Eilmeldung:
+++ Massive Störungen bei WhatsApp +++

In Bad Brückenau kurze Wege ohne Barrieren?

3 Min
Adolf Strenk blickt aus seiner Wohnung im Haus Waldenfels auf die unübersichtliche Kreuzung, für die es bald eine Lösung geben soll. Foto: Julia Raab
Adolf Strenk blickt aus seiner Wohnung im Haus Waldenfels auf die unübersichtliche Kreuzung, für die es bald eine Lösung geben soll. Foto: Julia Raab
In der Innenstadt gibt es bedingt durch die Hanglage viele Treppenstufen. Da nützt eine behindertengerechte Toilette wenig, wenn man den Hang als Rollstuhlfahrer nicht ohne Hilfe hinaufkommt. Foto: Julia Raab
In der Innenstadt gibt es bedingt durch die Hanglage viele Treppenstufen. Da nützt eine behindertengerechte Toilette wenig, wenn man den Hang als Rollstuhlfahrer nicht ohne Hilfe hinaufkommt. Foto: Julia Raab
 
In der Ludwigstraße besitzen die meisten Geschäfte und Apotheken zwei, drei Treppenstufen. Für gehbehinderte Senioren oft ein Hindernis, über das sie nicht ohne Hilfe hinwegkommen. Foto: Julia Raab
In der Ludwigstraße besitzen die meisten Geschäfte und Apotheken zwei, drei Treppenstufen. Für gehbehinderte Senioren oft ein Hindernis, über das sie nicht ohne Hilfe hinwegkommen. Foto: Julia Raab
 

Mit der Schließung der kleinen tegut-Filiale ist in Brückenau für Senioren eine gute Einkaufsmöglichkeit weggefallen. Wie sieht's in der Innenstadt aus?

Adolf Strenk ist 90 Jahre alt. Um näher an der Stadt zu sein, ist der Schwerbehinderte im Juli in eine behindertengerechte Wohnung im Haus Waldenfels gezogen. Kurze Strecken, beispielsweise zur Georgi-Kurhalle, kann er noch mit seinem Rollator laufen. Ansonsten ist er auf sein Elektromobil angewiesen, das ihn zur Sparkasse und zum Friseur bringt. Der kleine Teegut-Laden gehörte bis vor kurzem auch zu seinen regelmäßigen Fahrten.
Und gerade dieser Laden war Anlaufstelle vieler in der Stadt lebender Senioren. Doch jetzt muss er bis zum Edeka fahren. Das geht gerade noch so, meint der 90-jährige, für den jeder Schritt eine Überwindung bedeutet. In die Innenstadt kann er nicht mehr. Die Pflastersteine und die vielen Geschäfte mit Treppen sind nicht zu schaffen für ihn. "Was soll ich da?", fragt er und winkt ab. Zum Glück, meint er, werden alle Behördengänge und andere wichtigen Gänge von seinem Betreuer erledigt.


Banger Blick in die Zukunft

Auch Brigitte Sauerwein aus Bad Brückenau ist seit diesem Sommer mit einem Rollator unterwegs, weil sie weite Strecken nicht mehr ohne Unterstützung schafft. Sie wohnt in der Altstadt und geht gerne und oft in die Ludwigstraße. "Ich bin froh, dass ich in die Stadt laufen kann, um Besorgungen zu machen", erklärt sie. Sie könne noch ohne Probleme ihren Rollator vor den Geschäften abstellen und die zwei, drei Stufen gehen. Doch, wie das in ein paar Jahren aussehen soll, frage sie sich schon. Denn mit Rollstuhl habe man erheblich mehr Probleme in der Stadt. "Die Pflastersteine, die Steigung und die Treppen sind nicht behindertengerecht", meint die 63-jährige. Doch grundsätzlich, sagt sie, seien die Strukturen eben vorgegeben. Es komme nur darauf an, was man daraus macht. Genau der Meinung ist auch Sieglinde Leiding vom Seniorenbeirat der Stadt: "Im Großen und Ganzen dürfen wir Senioren in der Stadt zufrieden sein", meint sie. "Natürlich gibt es Schwachpunkte, die hauptsächlich durch die leichte Hanglage bedingt sind", ergänzt sie und spricht den Weg zur behindertengerechten Toilette am Marktplatz an.


