Altpapier für das Kindlein

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Auf dem Kreuzberg zeigt sich ein Kind, das nicht auf Heu und auf Stroh gebetet wurde, sondern auf Zeitungspapier, inmitten der Schlagzeilen der Zeit. Foto: Marion Eckert
Auf dem Kreuzberg zeigt sich ein Kind, das nicht auf Heu und auf Stroh gebetet wurde, sondern auf Zeitungspapier, inmitten der Schlagzeilen der Zeit.  Foto: Marion Eckert

In der Krippe auf dem Kreuzberg liegt Jesus nicht auf Heu und Stroh, sondern auf sehr aktuellen Zeitungsausschnitten.

"Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh...." Nichts da Heu und Stroh, in der Klosterkirche am Kreuzberg liegt das Kindlein stattdessen auf alten Zeitungspapier. Was ins Auge fällt ist der Satz "Ich bin vorsichtig geworden". Bitte was? Gott, der an Weihnachten als Kind der Krippe geboren wird, ist vorsichtig geworden?
Oder wer wird hier vorsichtig? Überhaupt was soll das? Zeitungspapier in der Krippe? Sind Heu und Stroh vergessen worden? Warum diese ungewohnte und unfertige Krippe?

Pater Stanislaus, der Guardian des Klosters Kreuzberg schmunzelt. Diese "kleine Provokation" hat er sich in diesem Jahr erlaubt. "Das Kind wird in unsere Welt, in unsere Schlagzeilen hinein geboren. Es liegt mitten in unserem Leben. Die Schlagzeilen, auf denen das Kind liegt, sind beunruhigend und schockierend. Sie zeigen die Wirklichkeit um uns herum."

Ursprünglich sei das mit der Krippe vor dem Altar so nicht geplant gewesen. Pater Stanislaus hatte eine neue Krippe in Auftrag gegeben, schön und perfekt sollte sie sein, doch krankheitsbedingt konnte sie nicht rechtzeitig zum Fest fertig gestellt werden. "Auf die Schnelle mussten wir improvisieren. So liegt für das Kind nun statt Stroh und Heu Zeitungspapier in der Krippe. Wie bei den Obdachlosen unserer Zeit, die es als Schutz vor der Kälte nutzen."


Ganz eigene Botschaften

Diese Krippe hat nun ihre eigenen Botschaften: "Rassismus ist hier nicht willkommen." Diese Schlagzeile springt dem Betrachter aus der Krippe direkt ins Auge. In der Krippe ist Rassismus nicht willkommen.
"Ich bin vorsichtig geworden", heißt eine Schlagzeile. Es geht um den Bericht einer Frau, deren Todesanzeige, offenbar von Neonazis geschaltet, im Internet stand. In der Krippe finden Menschen, die solchen Umtrieben ausgesetzt sind Schutz der Kälter der Zeit.

"Tote Babys....", "Schwieriges Geschäft...", "Aussetzer eines Aussteiger". Die Schlagzeilen um das Jesuskind herum lassen nichts Gutes ahnen. Doch der Kopf des Kindes liegt auf einem Bild, das Papst Franziskus zeigt, wie er zum Jahr der Barmherzigkeit eine Heilige Pforte aufstößt.


Vordergründige Freude

Pater Stanislaus zur diesjährigen Krippe in der Klosterkirche: "Ich freue mich, dass es so geworden ist." In seiner Predigt am Heiligen Abend freute er sich mit den vielen Menschen, die diese besondere Stunde nutzten und zum Kreuzberg gekommen waren. "Ist es nicht toll, wieder Weihnachten zu haben? Drei Tage hintereinander ist Sonntagsordnung." Geschenke unter dem Baum, gutes Essen, die Familie ist beisammen, die schöne Krippe aufgebaut. Friede und Freude sollen sich nun ausbreiten.

Pater Stanislaus mahnte und warnte davor, Tatsachen zu vertuschen, auszublenden, oder so zu beschönigen, "dass wir keine Chance haben, uns in die damalige Situation einzufühlen." Es sei wichtig, die Härte des Lebens zu sehen, in die sich Gott begeben habe. "Nicht alle unsere Träume können Wirklichkeit werden. Und genau deswegen kommt Gott in unsere Welt, um uns zu helfen, mit den Schicksalsschlägen und Enttäuschungen zurechtzukommen. Er will nicht nur bei einem Festmahl teilnehmen, sondern er möchte an unserem ganzen Leben Teil haben."
Weihnachten könne man erst begreifen, wenn man sich dieser Wirklichkeit bewusst werde. Die Hilfe von Gott könne man erst annehmen, wenn man begriffen habe, "dass er nicht gekommen ist, um gefeiert zu werden. Er möchte uns begleiten, und zwar auf allen unseren Wegen, wo auch immer wir gehen. Er möchte uns tragen, wenn wir nicht mehr weiter können." Diese Botschaft vermittelt die Zeitungspapier-Krippe auf ganz besondere Weise.