Kein Sängernachwuchs, immer weniger Stimmen und wenig Beteiligung bei den Proben des Gesangvereins 1948 Wildflecken sorgten für eine letzte Abstimmung.
Der Einladung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung des "Gesangverein 1948 Wildflecken", des kleinsten Wildfleckener Vereins, waren alle aktiven und einige passive Mitglieder gefolgt. Auch Bürgermeister Gerd Kleinhenz konnte willkommen geheißen werden. Im Sängerheim, seit 2004 das "Zuhause" der Sängerschar, wurde es recht eng. Neben den notwendigen Regularien stand nur ein Punkt auf der Tagesordnung: die Auflösung des Gesangvereines.
Vorsitzende Regina Rinke konnte feststellen, dass form- und fristgerecht - mit unterschriftlichem Nachweis - eingeladen worden war. Den Kassenbericht gab Hermann Türk ab. In der Kasse seien nach den Ausgaben für Haftpflichtversicherung und Stromkosten (für das Sängerheim), der Feier zum 70. Geburtstag des Vereines, den Abgaben an den Fränkischen Sängerbund und kleine Geburtstagsgeschenke noch 174,23 Euro. Den Kassenprüfbericht erteilte Erich Latus, der die Kasse mit Lothar Wuttke geprüft hatte. Er stellte dem Schatzmeister ein großes Lob aus. Einstimmig wurde schließlich der gesamte Vorstand entlastet.
Blick in die Geschichte
In ihrem Bericht warf Regina Rinke einen Blick auf die Entwicklung des Chores in den zurückliegenden circa 50 Jahren. Im Jahr 1970 hatte sie den damals etwa 40 Mitglieder zählenden Gesangverein übernommen. Bis vor etwa einem Jahr waren die wöchentlichen Proben trotz Reduzierung, besonders in den Männerstimmen, immer hervorragend besucht. Mit Sicherheit war diese Begeisterung an den "Proben für ein Ziel" der Grund für grandiose Leistungen und Erfolge bei sehr, sehr vielen Auftritten. Nicht nur in seinem Heimatdorf hat der Chor gewirkt, sondern bis weit ins Land hinein habe er den Namen seiner Heimat positiv belegt. Eine wirklich innige Beziehung sei zum Kloster Kreuzberg entstanden.
Großartige Darbietungen
Laut Satzung hatte der Chor sich die Pflege und Erhaltung deutschen Liedgutes als Ziel gewählt. Dazu gehörten für den profanen Sängerkreis aber auch Werke großer Meister aus dem kirchlichen Liedgut, die sehr hohe Anforderungen an Sänger und Sängerinnen stellten. Rinke erinnerte an das "Halleluja" aus dem Messias von G. F. Händel. Seit etwa zehn Jahren habe dann der Verlust einiger Aktiver durch Krankheit, Alter und Tod begonnen. Alle Versuche um neue, junge Stimmen hatten keinen Erfolg. Junge Mädchen oder gar Jungen zeigten keinerlei Interesse. Mit Sicherheit habe sie selbst einen Teil Schuld an diesem Rückgang beziehungsweise der Interessenlosigkeit. Die Jugend von heute möchte modernes, vor allem amerikanisches, rhythmisches Liedgut singen und vortragen. Dazu waren die altgedienten Chormitglieder nicht, oder jedenfalls weniger gern, gewillt. Viele der derzeitigen Aktiven halten dem Sängerkreis seit Jahrzehnten schon die Treue, einige über 60 Jahre lang.
Letzter Auftritt
Beim letzten Auftritt am 28. Oktober diesen Jahres bangten die Sänger bis wenige Tage vorher, ob der Chor bei dem Mariensingen zusammen mit anderen Gruppen singfähig sein werde. Fehlende Männerstimmen borgte sich die Dirigentin schließlich bei den "Sängern der Schwarzen Berge" in Oberbach aus. So konnte es aber nicht weiter gehen. Eine Chorprobe mit nur zehn von 19 aktiven Sängerinnen bringe nichts. Sie macht auch keinen Spaß, weil der Wohlklang nicht zustande kommt. Schließlich kam es in einer der Chorproben im Oktober zu der Frage: Wie geht es weiter? Geht es überhaupt weiter? Lösen wir den Gesangverein 1948 Wildflecken auf?
Nach langer Diskussion kam es zur Abstimmung, die einstimmig die Auflösung forderte. Der Vorstand traf sich, um diesen Akt nach 70 Jahren Geschichte in die Wege zu leiten. Dieser schwere Schritt sei nicht nur der Vorstandschaft, sondern allen Mitgliedern, nicht leicht gefallen. Auf dem Kreuzberg habe der Chor noch einmal hervorragend gesungen, aber nur durch einen Trick der Ausleihe von vier Sängern. Den ersterbenden Schluss-Ton beim letzten Lied werde wohl keiner der Sänger vergessen. Keiner im Chor habe den Ton langsam verklingen lassen. Der Ton erstarb.
Alles ging schnell
Bürgermeister Gerd Kleinhenz leitete dann die Abstimmung und zeigte sich in seinem Vorwort dazu traurig über die Auflösung und damit den Wegfall eines Kulturträgers der Gemeinde. Von den 23 Anwesenden stimmten schließlich 21 per Akklamation für die Auflösung, zwei waren dagegen. Zu Liquidatoren wurden die 1. Vorsitzende und ihr Stellvertreter, Achim Mathes, bestellt.