Der städtischen Wirtschaft hat Corona schon jetzt schwer zugesetzt. Wie die genauen Zahlen sind und wie es weitergehen soll, erklärte OB Dirk Vogel vor kurzem in einem Vortrag.
Wie sehr haben die Einschränkungen der vergangenen Monate der Wirtschaft in Bad Kissingen geschadet? Welche Strategie verfolgt der Oberbürgermeister in Zukunft? Diese Fragen beantwortete Dirk Vogel (SPD) bei einem Vortrag vor Vertretern des regionalen Gremiums der Industrie- und Handelskammer (IHK).
Der seit Mai amtierende Oberbürgermeister präsentierte auf der Herbst-Tagung der IHK die Zahlen für den Zeitraum von Januar bis August des vergangenen Jahres und verglich sie mit denen des aktuellen Jahres. Dieses Jahr kamen fast nur noch die Hälfte der Gäste nach Bad Kissingen. Im vergangenen Jahr waren es 175 042 Gästeankünfte, dieses Jahr nur 92 310.
Diejenigen Gäste, die in Bad Kissingen übernachteten, blieben zwar eine gewisse Zeit. Dennoch: Auch die Übernachtungszahlen sanken um rund 40 Prozent. 2019 waren es 1 080 111 Übernachtungen, 2020 dann nur noch 638 073.
Diese Entwicklung wirkt sich auf die Einnahmen der Stadt bei der Kurabgabe aus. Insgesamt sind es 48 Prozent weniger. Im April und Mai gab es keine Einnahmen für die Stadt durch die Kurtaxe.
Die Stadt fördert den Tourismus. Konzerte, Kurgarten, Schwimmbad. Dabei handele es sich um freiwillige Ausgaben, sagte Vogel. "Der Tagestourist, der einen Cappuccino trinkt, reicht nicht. Das ist nicht der Grund, wieso es in Bad Kissingen so schön ist."
Das Problem: Diese Ausgaben seien die ersten, die in einer Krise unter Druck gerieten. Kommunale Kernaufgaben wie Schule und Kindergarten hätten Vorrang. Vogel will deshalb aber "nicht alles zusammenkürzen". Eine ganzheitliche Sichtweise sei wichtig.
Ausgaben überprüfen
Er verdeutlicht das am Beispiel einer Maschine, die Pflanzen aus dem Asphalt reiße. Verzichte man auf diese, zerstörten die Pflanzen über die Zeit den Asphalt. Dann frage man sich später, ob diese Einsparung so viel gebracht habe.
Aber man müsse auch prüfen, ob Leistungen günstiger erbracht werden könnten. "Das sind dann nicht mehr fünf Sterne, aber mit drei Sternen immer noch sehr gut." Ganzheitliche Ausgabenkritik nennt Vogel das. Sie ist ein Standbein seiner Gesamtstrategie für die Zukunft.
Ein zweites Standbein seiner Strategie sei es, Innovationen voranzutreiben. "Ich werde dem Stadtrat Vorschläge unterbreiten, wo wir Flächen entwickeln können." Er habe drei großräumige Flächen im Sinn, die nah an der Innenstadt gelegen seien. Diese Baulandoffensive will er einerseits für Wohn- und anderseits für Gewerbeflächen.
Neuen Wohnraum schaffen
Im Wettbewerb um Fachkräfte sei es wichtig, Menschen Wohnraum zu bieten. Alexander Zugbradl, Vorstand der Kliniken Bad Bocklet AG, berichtete diesbezüglich von Schwierigkeiten seiner Mitarbeiter, in der Region Wohnraum zu finden. Dabei nannte Zugbradl vor allem die Gruppe der über 40-Jährigen, im Beruf erfahrene Fachkräfte wie etwa Psychotherapeuten, die aus Würzburg, Fulda und Schweinfurt weite Strecken pendeln würden.
Die Stadt müsse noch aktiver in den Wettbewerb gehen, sagte Vogel, und erklärte das so: Menschen, die sich ein eigenes Haus oder eine Wohnung wünschten, dies aber preislich in Würzburg nicht realisieren könnten, für die könne Bad Kissingen auch aufgrund seiner Lebensqualität eine Alternative zu Würzburg, Schweinfurt oder Fulda bieten.
Die Entscheidung umzuziehen, hänge aber etwa davon ab, ob es Kita-Plätze gebe. Mit dem derzeitigen Angebot ist Vogel nicht zufrieden. "Das Betreuungsangebot muss stimmen, da sind wir dran." Eine Kita soll voraussichtlich ab Frühjahr 2022 auf dem Gelände der Theresienspitalstiftung entstehen.
Das dritte Standbein sei die Umsetzung von Projekten. Ein Problem: "Viele Projekte können wir finanziell gar nicht schultern." Die Verwaltung in Bad Kissingen müsse deshalb richtig gut darin werden, Fördermittel bewilligt zu bekommen. Vogel setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit dem Freistaat und dem Bund.
Für Bad Kissingen will Vogel weiterhin eine starke Orientierung am Tourismus, aber er setzt auch auf die Förderung anderer Wirtschaftszweige. Stichwort Diversifikation. Soll heißen: Nicht nur auf Tourismus setzten, sondern auch auf andere Zweige, denn das mindert das städtische Risiko, falls es wie in den 90er Jahren oder wie aktuell Rückschläge im Tourismus gibt.
Auch im Rathaus ändert sich etwas: Der Oberbürgermeister hat eine Reform der Stadtverwaltung durchgesetzt, die Abteilungs- und Referatsleiter stärke oder Pflichtaufgaben wie Schulen, Feuerwehr und IT als Referate aufwerte.
Wie reagierte die Stadt?
Vogel erklärte in seinem Vortrag auch, wie die Stadt auf den Beginn der Krise reagiert hätte. Es hätte zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder "alles zumachen" oder die "Leistungen bestmöglich aufrechterhalten". Die Stadt entschied sich für den zweiten Weg.
Ein Ziel sei es gewesen, trotz Krise auf "dem Markt zu bleiben". Vogel nennt etwa das Kissinger Klavier Olymp als Beispiel für eine Kulturveranstaltung, die es trotz Corona gab.
Und er nennt die Kampagnen "sicher einkaufen", "sicher genießen" und "sicher übernachten". Bei diesen verpflichteten sich Handel und Gastronomie Hygieneauflagen einzuhalten, um so dem Sicherheitsbedürfnis der Einheimischen und der Touristen nachzukommen.
Eine Folge ist: Die Stadt muss weitere Ausgaben einplanen. Mit 0,9 Millionen Euro zusätzlichem Verlust für die Staatsbad GmbH rechnet die Stadtverwaltung. Mitte August war öffentlich geworden, dass die Stadt damit ihren im Haushalt angesetzten Verlustzuschuss für die Staatsbad GmbH von 1,06 Millionen Euro für das Jahr auf insgesamt 2,05 Millionen Euro erhöht. Der Freistaat stellt zusätzliches Geld zur Deckung des Defizits bereit.