die frisch renovierte Unterkunft am Kapellenweg ein und blieben. "Die, die wieder weg sind, waren hier falsch und wurden woanders untergebracht", so der Heimbetreiber.
Aktuell leben 25 Asylsuchende hier, drei Familien mit jeweils mehreren Kindern, zwei Eltern mit je einem Kind und Abdul, der ein alleinstehender Jugendlicher ist. "Sie alle kommen sehr gut miteinander zurecht", schätzt Arnold ein. Täglich schauen er und sein Bruder vorbei, fragen nach, was gebraucht wird, ob es Probleme gibt. Die lassen sich meistens schnell lösen. "Es sind schließlich alles Syrer, das ist ein großer Vorteil", sagt er. Zudem seien alle bestrebt, sich zu integrieren und Deutsch zu lernen. Einzig die deutschen Lebensmittel sind für die Flüchtlinge gewöhnungsbedürftig. "Aber eines Tages werde ich sie mögen", sagt der 20-jährige Abdul und schmunzelt. Ebenso wie das Wetter.
Den Kindern in der Flüchtlingsunterkunft machen die kühlen Temperaturen jedoch nur wenig aus. Sie spielen jeden Tag im Garten, auf der Straße oder auf dem nahen Bolz- oder Spielplatz. "Manch eines habe ich auch schon bei den Nachbarn gesehen", erzählt Arnold.
Auch Ayas Kinder sind inzwischen dabei, die Gegend um ihr neues Zuhause zu erkunden und Freundschaften zu schließen. Und ab nächster Woche werden Ruha und Mahmut nach Premich in die Schule gehen. Das bedeutet für sie ein weiteres Stück Integration und Normalität.
Spenden Die Flüchtlinge in Stangenroth sind momentan mit allem versorgt, was sie zum Leben brauchen. Lebensmittel kaufen sich die Asylsuchenden und kochen auch selbst. Mobil sind die Syrer ebenfalls, da über den Fahrradclub zahlreiche Zweiräder gespendet wurden. Laut Bernd Arnold werden lediglich Kinderfahrräder für Fünf- bis Zwölfjährige benötigt und Kinderbekleidung. Spenden können täglich abgegeben werden.