Allgemeinmediziner sowie Vertreter betroffener Gremien suchten in Burkardroth nach Lösungen, um dem Hausärztemangel zu begegnen. Hoher Bürokratie-Aufwand und finanzielle Hürden waren zwei der Kritikpunkte.
Aktiv hatte die Marktgemeinde Burkardroth nach einem Hausarzt gesucht - und war erfolgreich. Die Herangehensweise war für Landtagsabgeordneten Günther Felbinger (Freie Wähler) Anlass, eine Diskussionsrunde zu starten.
1300 Hausarzt-Praxen hätten in Bayern 2011 ohne Nachfolger dicht gemacht, sagte Felbinger. Arbeitszeiten, wirtschaftliche Risiken und eine "aufreibende Bürokratie" seien die Hemmnisse, die an den geringen Ausbildungszahlen bei den
Allgemeinmedizinern Schuld seien.
Den fachlichen Einstieg überließ Felbinger Dr. med. Karl Vetter, dem gesundheitspolitischen Sprecher der FW-Landtagsfraktion. Der erklärte, dass die "bedarfsgerechte medizinische Versorgung" - wie es der neue Landesentwicklungsplan (LEP) beschreibe - die flächendeckende Versorgung mit Hausärzten nicht mehr sichere.
Das LEP stärke Ballungszentren und schwäche den ländlichen Raum, sagte Gotthard Schlereth (CSU/FWG), Bürgermeister von Oberthulba. Er trat vehement für die Daseinsvorsorge im medizinischen Bereich ein.
Mit dem Motto "Ärzte weg - Menschen weg" umschrieb Vetter das Problem der nächsten Jahre, wenn der Hausarzt-Mangel im ländlichen Raum durchschlage. Dieser Mangel sei angesichts des Durchschnittsalters der Hausärzte mit 52 Jahren absehbar.
Die Probleme liegen unter anderem in der fehlenden finanziellen Planbarkeit, den fehlenden Lehrstühlen für Allgemeinmedizin in Bayern und den Differenzen zwischen Selbstverwaltungsgremien. Weitere Probleme seien der Notarzt- und der Bereitschaftsdienst. Beides stimme mit den Vorstellungen von geregelter Freizeit und Familienplanung nicht überein.
"Zehn Kontakte, nur eine Zusage" An der Podiumsdiskussion beteiligten
sich neben Vetter auch Dr. med. Christian Pfeiffer (kassenärztliche Vereinigung Bayern/ KVB), Dr. Ewald Schlereth (Vertreter der Hausärzte des Landkreises), Waldemar Bug (Bürgermeister Burkardroth/ödp), Michael Seubert und Frank Dünisch (beide AOK Bayern). "Zehn Kontakte, aber nur eine Zusage" - das war die Bilanz der Hausarzt-Suche im Markt Burkardroth. Für Waldemar Bug ist der Bürokratie-Aufwand einer der Gründe.
Unterstützung erhielt er von allen Teilnehmern, wobei Dr. Wolfgang Dachrodt (Hausarzt in Burkardroth) mit Dokumentations- und Regressionspflichten den zusätzlichen Aufwand und die zunehmende finanzielle Haftung genauer beschrieb.
Zu wenig Einblick Die Ausbildung der Mediziner habe mehrere Problemstellen. Dr. Pfeiffer bezifferte den Anteil an Medizinstudentinnen auf 70 Prozent.
Damit gehe die Veränderung der Schwerpunkte einher: "Der Beruf muss mit den Familienstrukturen in Verbindung gebracht werden." Diese "Feminisierung der Ärzteschaft" war auch für Dr. Vetter ein Knackpunkt, neben dem schlechten Image des Hausarztes. Dr. Schlereth unterstützte die Ansicht, sieht aber das Problem in der Ausbildung: "Die Studenten sind frühzeitig auf den Facharzt ausgerichtet und erhalten keinen Einblick in die Tätigkeiten des Hausarztes." Seiner
Meinung nach ist der Hausarzt ein "Familienarzt". Dies müsse an den Universitäten gelehrt werden.
Die zeitlichen Belastungen begrenzen, das war ein Ansatz für mehr Hausärzte. Für Michael Seubert könnten Gemeinschaftspraxen die Lösung sein. Dadurch könnten sich Ärzte ergänzen sowie Notarzt- und Bereitschaftsdienst besser koordinieren. Kommunen sollten die Voraussetzungen schaffen.
Waldemar Bug sagte: "Die Kommunen tun, was sie können", seien aber in der Summe aller Forderungen auch überlastet. Hier wären dezentrale Kleinstrukturen wichtig, nur würden politische Vorgaben ein solches Konzept nicht zulassen. Zwar gebe es ein Umdenken, denn bislang war die Bedarfsplanung landkreisabhängig. So sei der statistische, einwohnerabhängige Bedarf für den Landkreis Bad Kissingen bei 71 Hausärzten, so Michael Seubert.
Nun sollen "Mittelzentren" gebildet werden, die zu Bedarfsrechnungen zum Beispiel für Hammelburg, Bad Kissingen und Bad Brückenau führen sollen. Zudem müsse das Zulassungsverfahren "politische Vorgaben aus Berlin und München ausbaden", erklärte Dr. Pfeiffer. Ein Ausschuss prüfe, ob eine Praxis noch gebraucht oder aufgelöst werde, wenn ein Hausarzt "in Rente" geht.
Auch das Geld war ein Thema.
So sei der Hausbesuch finanziell nicht mehr attraktiv (Dr. Schlereth), das Honorar müsse ein gesichertes Einkommen garantieren (Dr. Pfeiffer), und die finanziellen Risiken aus "Regressionspflichten bei statistischen Auffälligkeiten" seien nicht überschaubar (Dr. Dachrodt). Im Schlussplädoyer bekräftigt Dr. Vetter, dass der Hausarzt die "Königsdisziplin" sei. Hierfür müsse man bessere Rahmenbedingungen schaffen.
Für Waldemar Bug ist die "Metropolisierung" schlecht für den ländlichen Raum, wobei die kommunalen Rahmenbedingungen stimmen würden. Für Frank Dünisch liegt eine Lösung in der Aufweichung des Numerus Clausus, denn "ein 1,0er Schnitt ist noch kein Garant für einen guten Arzt". Auch Dr. Schlereth werde - ebenso wie Dr.
Pfeiffer - weiterhin um junge Kollegen werben, die sich als "Hausarzt auf dem Lande" niederlassen; auch wenn seine bisherigen Anzeigen keinen Erfolg hatten und seine Erkenntnis laute: "Der Markt ist leer."