Angriff in einem Damwildgehege bei Detter - War es der Luchs?

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Dieses Bild dokumentiert die Anwesendheit eines Luchses am Mittwochabend im Wildgehege. Es wurde aufgenommen am Wildgatter der Familie Karg in Detter um 20.46 Uhr. Foto: Familie Karg
Dieses Bild dokumentiert die Anwesendheit eines Luchses am Mittwochabend im Wildgehege. Es wurde aufgenommen am Wildgatter der Familie Karg in Detter um 20.46 Uhr. Foto: Familie Karg
Dieses Reh war nicht das einzige, das in der Nach zum Mittwoch einem Angreifer zum Opfer fiel. Foto: Sautter
Dieses Reh war nicht das einzige, das in der Nach zum Mittwoch einem Angreifer zum Opfer fiel. Foto: Sautter
 
Von einer aufgestellten Fotofalle im Detterer Flur festgehalten: Ein Luchs treibt sich am 24. März etwa 1200 m vom Ort entfernt rum. Eine weitere Aufnahme bestätigt, dass es ein Weibchen ist. Foto: Familie Karg
Von einer aufgestellten Fotofalle im Detterer Flur festgehalten: Ein Luchs treibt sich am 24. März etwa 1200 m vom Ort entfernt rum. Eine weitere Aufnahme bestätigt, dass es ein Weibchen ist. Foto: Familie Karg
 
Von einer aufgestellten Fotofalle im Detterer Flur festgehalten: Ein Luchs treibt sich am 24. März etwa 1200 m vom Ort entfernt rum. Eine weitere Aufnahme bestätigt, dass es ein Weibchen ist. Foto: Familie Karg
Von einer aufgestellten Fotofalle im Detterer Flur festgehalten: Ein Luchs treibt sich am 24. März etwa 1200 m vom Ort entfernt rum. Eine weitere Aufnahme bestätigt, dass es ein Weibchen ist. Foto: Familie Karg
 
Gerissene Tiere im Dammwildgehege von Familie Karg. Foto: Sautter
Gerissene Tiere im Dammwildgehege von Familie Karg. Foto: Sautter
 
Drosselbiss bei einem Tier im Dammwildgehege von Familie Karg. Foto: Sautter
Drosselbiss bei einem Tier im Dammwildgehege von Familie Karg. Foto: Sautter
 
Neun tote Tiere über das gesamte Gelände verteilt: im Dammwildgehege von Familie Karg zeigt sich am Morgen ein Bild des Grauens. Foto: Julia Raab
Neun tote Tiere über das gesamte Gelände verteilt: im Dammwildgehege von Familie Karg zeigt sich am Morgen ein Bild des Grauens. Foto: Julia Raab
 
Von einer aufgestellten Fotofalle im Detterer Flur festgehalten: Ein Luchs treibt sich am 24. März etwa 1200m vom Ort entfernt rum. Eine weitere Aufnahme bestätigt, dass es ein Weibchen ist. Foto: Familie Karg
Von einer aufgestellten Fotofalle im Detterer Flur festgehalten: Ein Luchs treibt sich am 24. März etwa 1200m vom Ort entfernt rum. Eine weitere Aufnahme bestätigt, dass es ein Weibchen ist. Foto: Familie Karg
 

In der Nacht auf Mittwoch wurden in einem Wildtiergehege in Detter neun Damwildtiere durch ein wildes Tier getötet. Ein Gutachter sicherte Spuren.

Im Wildtiergehege von Familie Karg aus Detter sieht es aus wie nach einem Massaker: Auf dem Gelände verteilt liegen insgesamt neun tote Damwildtiere. Manchen ist der Todesgrund anzusehen - Würgemale am Hals - manche sind äußerlich unversehrt. Die Kargs wurden am Mittwochmorgen auf der Arbeit angerufen. Ein Spaziergänger hat die toten Tiere im Wildtiergehege gesehen und die Besitzer informiert. Unter den toten Tieren waren auch vier tragende Kühe. Dem Ehepaar Karg ist der Schock anzusehen.


Heikles Thema

Kopfschütteln auch vom Gutachter Joachim Urban vom Netzwerk Große Beutegreifer (NGB). Das Netzwerk wird eingeschaltet, wenn große Beutegreifer - also Wolf, Bär oder Luchs - vermutet werden. "Das ist das erste Mal, dass ich so ein Blutbad sehe", meint Urban bestürzt. Er und seine Kollegin sichern Spuren. Speichelproben und Haare werden entnommen und Abdrücke auf dem Boden und am Zaun gesucht. Ein Aufschneiden der Kadaver könnte weitere Rückschlüsse auf den Täter geben.

