Zwischen dem Anstieg der Neuinfektionen und den offiziellen Meldezahlen vergehen etliche Tage. Schneller und effektiver lässt sich die Ausbreitung von Omikron über Abwasseranalysen erkennen. Anderswo wird getestet. Warum nicht im Landkreis?
Die Abwasseruntersuchung dient als Frühwarnsystem. Zum einen scheiden Menschen Coronaviren aus, bevor sie überhaupt merken, dass sie erkrankt sind. Zum anderen dauert es ohne Abwasser-Testung länger, bis positive Fälle im Labor erkannt und dann den Gesundheitsämtern gemeldet werden.
Um eine Virus-Variante anhand des entnommenen Körpersekrets nachzuweisen, brauchen Labore meist 14 Tage. Besonders hilfreich seien Abwasser-Untersuchungen deshalb, um Testlücken und Meldeverzögerungen zu schließen, wie wir sie wegen der Weihnachtsfeiertage erleben, sagt Prof. Dr.-Ing. Oliver Christ von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Experte für kommunale Abwasserbehandlung.
Omikron im Abwasser erkennen
Warum gibt es keine Corona-Abwasseranalyse in Bad Kissingen? München stellte über die Abwasser-Analyse fest, dass die Omikron-Variante bereits ab dem 7. Dezember nachweisbar war. Ein erstaunliches Ergebnis, denn Omikron wurde offiziell erst Ende November erstmals in Botsuana entdeckt. Der Landkreis Berchtesgadener Land testet bereits seit Sommer vergangenen Jahres sein Abwasser auf Corona, ist damit aber weitgehend allein.
Auch die EU-Kommission reagierte schnell: Sie hatte bereits am 17. März 2021 die Mitgliedsstaaten zur Abwasseranalyse aufgefordert. Bis Anfang Oktober sollten Großstädte mit mehr als 150 000 Einwohnern (dieses Kriterium erfüllen 56 Städte in Deutschland) ihr Abwasser mindestens zweimal pro Woche überprüfen. Damit ist Bad Kissingen mit seinen circa 22 500 Einwohnern und etwas über hunderttausend Einwohnern im gesamten Landkreis eindeutig zu klein, um unter diese Regelung zu fallen.
Kosten
Hinzu kommt die Frage: Wer übernimmt die Kosten? Prof. Dr.-Ing. Jörg Drewes von der Technischen Universität München sagte in einem Interview mit dem Spiegel, die EU schätze die Kosten auf 25 000 Euro pro Kläranlage und Jahr. "Eine Kläranlage ist gebührenfinanziert für die Reinigung des Abwassers zuständig. Ein SarsCoV-2-Monitoring ist Sache des Infektionsschutzes", sagt Christ, Experte für kommunale Abwasserbehandlung.
Bisher seien die Projekte etwa in Berchtesgaden, München, Augsburg und Leipzig aus Forschungsmitteln finanziert worden, was bei einer flächendeckenden Einführung sicher nicht so bleiben werde. Der Betrieb der Kläranlagen im Landkreis Bad Kissingen fällt in den Zuständigkeitsbereich der hiesigen Städte und Gemeinden beziehungsweise der Abwasserzweckverbände. Bisher gibt es laut Experten zur Finanzierung noch keine Entscheidungen der Länder oder des Bundes.
Lohnt kaum bei kleineren Anlagen
Und selbst dann wird es dauern, bis dies in Bad Kissingen ankommt. Bei kleineren Kläranlagen sei der Aufwand etwa für Entnahme, Versand und Analyse der Proben sowie die digitale Übermittlung an das RKI genauso hoch wie bei großen Anlagen, sagt Christ. Es biete sich daher an, zunächst große Anlagen einzubeziehen, da damit weitaus mehr Menschen erfasst werden können.