Der Stadtwald hat einen neuen Betriebsplan. Aus einem Nadel- soll in 20 Jahren ein Mischwald werden. Es steht viel Arbeit an: Viele Bäume sind sehr jung, Stürme und Borkenkäfer haben in den letzten zwölf Jahren ihre Spuren hinterlassen.
Wer plant, wie ein Wald in Zukunft aussehen soll, der plant in Jahrzehnten. "Gemeindewälder sind verpflichtet, alle 20 Jahre einen Forstwirtschaftsplan aufzustellen", sagt Wilhelm Schmalen von der Bayerischen Forstverwaltung. Für den Bad Brückenauer Stadtwald war es erst jetzt wieder so weit. Der letzte Forstwirtschaftsplan stammte aus dem Jahr 1992, im November 2013 entschied der Stadtrat darüber, wie der Wald beforstet werden soll, seit Januar 2014 gilt der neue 20-Jahres-Plan.
Am Montag folgte dann das offizielle Ende: Wilhelm Schmalen überreichte Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) das dreiteilige Gutachten, bestehend aus dem sogenannten Oparat, dem Revierbuch und der Karte.
Darin ist der Wald bis ins letzte Detail erfasst und beschrieben: Wo stehen welche Bäume, wie alt sind sie, wie ist ihr Zustand? Außerdem sind die Maßnahmen beschrieben, nach denen der Wald in Zukunft beforstet wird, also beispielsweise wie viel Holz jährlich geschlagen wird, welche Bäume gefällt werden und welche wachsen dürfen.
"Wir haben noch einen großen Baumbestand Fichten", sagt Schmalen. Bisher machen sie allein rund 40 Prozent des Stadtwaldes aus, 1992 war sogar noch jeder zweite Baum eine Fichte. Das soll sich ändern. Das Verhältnis von Laub- zu Nadelbäumen soll sich umkehren. "Wir sind der Meinung, dass es durch den Klimawandel immer risikoreicher für Fichten wird", erklärt der Förster. Die Bäume haben ein flaches Wurzelwerk. Steigen die Temperaturen wie erwartet durch den Klimawandel weiter an, sind Fichten gegenüber Trockenheit und heftigeren Stürmen besonders anfällig.
Der Bad Brückenauer Stadtwald wird also vorsorglich zu einem Mischwald umstrukturiert, in dem noch 25 Prozent Fichten wachsen. Schmalen: "Das ist sicherlich das Beste."
"Bad Brückenau hat früher Buchonia geheißen. Die Buche soll jetzt wieder in den Vordergrund treten", sagt Bürgermeisterin Meyerdierks. Eigentlich ist die Buche im Stadtwald beheimatet. Der Stadtwald wurde jedoch aus ökonomischen Gründen zu einem Fichtenwald umstrukturiert, weil das Fichtenholz auf dem Holzmarkt wertvoller ist. Aus Klimaschutzüberlegungen folgte die Umkehr.
Aus ökologischer und touristischer Sicht bietet ein Mischwald Vorteile. "Je mehr Baumarten es gibt, desto mehr Tiere fühlen sich auf derselben Fläche heimisch", erklärt Schmalen. Beispielsweise Spechte bevorzugen Laubbäume für ihre Nisthöhlen, und auch Fledermäuse finden dort leichter eine Bleibe.
"Ein Mischwald im Herbst besitzt einen ganz besonderen Charme", nennt Meyerdierks einen weiteren Vorteil. Der Stadtwald sei für die Kurstadt ein wichtiger touristischer Faktor. Viele Gäste nutzen ihn für Spaziergänge. Als Mischwald werde er noch attraktiver.
Emma sorgte für hohen Schaden Die Abkehr vom Fichtenwald bedeutet ökonomisch gesehen zunächst einmal Abstriche. "Wir versuchen da einen Ausgleich zu finden. Wir müssen den wirtschaftlichen Aspekt mit einbeziehen", sagt Kämmerer Leo Romeis. Der Holzpreis war zuletzt immer stabil, die Stadt hat mit dem Verkauf jährlich rund 125 000 Euro umgesetzt und damit einen Überschuss zwischen 10.000 und 20.000 Euro erwirtschaftet. Damit das weiterhin so bleibt, werden neben der Buche in Zukunft auch Edelhölzer gefördert. Eschen, Bergahorn und Eichen sollen häufiger im Stadtwald angetroffen werden.
Der Forstbetriebsplan kostet Bad Brückenau 4400 Euro. Eine lohnende Investition, findet Schmalen: "Jeder Betrieb sonst macht Inventur. Ich brauche grundlegende Daten, um die Entwicklung zu planen." Im Stadtwald steht in den nächsten Jahren viel Arbeit an, prognostiziert der Förster. Es gebe einen überdurchschnittlich hohen Anteil junger Waldabschnitte. Die sind sehr pflege- und arbeitsintensiv. Dass der Bestand so jung ist, liegt vor allem an den Jahren 2003, 2004 sowie 2008. Extreme Trockenheit, starker Borkenkäferbefall und der Sturm Emma haben enorme Schäden verursacht. Die wurden kompensiert, dadurch dass weniger Holz geschlagen und junge Bäume nachgepflanzt wurden. "Die Holzvorräte sind im Vergleich zu 1992 nahezu gleich geblieben", sagt Schmalen.