Das Duo Faltsch Wagoni präsentiert sich als Beziehungs-Paradoxon mit cooler Lässigkeit.
"Waren Sie zufrieden bisher? Man erwartet ja immer etwas ... anderes!" - die Frage nach der Pause hatte ihre Berechtigung, denn in den angekündigten "Kabarett-Abend" von "Faltsch Wagoni" musste sich das Publikum erst hineinhören, bevor es am Ende begeistert eine zweite Zugabe erklatschte.
Kabarett und Musik sind seit langen vorzügliche Partner auf der Bühne, wobei die Musik mal begleitendes Stilmittel, mal das Ausdrucksmittel an sich ist.
Beim Duo "Faltsch Wagoni" ist die Musik zentrales Element, das perfekt zu einem klugen Nonsens, zu geschickt aufgebauten Wortspielereien passt. "Faltsch Wagoni" sind Silvana Prosperi und Thomas Prosperi. Sie sind seit 30 Jahren auf renommierten Bühnen im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus unterwegs und waren zum ersten Mal beim Bad Kissinger Kabarettherbst.
Und hier präsentieren sie sich als Beziehungs-Paradoxon aus ihrer coolen Lässigkeit und seinem
unterschwelligen Harmoniebedürfnis, aus ihrer brillanten Percussions-Fertigkeit und seinem perfekten Gitarrenspiel. Dabei nutzen sie die Absurditäten der deutschen Sprache mit einer Präzision, die den Sinn und Unsinn der vertrauten Zweisamkeit tiefgründig beleuchten. Die beiden ergänzten dies mit musikalischer Virtuosität.
Zuerst in den Bauch Rhythmus ist dabei das Zauberwort für alles Gesprochene
und Gesungene, das mal im Duett, mal als Solopart präsentiert wird und das zuerst im Bauch der knapp 270 Gäste ankommt, bevor es im Gehirn erfasst und verarbeitet wird.
Mit einem Wortdurcheinander beginnen die beiden ihre Begrüßung im Kurtheater, bevor die Erkenntnis reift: "So geht es nicht." Als einer nach dem anderen, aber wer ist der eine und wer der andere, also wer fängt an, und wer ist der zweite? Nach dem grundsätzlichen Disput einigt man sich schnell
auf die "überholte" Etikette "Ladies first" und kommt schnell zur Ergänzung "Männer Förster" - schon hat man den Programmtitel und die damit definierte Streitkultur rund um die Zweisamkeit. Und damit haben sie ein breites Feld eröffnet, über das auf deutschen Bühnen schon gesagt, geschauspielert oder gelästert worden ist und über das das Publikum nur zu genau Bescheid weiß. Gleichzeitig bewegen sie sich auf vertrauten Wegen, öffnen mit
ihren kultivierten Wortspielereien die Türchen wie bei einem Weihnachtskalender. Und obwohl man weiß, was sich dahinter befindet, sorgen "Faltsch Wagoni" mit ihrer gekonnt abgestimmten Kabarett-Comedy-Musik-Mischung für einen unterhaltsamen Abend.
Perfekte Ergänzung Den satirischen Einblick in den Beziehungsalltag gestalten Silvana und Thomas Prosperi mit vielen Wortschöpfungen, die sie in perfekter
Ergänzung präsentieren. So wird aus einer "Er-Findung" alles, was von Männern erschaffen wurde, worauf sie auf herrlich abwertende Weise ergänzt: "Waffen, Autos ..." Aus einer Schürzen-Phobie - "So was kommt mir nicht an die Hüften" - wird ein Protest-Lied zum "Heimchen am Herd", und ein Evolutions-Rap führt innerhalb von fünf Minuten von der Höhlen- in die Neuzeit.
Terroristische
Vereinigung Man singt von veganer Inkarnation, plaudert mit belangloser Tiefe über Patienten in einer Praxis für unspezifische Leiden und definiert Paare als "terroristische Vereinigung aus netten Menschen". Der kabarettistische Mainstream des Abends wird anhand eines "Themenüberdruss-Liedes" abgehandelt, in dem von A ("Arabischer Frühling") bis Z ("Zinsen") alles enthalten ist und mit den Ratschlag endet: "Man müsste alles auf ein Thema
konzentrieren, dann hätte man mehr Zeit - z. B. Merkel geht am Strand der Ostsee spazieren."
"Gut zu hören" war des Publikums Pflicht bei diesem Abend, denn "Faltsch-Wagoni" entpuppten sich als leidenschaftliche Wortspieler, die im Sinne von Karl Valentin die deutsche Sprache mit ihren Absurditäten perfekt einsetzten bzw. vertont hatten.
Sie jonglierten genussvoll auf dem gefährlichen Grat zwischen Verständnis und Nicht-Verstehen-Wollen, zwischen Klischee und tiefgründiger Erkenntnis, zwischen Fertigmachen und Anmachen.
Sprache und Klang Getragen wurde der Abend durch den Umgang mit der Sprache, die mal melodiöse Klangkunst, mal als kluger Nonsens rüberkam.
Daraus ergaben sich aber auch zwei unterschiedliche Abschnitte, denn der erste Teil des Abends war eher von der Distanz des Duos zum Publikum geprägt, während die zweite Hälfte Publikum und "Faltsch Wagoni" aufeinander zugingen und letztlich eine Einheit wurden.