Bad Brückenau: Besuch der Kartenschreiberin

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Auf ihren Reisen hat Gerke Minrath immer ein paar Karten ihres Vereins dabei. Von unterwegs aus schreibt sie Polizisten, die im Einsatz verletzt worden sind - so auch Matthias Dros, Oberkommissar bei der Bad Brückenauer Polizeiinspektion. Foto: Ulrike Müller
Auf ihren Reisen hat Gerke Minrath immer ein paar Karten ihres Vereins dabei. Von unterwegs aus schreibt sie Polizisten, die im Einsatz verletzt worden sind - so auch Matthias Dros, Oberkommissar bei der Bad Brückenauer Polizeiinspektion. Foto: Ulrike Müller
Gerke Minrath (rechts) gründete den Verein "Keine Gewalt gegen Polizisten". Dienststellenleiter Herbert Markert lud sie in die Polizeiinspektion Bad Brückenau ein. Foto: Ulrike Müller
Gerke Minrath (rechts) gründete den Verein "Keine Gewalt gegen Polizisten". Dienststellenleiter Herbert Markert lud sie in die Polizeiinspektion Bad Brückenau ein. Foto: Ulrike Müller
 

Es ist schon etwas her, da wurde Oberkommissar Matthias Dros im Einsatz verletzt. Gerke Minrath schickte damals eine Karte - aus Solidarität.

Irgendwie passiert so etwas immer an Weihnachten, Matthias Dros denkt nicht gern daran zurück. 2014 rastete ein psychisch kranker Mann aus. "Der Mann hatte Kraft ohne Ende", erinnert sich Dros. Ein Hase flog durch die Luft. Der Mann trug Werkzeug am Körper, Dros rechnete damit, dass das als Nächstes fliegen würde. Er brachte den Mann zu Boden, ließ sich Todesdrohungen an den Kopf werfen. Im Bezirkskrankenhaus in Werneck brauchte es neun Pfleger, um ihn am Bett zu fixieren, erzählt Dros.


Gewalt nicht nur bei Groß-Demos

Der Einsatz hinterließ Spuren. Eine Verletzung an der Hüfte musste Matthias Dros im Krankenhaus behandeln lassen. Damals flatterte eine Karte in den Briefkasten der Dienststelle. Gerke Minrath aus Remagen in Rheinland-Pfalz, Gründerin des Vereins "Keine Gewalt gegen Polizisten", hatte sie geschickt. "Erst habe ich gedacht, das ist ein Scherz", berichtet Matthias Dros. "Dass sich jemand dafür interessiert..." Er lässt den Satz offen. Dann sagt er: "Es kommt ganz wenig von dem an die Öffentlichkeit, was im Streifendienst passiert."

Dass die zunehmende Gewalt nicht nur auf Fußballspiele oder Groß-Demonstrationen beschränkt ist, zeigt ein Blick auf die Kriminalstatistik. "Gewalt gegen Polizisten nimmt einen immer größeren Raum ein, auch bei uns", sagt Herbert Markert, Leiter der Polizeiinspektion Bad Brückenau. Schon jetzt, Ende August, sei das Niveau von 2015 fast erreicht. 19 Fälle waren es im vergangenen Jahr, 14 im Jahr 2014. Heuer wurden bereits 16 Fälle registriert.

Auch wenn es in zehn Fällen um verbale Gewalt, also Beleidigung und Drohungen geht, ist für den Polizei-Chef die Sache ernst. Oft sind Drogen oder Alkohol im Spiel, wenn Menschen auf Polizisten losgehen, weiß Markert zu berichten. Das Aggressionspotenzial der Täter sei schwer einschätzbar. Die Karte von Minrath ... "ich fand's klasse", sagt Markert. Deshalb lud er die Vereinsgründerin in die Inspektion ein.


Krawalle gaben den Anstoß

Bürger für Polizisten, das ist Minraths Schlagwort. Aber: Der Verein wolle gar nicht in erster Linie Polizisten ansprechen. Dieses Prinzip sei sogar in der Satzung des Vereins verankert. Mindestens 51 Prozent der Mitglieder haben keinen polizeilichen Hintergrund. Das Budget - Minrath spricht von ungefähr 6000 Euro im Jahr - werde zum Großteil für Briefmarken verwendet. Der Vordruck sei immer derselbe, ein paar persönliche Zeilen schreibt die Vereinsgründerin handschriftlich dazu. "Das muss schon sein."

Sie selbst wurde durch die Ereignisse in Berlin auf das Thema aufmerksam. Auf einer Fortbildung um den 1. Mai 2009 herum lief sie den Weg an der ehemaligen Grenze zur DDR ab. Im Radio hörte sie später von mehreren hundert verletzten Polizisten nach den Demonstrationen. Sie lief denselben Weg wieder, sah, dass zahlreiche Pflastersteine fehlten.


Heftige Reaktionen im Netz

Gerke Minrath ist Berufsschullehrerin. Von ihren Schülern kennt sie Vorurteile gegen Polizisten. Die Reaktionen auf ihre Gruppe in sozialen Netzwerken überraschte sie. Von beiden Seiten, so erzählt sie, seien zum Teil heftige Statements abgegeben worden. Sie schrieb an Abgeordnete, fühlte sich von ihnen jedoch nicht ernst genommen. Schließlich gründete sie einen Verein, um Solidarität zu zeigen.

Ein weiterer Schwerpunkt gilt der Öffentlichkeitsarbeit. Info-Veranstaltungen oder auch Lesungen von "Polizei-Poeten" (ebenfalls ein Verein) rücken die oft gefährliche Arbeit der Polizisten in den Vordergrund. Und immer wieder zählt der Mensch hinter der Uniform, das ist Minrath ganz wichtig. Im Oktober plant der Verein, einen Danke-Polizei-Tag auf die Beine zu stellen. Die Idee: Alle Bürger, die das möchten, können "ihrer" Polizei vor Ort einmal Danke sagen.


Verein Gerke Minrath hat die Aktion "Keine Gewalt gegen Polizisten" ins Leben gerufen. Seit September 2011 ist das Netzwerk ein eingetragener Verein. Die Mitglieder sind überwiegend nicht selbst Polizisten, dies ist in der Satzung so festgelegt.

Ziele Der Verein verfolgt vorrangig zwei Ziele: Den Menschen hinter der Uniform zeigen, vor allem vor dem Hintergrund, dass Polizisten bei ihrer Arbeit immer häufiger angegriffen werden. Zum anderen hat es sich der Verein zur Aufgabe gemacht, Polizisten, die im Einsatz zu Schaden gekommen sind, beizustehen und Solidarität zu zeigen. Das reicht vom Verschicken von Grußkarten bis hin zur Vermittlung von Unterstützung.

Danke-Polizei-Tag Aus dem angelsächsischen Raum ist die Tradition bekannt, an einem Tag im September den örtlichen Polizeibeamten Danke zu sagen. Unter dem Slogan "Say thank you to a police officer day" oder "Tell a police officer thank you day" - was übersetzt so viel wie "Sag einem Polizeibeamten Danke-Tag" heißt - bringen die Bürger Postkarten oder Blumen in der Polizeiinspektion vorbei. Der Verein "Keine Gewalt gegen Polizisten" will diese Idee auch in Deutschland etablieren.

Kontakt Der Verein präsentiert sich im Internet auf einerWebsite und auf Facebook.