Pflastersteine, Aufsteller, Tische

Stadtrat und Seniorenbeauftragter der Stadt, Emanuel Fritschka, weiß um die Gefahrenstellen am Marktplatz: "Ohne Begleitung kommt man im Rollstuhl den kleinen Hang zur Toilette nicht hinauf. Das ist ein großer Schwachpunkt und muss geändert werden". Doch wie, sei noch nicht klar, ergänzt er. Auch die Ludwigstraße bürge einige Risiken für gehbehinderte Menschen. "Die Pflastersteine, die Aufsteller und Tische der Läden stellen für viele ein Problem dar", erklärt der Stadtrat. Da müsse langfristig eine Lösung her, die nicht billig wird, meint er vorausschauend. Passiert sei in dieser Hinsicht allerdings noch nichts.

Auf Nachfrage dieser Zeitung sehen die Geschäftsleute aus Bad Brückenau die Situation geteilt. "Bisher hat es immer gut funktioniert, wenn ein gehbehinderter Mensch zu uns kommen wollte", meint Ursula Schmitz vom Café Ludwig. "Wir helfen immer, und wenn ein Rollstuhlfahrer reinkommen möchte, dann wird der eben reingetragen", sagt sie aus der Erfahrung. Der Umbau mit einer Rampe sei keine Option, zumal Kosten und Nutzen nicht zusammenpassen würden", ergänzt sie. Das bestätigt auch Gerda Dorsch. Bei ihr gab es nie Probleme mit gehbehinderten Menschen, bestätigt sie. Anders sieht es Georg Roth von der Pafümerie Roth, der mit seinem ebenerdigen Geschäftseingang in der Ludwigstraße fast eine Alleinstellung hat. "Das war auch mit ein Grund, dass wir in dieses Geschäft gezogen sind", gibt er an. "Wir bekommen viele positive Rückmeldungen von Senioren und auch Müttern mit Kinderwägen, die jetzt eher zu uns reinkommen als vorher", meint Filialleiterin Nicole Raab. Auch die Fußpflege, die von vielen älteren Kunden in Anspruch genommen wird, finde dafür extra ebenerdig statt. "Um die Stadt wieder attraktiver für Senioren zu machen, müsste man die Ludwigstraße zur Durchfahrt öffnen", geht die Fillialleiterin noch einen Schritt weiter.

Der dritte bekannte und - laut Fritschka - dringendste Schwachpunkt liegt am neuen Haus Waldenfels: "Die Überquerung der Straße an der Kreuzung bei der Bushaltestelle ist durch die hohe Bordsteinkante und den unübersichtlichen Verkehr für gehbehinderte Menschen sehr gefährlich". Dort müsse dringend eine Lösung her. "Ich kann mir hier sogar eine Ampel vorstellen", überlegt Fritschka und verweist auf eine in Kürze stattfindende Verkehrsschau an dieser Stelle. Möglich sei eine Anpassung dieser Gefahrenstelle im Zusammenhang mit dem Umbau des Parkplatzes. Bekannt sind dem Stadtrat demnach alle angesprochenen Schwachstellen. Nun kommt es darauf an, eine seniorengerechte Lösung in nicht allzu ferner Zukunft anzugehen.
Am Mittwoch, 23. November, findet in der Georgi-Halle um 14.30 Uhr eine Seniorenbeiratssitzung statt. Neben Vorträgen wird eine offene Diskussionsrunde übers Thema seniorengerechte Stadt angeboten.