Das Baumkataster ist Grundlage für Erhalt und Pflege des Schlossparks im Staatsbad.
Der Spielplatz und ein Teil der Minigolfanlage im Staatsbad laden auch an besonders heißen Tagen dazu ein, den Nachmittag dort zu verbringen. Der Grund dafür ist ein großer, schattenspendender Baum. Für viele Besucher ist er wohl hauptsächlich zweckmäßig. Doch dass sich dahinter eine seltene und besondere Baumart verbirgt, wissen die wenigsten: Carpinus betulus 'quercifolia', oder besser: Eichenblättrige Hainbuche.
Seltener "Wunderbaum"
"Der Baum ist eine Mutation der gemeinen Hainbuche, und man findet ihn nicht oft", erklärt Robert Hildmann, Leiter der Schlossgärtnerei. "Er wird auch als Wunderbaum bezeichnet, weil er zwei verschiedene Arten von Blättern trägt. Neben den eichenförmigen Blättern bildet er auch normale Blätter aus", ergänzt er.
Mit etwa 20 Metern Höhe und geschätzten 150 Jahren habe der Baum bereits ein hohes Alter erreicht. Doch er sei vital und mit einer Kronensicherung ausgestattet, so dass am nahe gelegenen Spielplatz nichts passieren kann.
Dass dieser Baum, genauso wie alle anderen Bäume und Pflanzen im Staatsbad, untersucht, dokumentiert, abgesichert und gepflegt wird, dafür ist die Schlossgärtnerei zuständig. In einem Baumkataster, das jährlich aktualisiert wird, werden alle Daten festgehalten.
Im Jahr 1992 wurde es erstmals erstellt und bildet bis heute die Grundlage für alle Baumpflegemaßnahmen. Damals wurden Bäume und Pflanzen aller Bereiche des Staatsbades genau bestimmt und fortlaufend nummeriert. Dann wurde ihr Standort mit Nummernangabe exakt in Pläne eingemessen.
Außerdem wurden weitere Daten wie Stammdurchmesser, Höhe, Kronenbreite und -höhe, sowie Alter und Zustand von Stamm und Krone zu jedem Baum ermittelt.
Kranke alte Bäume austauschen
Genauso wie die Kurgebäude unter Ensembleschutz stehen, gehören ebenso die Parkanlage und alle dort befindlichen Bäume und Pflanzen dazu. Kranke alte Bäume werden in der Kernzone des Parks dementsprechend am gleichen Standort ausgetauscht. Das betrifft dort vor allem die Kastanien- und Apfelbäume. Trotzdem hat sich der Baumbestand verändert. An anderen Standorten außerhalb des Kernbereichs werden junge Bäume beispielsweise aus ästhetischen Überlegungen neu gepflanzt. "Dafür braucht man einen geschulten Blick, ob die Proportionen passen oder nicht", erklärt Hildmann erfahren. Hier gelte - wie in der Malerei - der goldene Schnitt.
Das sei das Maß für alle Neupflanzungen. Oder die vor wenigen Jahre neu gepflanzten Säuleneichen links des großen Kursaalgebäudes. Die seien, laut Hildmann, deshalb gepflanzt worden, weil König Ludwig I. ein großer Italienfan war und durch die Säulen der mediterrane Charakter hervorgehoben werde. Heute ist das Baumkataster natürlich digitalisiert. Zwei Mal im Jahr kontrolliert ein Mitarbeiter der Schlossgärtnerei - Dietmar Dunkel - den Baumbestand, insbesondere mit Blick auf die Verkehrssicherheit. Das bestehende Nummernsystem ermögliche es, die Bäume genau zu lokalisieren und Pflegemaßnahmen anzugehen. Die Eichenblättrige Hainbuche an der Minigolfanlage wird beispielsweise gedüngt und bei Bedarf gewässert.
Zudem wurden beim Bau des Spielplatzes alte Äste entfernt und eine Kronensicherung eingebaut.
Schnitt nach barockem Gartenstil
Der Schlosspark selbst ist geprägt von 160 Kastanienbäumen, sieben Sommerlinden und einer Esskastanie, die alle zwei Jahre auf die ganz charakteristische Kastenform geschnitten werden. Der Schnitt der Bäume orientiere sich dabei am barocken Gartenstil, erklärt der Leiter der Kurgärtnerei. Leider gehe der Schnitt auf Kosten der Blüten, die sich nur wenig ausbilden können und sich auf die Lebenserwartung der Bäume auswirke. Auch in diesem Jahr werden drei neue Kastanien nachgepflanzt.
Was der Schlosspark für das Staatsbad bedeutet, erklärt Kurdirektorin Andrea Schallenkammer: "Die Parkanlage, die Pflanzen und die Bäume sind Anreisegrund für unsere Tages- und Nachtgäste, deshalb sind der Erhalt und die Pflege sehr wichtig".
Besondere Attraktion
Das Spannungsfeld zwischen den angrenzenden Laubwäldern mit Kernzone des Biosphärenreservats und dem gepflegten Park mit systematisch angeordneten Bepflanzungen sei immer wieder eine besondere Attraktion mit großem Erholungsfaktor für die Gäste. Außerdem, so verrät der Leiter der Schlossgärtnerei, gebe es eine beachtliche Vogelwelt im Park zu beobachten.
Unter anderem viele Stieglitzpaare - der Vogel des Jahres 2016 - haben sich in den Bäumen angesiedelt.
Ansprechende Namen
Das Repertoire an Bäumen ist beachtlich: Neben der berühmten König Ludwig Eiche und der Eichenblättrigen Hainbuche gibt es unter anderem den Perückenbaum, die Gurkenmagnolie, die Roteiche, der Trompetenbaum, die Blutbuche und den Tulpenbaum. Die Namen alleine sind schon anreisewürdig.
Bäume: 1000
Arten: 60
Bemerkenswerte Bäume: König Ludwig Eiche, Eichenblättrige Hainbuche, Gurkenmagnolie, Tulpenbaum, Blutbuche, Rotblättrige Stieleiche, Mehrstämmige Fichten, Säuleneichen, Weißer Maulbeerbaum, Perückenbaum, Roteiche, Ginkobaum, Sumpfeichenallee.