Um das Tier des Jahres 2017 zu Gesicht zu bekommen, bedarf es Geduld. Denn die Haselmaus gehört zur Familie der Schläfer. Sie schlafen den ganzen Winter.
"Haselmaus! Wach auf!" Sie zwickten die Haselmaus von beiden Seiten. Widerstrebend schlug diese die Augen auf. "Ich habe nicht geschlafen", piepste sie heiser. "Ich habe jedes Wort gehört." "Erzähl' uns eine Geschichte!" befahl der Märzhase. "Ach ja, bitte", rief Alice. "Aber fix!", sagte der Hutmacher. "Sonst schläfst du ein, bevor du fertig bist." (aus Lewis Carroll (1865): Alice im Wunderland).
Nicht umsonst hat Carrolls Haselmaus aus "Alice im Wunderland" die Rolle eines gemütlichen Kopfkissens, das beim Geschichtenerzählen immer wieder einschläft. Die Beschreibung des Autors trifft genau das, was eine Haselmaus ausmacht: Denn sie gehört zur Familie der Bilche oder auch Schlafmäuse genannt.
Lebensraum bedroht
In unserer Region kommt sie noch recht häufig vor, doch ihr Lebensraum ist zunehmend bedroht. Deshalb wurde sie von der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild und der Deutschen Wildtier Stiftung zum Tier des Jahres 2017 gewählt, um auf die Erhaltung ihres Lebensraumes aufmerksam zu machen.
Rund um Schönderling haben Haselmäuse ein Refugium, das sich positiv auf ihre Arterhaltung auswirkt. Denn neben dem geeigneten Lebensraum - das sind Hecken, artenreiche fruchttragende Sträucher und gestufte Waldränder - bieten ihnen bis zu 220 Nistkästen, die Großteils in Eigeninitiative aufgehängt wurden, einen geschützten Lebensraum. "Einige der Nistkästen sind Überbleibsel aus der Zeit vor der Forstreform", sagt der ehemalige Förster Rainer Betz. Doch viele neuere Kästen wurden in den letzten acht Jahren aufgehängt, seitdem Herbert Schuhmann aus Schönderling in Rente ist. Denn der passionierte Handwerker und heimatverbundene Naturliebhaber kommt ursprünglich aus dem Bauwesen und vereint in seinem Hobby beides. Er baut die Kästen aus Holz, optimiert sie gegen die Fressfeinde der nistenden Tiere und bessert sie aus, wenn sie beschädigt sind.
Viele nutzen die Nistkästen
"Bei jedem Kasten ist die Spannung groß, ob was drinnen ist", sagt Schuhmann. Die Haselmaus sei neben seinem Verwandten, dem Siebenschläfer, nur eine Tierart, die gerne die Nistkästen für die Aufzucht des Nachwuchses benutzt. Viele Vogelarten wie der Baumläufer, die Kohl- und die Blaumeise sowie Fledermäuse und Wespen nutzen das Angebot gerne. Betz begrüßt die Kernzonen im Wald, wo auch Totholz für viele Tierarten einen guten Lebensraum bieten. Dazu gehören auch die Haselmäuse. "Den Winter über schlafen mehrere Haselmäuse zusammen in einem selbst gebauten Kugelnest, das sie vor Kälte schützt", sagt Betz. In den Nistkästen würden sie erfrieren. Im Gegensatz zu den typischen Mäusen können Haselmäuse nur wenige Male im Jahr Junge bekommen, weshalb sie sich nicht unendlich vermehren können. "Deshalb können sie nicht zur Plage werden", so Betz.
Auch im Forstrevier von Joachim Urban rund um Bad Brückenau kommt das Tier des Jahres des Öfteren vor. Doch sehen kann man sie nur selten, da sie sehr heimlich sind, bestätigt Urban. "Leider werden heute keine Nistkästen für Vögel im Rahmen der Bayerischen Staatsforsten aufgehängt", sagt der Förster. Doch auch das Totholz trage zum Erhalt des Lebensraumes vieler Tiere bei.
Regelmäßige Stichproben
Im Rahmen der Europäischen Schutzgebiete Natura 2000 wird deutschlandweit regelmäßig ein Monitoring der Haselmaus durchgeführt. "In Bayern gibt es hiervon 16 Stichprobenflächen", sagt Hanna Heither von der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) auf Anfrage dieser Zeitung. Im Landkreis Bad Kissingen wurden für die Erhebung 50 Haselmauskästen aufgehängt und ausgewertet. "Auf der Fläche in Ihrem Landkreis gelangen bis jetzt fast jedes Jahr Nachweise von adulten Haselmäusen und oft auch von juvenilen", bestätigt Heither.
Doch so gut wie in einigen bayerischen Gebieten geht es der Haselmaus in anderen Regionen nicht. Die Deutsche Wildtierstiftung macht mit ihrer Wahl zum Tier des Jahres 2017 auf den rapiden Rückgang der Haselmaus in Deutschland aufmerksam, denn "Mischwälder mit dichtem Unterholz und ausgeprägten Strauchschichten werden durch ertragsorientierte Forstwirtschaft und die damit einhergehende Zerschneidung von Waldstrukturen ... zunehmend zerstört", schreibt die Stiftung auf ihrer Homepage.
Tier des Jahres 2017: Die Haselmaus
Nahrung Die Nuss, von der die Haselmaus ihren Namen hat, ist im Herbst eine wichtige Nahrungsquelle. Haselmäuse kommen aber auch in Lebensräumen vor, in denen es keine Haselnüsse gibt.
Zu ihrer Nahrung gehören daher Insekten, Baumfrüchte, Nektar und Pollen, Samen und Kerne, Triebe, Knospen und Blätter.
Ihre Feinde sind Eulen, Wildkatzen, Mader, Waschbären und Wildschweine.
Der Körper der Haselmaus ist typisch für kleine Nagetiere und ähnelt in Größe und Form einer echten Maus (z.B. Wald- oder Gelbhalsmaus). Er ist angepasst an ein nächtliches Leben als Kletterkünstler. Ob kleinste Zweige oder glatte Baumstämme - Haselmäuse können sie erklimmen. Der gut sechs Zentimeter lange und behaarte Schwanz dient den Tieren beim Klettern dazu, die Balance zu halten.
Quelle: Deutsche Wildtierstiftung