Als Einzelhändler überleben

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Agnes und Christian Tuschinski sind hier dabei, eine Bestellung zu verpacken. Diese wurde in ihren neuen Online-Shop merlinesplus.de aufgegeben, der seit Mitte Oktober im www. geöffnet ist. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Agnes und Christian Tuschinski sind hier dabei, eine Bestellung zu verpacken. Diese wurde in ihren neuen Online-Shop merlinesplus.de aufgegeben, der seit Mitte Oktober im www. geöffnet ist.  Foto: Kathrin Kupka-Hahn

Vor vier Jahren hat Agnes Tuschinski mit dem Verkauf von Spiel- und Schreibwaren begonnen. Inzwischen ist ihr Mann Christian ins Geschäft eingestiegen, und das Angebot wurde um Sportartikel erweitert. Nun betreibt das Paar auch einen Online-Shop.

Ja, ist denn schon wieder Weihnachten? Nein, noch nicht. Dennoch sind Agnes und Christian Tuschinski fleißig am Päckchenpacken. Vor zwei Wochen haben die beiden Burkardrother Geschäftsleute ihren Online-Shop merlinesplus.de eröffnet und seither gut zu tun, die eingegangenen Bestellungen abzuarbeiten.

Doch wozu brauchen die beiden einen Online-Shop? "Wir wollen unseren Kunden außerhalb von Burkardroth das Einkaufen erleichtern", erklärt Christian
Tuschinski. Außerdem will das Unternehmerpaar mit der Zeit gehen. Schließlich ist der Verkauf im Internet inzwischen nicht mehr wegzudenken. Bis 2020 rechnet das Institut für Handelsforschung in Köln mit einem Anstieg auf über 18 Prozent Marktanteil. Somit wird künftig jeder fünfte Euro im Internet verdient.


Ein Jahr Entwicklungsarbeit

Gut ein Jahr haben Christian Tuschinski und sein Freund Peter Walker daran gearbeitet, den Shop zu entwickeln. "Wir haben praktisch jede freie Minute dafür verwendet", sagt der 44-Jährige. Zwar hätten er und seine Frau auch einen fertigen Online-Shop erwerben können. "Doch dafür hätten wir mehrere 1000 Euro hinlegen müssen. Außerdem wollten wir etwas Individuelles haben."Das ist ihm und seinem Freund auch gelungen.

Die beiden Fußballbegeisterten haben nämlich nicht nur Artikel für Artikel in dem Shop hinterlegt, sondern darin auch Anekdoten rund ums runde Leder versteckt. So findet man beispielsweise bei der Produktinformation zu dem speziellen Fußballschuh eine beeindruckende Geschichte zum Viertelfinalspiel um den Europapokal der Landesmeister, das am 24. März 1965 stattfand. Damals traf der 1. FC Köln auf den FC Liverpool. Ein Spieler verletzte sich in dem Spiel schwer, hielt jedoch bis zum Ende durch.


Wissenswertes drumherum

Auch echte Einkaufshilfen haben Tuschinski und sein Kumpel eingebaut. So erfährt man beispielsweise unter der Rubrik Fußballschuhe, welche Sorte für welchen Platz geeignet ist. Bei den Stollenschuhen ist nachzulesen: "Bolzplatz. 15 Uhr. Schlechtwetter. Der Schuh sitzt. Dreistreifenhalt mit Stolle."

Aber nicht nur das besondere Erlebnis beim Einkaufen war Agnes und Christian Tuschinski wichtig. "Mit einem vorgefertigten Online-Shop hätten wir unsere Unabhängigkeit verloren", sagt die 39-Jährige. Und die ist dem Paar sehr wichtig. Schließlich wollen die beiden selbst bestimmen, was sie in ihrem Laden anbieten. Das war von Anfang an so.


Allmähliche Erweiterung

Begonnen hat Agnes Tuschinski 2011 mit ihrem kleinen Geschäft "Merlines" in Lauter, das sie nebenberuflich betrieb. Dort verkaufte die Erzieherin ausgewählte, pädagogisch wertvolle Schreibgeräte und -waren sowie Spielsachen und ergonomische Schulranzen. 2012 folgte mit dem Laden am Burkardrother Marktplatz der Schritt in die Selbstständigkeit. "Aber nur von Schreibwaren kannst du nicht leben", sagt sie. Deshalb stieg ihr Mann mit ein, und das Angebot wurde um Sportartikel erweitert. 2013 zog das Paar mit seinem Geschäft in die Forstmeisterstraße nach Zahlbach, wo es sich auch heute noch befindet.

Das Produktpalette in dem Laden ist mittlerweile sehr vielfältig. Nicht nur sämtliche Schulsachen gibt es hier, die vielen Familien zu Schuljahresbeginn einen stressfreien Einkauf bescheren, sondern auch zahlreiche Sportartikel. Inzwischen kaufen etliche Sportvereine des Marktes Burkardroth und der näheren Umgegend bei den Tuschinskis. Nicht zuletzt, weil die Trikots, Jacken und weitere Artikel direkt vor Ort beschriftet und beflockt werden können. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmerpaar dafür eine entsprechende Maschine angeschafft. "Wir können so flexibel und unabhängig reagieren", sagt Christian Tuschinski, der ein gelernter Installateur und Orthopädiemechaniker ist.

Aber das ist in der heutigen Zeit als Einzelhändler gar nicht so einfach. "Um eine ausreichende Produktpalette an hochwertigen Sportartikeln anbieten zu können, musst du dich ,Intersport' oder ,Sport 2000' anschließen", erzählt die Geschäftsfrau. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um die größten Anbieter im Sportfachhandel Deutschlands mit eigenen Marketing- und Verkaufskonzepten. Damit hätten die Tuschinskis alles umstellen und ihren Laden komplett ändern müssen. Das wollten sie aber nicht, deshalb musste eine Alternative her. Die fand sich mit der Familie Bargfrede, die schon seit vielen Jahren ein großes Sportfachgeschäft in Zeven in Niedersachsen betreibt. Bis heute haben die Tuschinskis die Kooperation nicht bereut. "Wir konnten uns damit eine gewisse Freiheit bewahren", sagt sie.


Die Freiheit bewahren

Und die nutzt das Paar dazu, Verkaufskonzept und Angebot ständig zu überarbeiten. Dank der Beflockungsmaschine können inzwischen auch andere Artikel, darunter Schulranzen und Regenschirme für Kinder, personalisiert werden: "Wir haben dafür eigene Motive entworfen und die kommen sehr gut an." Als nächstes plant das Paar eine eigene T-Shirt-Kollektion für Kinder. Und eine E-Bike-Ladestation vor dem Laden. Den Stromanschluss gibt es bereits.