Da gibt es nicht nur einen Grund, da gibt es viele Gründe. Es geht um die Frage, ob wir Ball oder ob wir Spieler in der globalen Arena sind. Durch die EU hat Europa eine Stimme in der Welt, das war ja auch eine der Gründungsideen. Ein zweiter, sehr wichtiger Grund für mich, heißt Frieden. Ich weiß noch, was zwischen Belfast und Dublin los war, bevor Großbritannien und Irland Mitglieder der EU wurden. In den 1960er Jahren gab es Terroranschläge in Südtirol zwischen Deutschen und Italienern - mitten in Europa! Wir können auch an den Jugoslawien-Konflikt in den 1990er Jahren denken.
Gibt es ein Erlebnis, das Sie persönlich mit Europa verbinden?
Das war die Zeit der Osterweiterung im Mai 2004, als zehn Staaten vorwiegend aus Osteuropa der EU beitraten. Im Prinzip war das die Wiedervereinigung Europas, 15 Jahre nach dem Fall der Mauer. Ich war damals in Brüssel, das war unheimlich bewegend. Was ist Europa? Das ist nicht nur eine Frage der Geografie. Es gibt eine gemeinsame kulturelle Identität, die auch während des Kommunismus nicht verloren gegangen ist.
Für viele Menschen hierzulande bleibt die EU dennoch abstrakt.
Auch in der Rhön wird mit dem Euro bezahlt. Einer Währung, die mit dem Dollar konkurrenzfähig ist. Wir profitieren auch von der Freizügigkeit. Ich habe noch Grenzkontrollen zu Österreich erlebt. Oder auch die Möglichkeit, seinen Arbeitsplatz EU-weit frei zu wählen oder über das Erasmus-Programm im europäischen Ausland zu studieren. Ich wette, dass jeder zweite Arbeitsplatz in der Rhön auch vom Binnenmarkt und den Beziehungen innerhalb der EU abhängt.
Als es um die Urheberrechtsreform der EU ging, protestierten vor allem junge Menschen gegen Artikel 13. Zu einer Beteiligung an der Europawahl lassen sie sich vermutlich schwerer bewegen. Können wir uns das leisten?
Es ist essenziell, von seinem Stimmrecht Gebrauch zu machen. EU-skeptische Nationalisten und Rechtspopulisten werden vermutlich eine hohe Wahlbeteiligung generieren. Das Beispiel Brexit hat ja gezeigt: Wenn junge Leute nicht zur Wahl gehen, gehen sie zwei Jahre später mit Europafahnen demonstrieren.
Das Gespräch führte Ulrike Müller.
Termin Unter dem Motto "Gebet für Europa" organisiert das Seelsorge-Team der Pfarreiengemeinschaft Sankt Georg-Maria Ehrenberg am Samstag, 18. Mai, um 18.30 Uhr ein Gottesdienst in der Wallfahrtskirche auf dem Volkersberg. Danach spricht Staatsminister a.D. Eberhard Sinner bei einem politischen Dämmerschoppen in der Klosterschänke über Geschichte und Zukunft Europas. Los geht's um 19.45 Uhr.
Anmeldung Die Pfarreiengemeinschaft bittet Interessierte, sich bis zum 17. Mai anzumelden. Tel.: 09741/ 2333.