Letzte Postkutsche Deutschlands fährt in Franken - seit 73 Jahren ohne Unterbrechung

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Bad Kissingen: Letzte Postkutsche Deutschlands fährt in Franken - seit 73 Jahren ohne Unterbrechung
Die letzte Postkutsche Deutschlands fährt jährlich in der Saison von April bis Oktober in Bad Kissingen. Vier Pferde ziehen die Kutsche an vier Tagen in der Woche zu zwei verschiedenen Zielen.
Bad Kissingen: Letzte Postkutsche Deutschlands fährt in Franken - seit 73 Jahren ohne Unterbrechung
Heji Shin/Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH

In Bad Kissingen fährt die letzte Postkutsche Deutschlands. Jedes Jahr zwischen April und Oktober befördern vier Pferde zwar keine Briefe mehr, aber dafür noch Passagiere an zwei Ziele.

  • Bad Kissingen: Deutschlands letzte Postkutsche - vier Pferde befördern Passagiere
  • "Das am besten ausgelastete öffentliche Verkehrsmittel": Post wird nicht mehr transportiert
  • "Hat mit Tierquälerei nichts zu tun": Postillion erklärt Belastungsfähigkeit der Pferde
  • Kutschenlinie seit 1939 in Betrieb - Saison jährlich von April bis Oktober

In Bad Kissingen fährt jährlich in der Saison zwischen Ende April bis Mitte Oktober die letzte Postkutsche Deutschlands. Die Kutsche wird von vier Pferden gezogen und steuert donnerstags, freitags und samstags Schloss Aschach, sonntags Bad Bocklet an. Das Gespann zählt offiziell als öffentliches Verkehrsmittel - "und ist mit einer Auslastung von über 90 Prozent mit Sicherheit das am besten ausgelastete Verkehrsmittel Deutschlands", erklärt Postillion Hans Körner gegenüber inFranken.de.

"Vermenschlichung des Tieres" stellt Problem dar: Bad Kissinger Pferdekutscher wehrt sich gegen "Schlauberger"

Post befördere die Kutsche nicht mehr - "das ist auch schon lange her", sagt Körner. "Heutzutage ist das nur noch Personenbeförderung." Vier Pferde ziehen das Gespann im täglichen Wechsel mit weiteren vier Pferden, bis zu neun Personen haben in der Kutsche Platz. "Circa eine Stunde dauert die Fahrt zum Schloss Aschach oder nach Bad Bocklet." Dort können sich Passagiere, Pferde und die Postillonin - Körners Frau - dann etwas aufhalten, bis es mit der Kutsche zurück nach Bad Kissingen geht. Für die musikalische Untermalung sei außerdem eine Hornbläserin auf der Kutsche, die Heimatlieder bläst: "Hab mein Wage voll gelade", werde dann beispielsweise angestimmt.

Insgesamt könne man für eine solche Fahrt ungefähr dreieinhalb bis vier Stunden einplanen. Auch an besonders heißen Tagen fährt die Kutsche. "Und das ist für die Pferde überhaupt kein Problem", ist sich Körner sicher. Das Pferd sei ein Steppentier. "Die Tiere sind unwahrscheinlich angepasst und halten im Winter extreme Minusgrade und im Sommer extreme Hitze durch ihr Winter- oder Sommerfell mühelos aus. Die Natur hat das schon so geregelt, dass das funktioniert - zumindest, solange der Mensch nicht reinpfuscht und die Tiere beispielsweise schert." Wenn im Vorbeifahren Menschen die "armen Tiere" bemitleiden, sei das vor allem auf eine "Vermenschlichung des Tieres" zurückzuführen.

"Es gibt oft Schlauberger, die ihre meist haltlosen Meinungen von sich geben. Das ist für uns aber uninteressant. Mit Tierquälerei hat das nämlich gar nichts zu tun." Ein Tier bleibe ein Tier und habe seine Bedürfnisse, so seine Überzeugung: nach Futter und Wasser, Bewegung und seiner Herde. An Tagen, an denen die Kutsche nicht fährt, stehe den Tieren eine große Koppel direkt neben dem Stall zur Verfügung - um die Pferde werde sich bestens gekümmert und gesorgt. Größtenteils seien Passagiere, Passagierinnen und das Publikum jedoch sehr angetan von dem stattlichen Gespann

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Schon seit 1939 gebe es die Kutschenlinie, die damals schon vom Reichspostministerium eingesetzt worden sei. "Dort lief sie aber nur wenige Monate, bis der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist." 1950 wurde die Linie dann wieder aufgenommen und laufe seitdem ununterbrochen. Die jetzige Kutsche sei seit 1968 in Betrieb. "Die alte ist im Museum gelandet", erzählt Körner. Mitfahren könne "jeder, der eine Karte hat". Haustiere seien auf der Kutsche jedoch leider nicht erlaubt.

22 Euro kostet die Fahrt mit der Kutsche, die immer um 14 Uhr in Bad Kissingen am Parkplatz Tattersall in der Salinenstraße 5 starte und gegen 17.30 Uhr zurück sei. Fahrkarten seien in der Tourist-Information erhältlich. Auch Sonderfahrten seien möglich und direkt bei Hans Körner unter 01713336769 möglich.

Getragen werde die Postkutsche von mehreren verschiedenen Institutionen - mittlerweile habe sich auch ein eigener Verein, der "Freunde der Postkutsche Bad Kissingen – Bad Bocklet e.V." gegründet. "Rein über den Fahrpreis wäre es nicht möglich, das zu finanzieren."