Doch dies wird erst in den nächsten Tagen passieren. Die gesicherten Spuren geben nur ein schemenhaftes Bild. Bisher konnte man keine hunde- oder katzenartigen Spuren finden. "Das Sezieren der (Nutz-; Anm. d. Red) Tiere darf allerdings nur durch Amtsveterinäre der Tierkörperbeseitigungsanstalt durchgeführt werden", erklärt der Gutachter. "Ob es der Luchs war? Das kann letztendlich nur die Analyse der Spuren ergeben", sagt er vorsichtig, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Denn das Thema ist heikel und die Gemüter sind erhitzt.
Einen Tag später kommt ein erster Hinweis: In der Nacht auf Donnerstag war definitiv ein Luchs am Gehege. Eine aufgestellte Kamera dokumentiert ein Weibchen, das wahrscheinlich an den Tatort zurückkehrte. Dass er zufällig dort vorbeikam, ist wohl eher unwahrscheinlich. Das Obduktionsergebnis vom LfU steht noch aus. Mit Ergebnissen für eine abschließende Bewertung des Ereignisses ist in etwa zwei Wochen zu rechnen, so die LfU gestern nachmittag.


Vorfälle in Schönderling

Erst im November letzten Jahres kam es zu mehreren Vorfällen in einem Wildtiergehege bei Schönderling (diese Zeitung berichtete). Die Analyse der Spuren damals ergab, was die Besitzer aus Schönderling schon wussten: Es war ein Luchs. Die weiteren Ergebnisse ließen auch Rückschlüsse auf die Herkunft zu: Die DNA des Luchses in Schönderling ähnelt derjenigen der Harzer Population, so dass nicht auszuschließen ist, dass er ein Nachkomme der Luchse aus dem Harz ist. Dies würde auch zu der Tatsache passen, dass er sich sehr untypisch verhält. Im letzten Winter wurde er sehr häufig tagsüber von vielen Menschen an verschiedenen Orten im Landkreis gesehen. Unabhängige Beobachter bestätigen seine Furchtlosigkeit gegenüber den Menschen, meint auch der zuständige Förster der bayerischen Staatsforsten Hans-Peter Meixner. Er selbst habe ihn mehrere Male am hellichten Tag in Menschennähe beobachten können. Das Auftauchen des Luchses wird momentan in einem Bewegungsprofil festgehalten und dokumentiert. Die festgehaltenen Sichtungen reichen vom Salzforst, Kreuzberg, Feuerberg, Totnansberg, Dreistelz und Neuwirtshäuser Forst. "Dies entspräche in etwa der Größe eines männlichen Reviers", meint Urban. Private Aufnahmen der Kamerafalle eines Jägers aus Detter halten ein Weibchen fest. Die Vermutung liegt daher nahe - auch wegen Mehrfachsichtungen an unterschiedlichen Orten zur gleichen Zeit, dass es sich um mehrere Tiere handeln könnte. Doch der letztendliche Beweis fehlt.


Besserer Schutz benötigt

Die Betroffenen, das Ehepaar Karg, sowie die umliegenden Nutztierhalter müssen sich damit anfreunden, dass ihre Tiere einen besseren Schutz brauchen. Und das bedeutet zunächst ein Umdenken und einen teilweise nicht unerheblichen finanziellen Aufwand. Ganz abgesehen vom Verlust der neun Tiere sowie deren Ungeborenen. Die Geschädigten bekommen - bei Nachweis eines großen Beutegreifers - finanzielle und fachliche Unterstützung durch den Gutachter Manfred Wölfl und dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU). Im Fall von Schönderling ist die Zusammenarbeit zwischen den Geschädigten und dem LfU sehr gut verlaufen. Urban, der Gutachter vom NGB meint: "Die Erfahrung zeigt, dass es etwa zwei bis drei Jahre braucht, bis sich die Menschen und die wildlebenden Tiere an eine neue Tierart gewöhnt haben". Dass es Fragen aufwirft, Unruhe stiftet und polarisiert, ist verständlicherweise kaum zu vermeiden.


Unterschiedlich wahrgenommen

Der Luchs ist aber weit mehr: Er ist einerseits Sympathieträger und wird gezielt zu Marketingzwecken verwendet. Andererseits fühlen sich Nutztierhalter in der bisherigen Haltung ihrer Tiere mittlerweile stark eingeschränkt und sind verärgert. In verschiedenen Bevölkerungsgruppen wird der Luchs ganz unterschiedlich wahrgenommen.