Die Kurstadt als Kampfstätte, Lazarett, Friedhof

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Großes Interesse gibt es zur Eröffnung an der Ausstellung zum Krieg von 1866 in der Oberen Saline in Bad Kissingen. Foto: Werner Vogel
Großes Interesse gibt es zur Eröffnung an der Ausstellung zum Krieg von 1866 in der Oberen Saline in Bad Kissingen. Foto: Werner Vogel
Die Ausstellungsmacher, die Historikerin Birgit Schmalz und Kulturreferent Peter Weidisch. Foto: Werner Vogel
Die Ausstellungsmacher, die Historikerin Birgit Schmalz und Kulturreferent Peter Weidisch.  Foto: Werner Vogel
 
Interaktive audiovisuelle Hilfsmittel verdeutlichen das damalige Geschehen rund um Bad Kissingen. Foto: Werner Vogel
Interaktive audiovisuelle Hilfsmittel verdeutlichen das damalige Geschehen rund um Bad Kissingen.  Foto: Werner Vogel
 
Kulturreferent Peter Weidisch beim Einführungsvortrag. Foto: Werner Vogel
Kulturreferent Peter Weidisch beim Einführungsvortrag.  Foto: Werner Vogel
 
Kulturreferent Peter Weidisch beim Einführungsvortrag. Foto: Werner Vogel
Kulturreferent Peter Weidisch beim Einführungsvortrag.  Foto: Werner Vogel
 
Peter Weidisch erklärt Nüdlingens 2. Bürgermeister Egid Thomas und Eberhard Gräf die interaktive Landkarte.
Peter Weidisch erklärt Nüdlingens 2. Bürgermeister Egid Thomas und Eberhard Gräf die interaktive Landkarte.
 

Die Ausstellung "Das Gefecht bei Kissingen und die Folgen" im Museum Obere Saline eröffnet die Veranstaltungen in Bad Kissingen zum Krieg von 1866.

Die Ausstellung "Das Gefecht bei Kissingen und die Folgen" im Museum Obere Saline erinnert an den Kampf zwischen Bayern und Preußen am 10. Juli 1866 in und um Bad Kissingen. Die beeindruckende Schau setzt sich vor allem mit dem Leid der Soldaten und der gewaltigen Herausforderung für die Stadt nach der Schlacht auseinander. Sie ist Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen zum 150.
Jahrestag der Schlacht im Deutschen Krieg, deren Spuren noch heute in Bad Kissingen zu sehen sind.
Die Plätze reichen bei weitem nicht aus im "Kulturquartier Obere Saline", wie Oberbürgermeister Kay Blankenburg das Bismarckmuseum in seiner Begrüßung nennt. Auch Prominenz aus Stadt und Landkreis musste auf den harten Steintreppen sitzen oder gar stehen.
Was sie hören und später sehen, lässt sie die kleine Unbequemlichkeit schnell vergessen: "Wer am 10. Juli 1866 frühmorgens mit einem Glas Rakoczy in der Hand im Kurgarten lustwandelte, dachte wohl kaum daran, dass die Stadt in wenigen Stunden einem Schlachtfeld und am Abend einem riesigen Lazarett gleichen sollte". Oberbürgermeister Kay Blankenburg schont die Besucher der Ausstellungseröffnung nicht: "Mehr als 1200 Verletzte und über 300 Tote sah dieser Tag in Kissingen, Hausen und Nüdlingen". Tage sollte es dauern, bis die Bestattung der Toten erfolgen konnte, noch wochenlang musste operiert, amputiert, behandelt und gepflegt werden.


20 000 einquartierte Preußen

Bis zur Belastungsgrenze versorgten Ärzte, Bürger und Kurgäste die 20 000 einquartierten preußischen Soldaten, beschreibt das Stadtoberhaupt die damalige Situation.
Bei allem Unglück, das Kulturreferent Peter Weidisch rund um den 10. Juli 1866 schildert, stellt er seiner Einführung in die Ausstellung eine leicht zu übersehende Erkenntnis voran: "Die Preußen sahen, um die Stadt als bekannten Badeort zu schonen, von einem Frontalangriff mit Artillerie auf Kissingen ab".
Nachdenkliche Gesichter ergänzen das Unausgesprochene: Das hätte durchaus das Ende der aufstrebenden Kurstadt - damals noch nicht zum Bad erhoben - bedeuten können.
Weidisch beschreibt einen sonnigen heißen Tag, an dem um 8.30 Uhr die ersten Schüsse fallen. Um 13 Uhr ist die Stadt im Besitz der preußischen Angreifer, in Winkels, Nüdlingen und Hausen wird noch bis zum Abend Mann gegen Mann gekämpft.
Die Schilderung macht betroffen, dabei verzichtet Weidisch auf jegliches Pathos. Truppenstärken, Waffengeklirr und Heldenepos, weichen einer subtilen Betrachtung über das Leid der Soldaten und die Herausforderung für die Bevölkerung.
Der Leiter des Kissinger Archivs zeigt Konsequenzen aus dem Geschehen auf: "Es ist der erste Einsatz des Roten Kreuzes auf bayerischem Boden" und "die fehlende Eisenbahnverbindung Schweinfurt-Kissingen hat die Niederlage Bayerns mit verschuldet". Die Strecke sollte schon fünf Jahre später in Betrieb genommen werden.
Während Weidisch konstatiert, dass schon vier Jahre später Preußen und Bayern gemeinsam gegen Frankreich ziehen, hofft OB Blankenburg, dass die Gräber der Soldaten die letzten sein mögen, die an einen Krieg in Kissingen erinnern.
Die Gang durch die Sonderausstellung hinterlässt bei den Besuchern durchweg bleibende Eindrücke, wie auch die Bürgermeister von Nüdlingen, Oerlenbach und Oberthulba bestätigen. Dabei sind der Kunst- und Kulturszene der Stadt qualitätvolle Ausstellungen nicht fremd, im Gegenteil.
Die überregionale Beachtung des Themas hat das Team des Kulturamtes der Stadt um Kulturreferent Peter Weidisch und Historikerin Birgit Schmalz zu einer sehr fundierten Auseinandersetzung mit den Geschehnissen und Folgen des 10. Juli 1866 veranlasst. Herausgekommen ist eine richtig gut gemachte, klar gegliederte und mit modernen Mitteln gestaltete Schau nach museumspädagogischen Erkenntnissen. Den Ausstellungsmachern kann man neben wissenschaftlicher Gründlichkeit, intensiver Recherche, vor allem viel Herzblut und Detailkenntnisse um die Heimat attestieren.
Das Niveau orientiert sich an den großen Landesausstellungen, die das Haus der Bayerischen Geschichte veranstaltet. Die Themen sind intensiv aufgearbeitet, und mit starken Bildern in Szene gesetzt. Interaktive Landkarten, die sich bis zum einzelnen Grab verzweigen und Hörstationen, in denen Schilderungen von Helfern, Gästen und Ärzten -"wegen Leichengeruch mussten wir die Fenster schließen"- dem Besucher Gänsehaut über den Rücken laufen lassen, sorgen dafür, dass der Besuch der Sonderausstellung in der Kapelle des Bismarckmuseums zu einem Erlebnis wird.