Bund Naturschutz klärt über Wölfe auf

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Noch haben die Wölfe die Rhön nicht entdeckt. Aber das kann jeden Tag passieren. Foto: Armin Weigel/dpa
Noch haben die Wölfe die Rhön nicht entdeckt. Aber das kann jeden Tag passieren. Foto: Armin Weigel/dpa

Noch ist der Wolf auf seinem Vormarsch durch Europa nicht in die Rhön gekommen. Aber die Schäfer beginnen schon, sich Gedanken um die Sicherheit ihrer Herden zu machen. Beim Bund Naturschutz setzt man auf Aufklärung.

"Der Wolf wird auch in diese Region kommen - es ist nur eine Frage wie schnell", informierte Wildbiologe Peter Christoph Sürth bei seinem Vortrag zur Jahresversammlung des Bundes Naturschutz im Pfarrzentrum Hammelburg. Etliche der 100 Zuhörer äußerten sich in der regen, aber sachlichen Diskussion besorgt.

Fragend vorab stellvertretender BN-Kreisvorsitzende Marc Baumgart: "Kann der Wolf normales Mitglied unserer Naturlandschaft werden?" Um Begegnungen mit Wölfen möglichst konfliktarm zu gestalten, setzt die BN-Kreisgruppe auf Aufklärung.

Gespannt folgten die Zuhörer den Worten von Sürth. Er arbeitete von 1996 bis 2003 für die Wildbiologische Gesellschaft München und für das "Carpathian Large Carnivore Project (CLCP)" in Rumänien.

Wie schnell sich Wölfe ausbreiten, zeigte Sürth anhand der französischen Alpen. Ein Rudel, das erstmals 1993 nachgewiesen wurde, breitete sich mit seinem Nachwuchs seitdem bis zu denden Pyrenäen und den Vogesen aus. Auch in der Lausitz haben mehrere Rudel mit vier bis fünf Tieren Reviere von je 250 Quadratkilometern belegt. Zur Zeit leben rund 250 Wölfe in Ostdeutschland. Für nächstes Jahr plant Sürth potenzielle Wege der Wölfe in Deutschland zu durchwandern und dabei zu informieren.

Das freut BN-Kreisvorsitzenden Franz Zang: "Wir wollen das Thema früh aufgreifen, gerade weil wir mit den besonders betroffenen Interessengruppen ins Gespräch kommen wollen."

Darunter auch die Schäfer. Denn als Beute sind Schafe leichter zu fangen als einzelne Rehe. Erstere bilden eher eine dichte Gruppe als zu fliehen. Dann kann das Wolfsrudel auch mehrere Tiere töten.

Während Joachim Urban vom Netzwerk Große Beutegreifer darauf hinwies, dass die Herden größer werden müssten, um eine bessere Bewachung der Tiere zu gewährleisten, setzt Referent Sürth Hoffnung in hohe Elektrozäune. "Aber Wölfe sind vorsichtig, neugierig, schlau, ökonomisch und sehr anpassungsfähig. Für Menschen besteht keine Gefahr. Wölfe sind scheu. Sie meiden Menschen."

Dass Wölfe auch in dichtbesiedelten Gebieten zurecht kommen, zeigt Sürth anhand von Kronstadt (Rumänien). Die Tiere durchstreifen die 250.000-Einwohner-Metropole, suchen Nahrung auf Müllhalden sowie in Ski- und Wandergebieten. Da bei Kronstadt die höchste Braunbärdichte weltweit mit einem Bär pro Quadratkilometer herrscht, reagieren die Menschen gelassen.

Pro Schafherde wachen meist zwei Hirten mit fünf bis 15 Herdenschutzhunden. "Das ist finanziell bei uns nicht machbar," warf Schäfer Bonifaz Scherpf ein. Sürth räumte ein, nicht alles sei auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Peter Reuter, Vorsitzender des bayerischen Schafhalterverbandes, befürwortete die Schulung der Schäfer, auch im Umgang mit Herdenschutzhunden. Aber: "Die kann sich nicht jeder Schafhalter leisten. Die zur Abwehr von Wölfen abgerichteten Tiere gelten in Deutschland als Kampfhunde. Das kann für Spaziergänger und ihre Hunde gefährlich werden."

In Bayern gibt es einen Wolfsmanagementplan. In einer Steuerungsgruppe "Große Beutegreifer" diskutieren Jägerverband (BJV), Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV). Die Wildland-Stiftung wickelt Entschädigungen über einen gemeinsamen Fonds ab. Leistungen sind noch freiwillig. Und nicht für indirekte Verluste, etwa durch in Panik ausgebrochene Schafherden. Ob ein Wolf zugegriffen hat, muss eine Genanalyse untermauern. Reuter befürchtete, dass sich der Rückgang der Schaferhalter durch weitere Erschwernisse verschärft.

"Wir brauchen die Schafe in der Rhön. Die Landschaftspflege muss auch mit kleinen Herden erhalten werden. Da muss auch der Staat sich darum kümmern," stand der Ehrenvorsitzende des BN Ulf Zeidler den Schäfern bei. Einig war man sich, dass man vor einer gesellschaftlichen Aufgabe stehe, die alle betrifft: Sürths Fazit an diesem Abend lautet wie sein Buchtitel: "Lernen mit dem Wolf zu leben".