36-jähriger Familienvater missbrauchte Nichte

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Symbolbild: Archiv
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"Mein Mandant hat schwere Schuld auf sich geladen, aber er ist kein Monster." Die Aussage des Verteidigers in seinem Plädoyer zeigt die Brisanz und hohe Emotionalität, mit der gestern vor dem Schöffengericht Bad Kissingen verhandelt wurde.

Angeklagt war ein 36-jähriger Mann, weil er seine elf Jahre alte Nichte über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren sexuell misshandelt hatte. Zudem war er im Besitz von kinderpornographischem Material, das er heruntergeladen hatte. Der Mann räumte die Taten vollständig ein.

Seine Nichte übernachtete in den Ferien regelmäßig bei der Familie des Angeklagten. "Ich habe mich körperlich stark von ihr angezogen gefühlt", gab er vor Gericht an. Im angetrunkenen Zustand habe er ihrem Reiz schließlich nicht mehr widerstehen können. Er schlich sich wiederholt zu dem schlafenden Kind ins Zimmer, entblößte sie, berührte es unsittlich und nahm alles auf Film auf. Mindestens einmal wachte das Mädchen davon auf und bekam mit, dass sie nackt fotografiert wurde.

Weiteres Familiendrama

Irgendwann traute sich der Angeklagte, auch seine Nichte zu belästigen, während sie wach war. Mindestens zwei Mal griff er ihr unter ihr Hemd und begrapschte sie."Er kann keine vom Kopf her nachvollziehbare Erklärung geben", erklärte der Verteidiger. Die Hemmschwelle sei allerdings nach der ersten Tat gesunken, so dass er sich immer wieder - die Anklage umfasst sieben Punkte - an dem Mädchen vergangen habe.

Dass der Täter sich lange Zeit immer wieder an dem Mädchen vergreifen konnte, lag an einem tragischen Umstand: Schon recht früh fühlte sich das Mädchen bei ihren Besuchen nicht mehr wohl, wollte sich vor ihnen drücken.

Sie vertraute sich zwar ihrer Stiefmutter an, allerdings nahm diese die angedeuteten Vorwürfe nicht ernst. Denn ihr Bruder war zuvor von einem Unbekannten sexuell misshandelt worden. "Wir dachten deshalb, sie wollte sich in den Vordergrund spielen", sagte die Stiefmutter. Ihren Schwager hätte sie nie verdächtigt. "Ich habe ihn geschätzt und als gutherzigen Menschen kennen gelernt. Das hätte ich ihm nie zugetraut", berichtete sie unter Tränen.

Umfassende Polizeiaktion

Der Angeklagte flog aus einem anderen Grund auf. Er hatte sich kinderpornographische Bilder und Videos von einer Internetseite heruntergeladen. Interpol Luxemburg und das Bundeskriminalamt sicherten sämtlich IP-Adressen, die auf die Seite zugegriffen hatten; in Deutschland waren es 1250 Pädophile.

Eine der IP-Adressen führte nach Münnerstadt: Die Kriminalpolizei Schweinfurt beschlagnahmte den PC des Angeklagten und fand so auch die Videos und Bilder von dessen Nichte. "Wenn es diesen Fall nicht gegeben hätte, dann wäre der Fall nicht aufgeklärt worden. Man hätte dem Mädchen nie geglaubt", sagte der zuständige Staatsanwalt.

Vertrauen zerstört

Er bezeichnete die Taten des Mannes als "äußerst extremen Vertrauensbruch" gegenüber dem Mädchen, dessen Familie und nicht zuletzt gegenüber seiner eigenen Frau und den gemeinsamen Kindern. "Schlimmer geht`s nimmer", urteilte der Staatsanwalt. Er forderte eine Haftstrafe von drei Jahren und elf Monaten und bewegte sich damit knapp unter der möglichen Höchststrafe an einem Schöffengericht.

Der Vorsitzende Richter Matthias Göbhardt schloss sich der Position der Staatsanwaltschaft an und verurteilte den 36-Jährigen, der mittlerweile mit seiner Familie in Brandenburg wohnt, zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis.