Das 9-Euro-Ticket kommt, trotz Störfeuer aus einigen Bundesländern. Der Ansturm am ersten Tag des Verkaufs zeigt, die Deutschen wollen mehr ÖPNV. Die Politik wäre gut beraten, den Schwung mitzunehmen und echte Änderungen anzustoßen.
Seit dem 23. Mai kann man es erwerben: Das Ticket, mit dem man ab Juni für monatlich 9 Euro den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) in Deutschland nutzen kann, bis einschließlich August. Die Nachfrage nach dem 9-Euro-Ticket war bereits am ersten Tag groß.
Uns als Gesellschaft und vor allem der Politik sollte das ein deutliches Signal sein: Die Deutschen wollen öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Wenn die Regierung es mit Klimapolitik und moderner Mobilität wirklich ernst meinen würde, wäre der nächste Schritt, das Ticket zu verlängern oder in ähnlicher Form weiterzuentwickeln. Die Botschaft ist klar.
Sind die Deutschen gar nicht so Auto-fixiert?
„Für 9 Euro nach Sylt“ – dieser Ausspruch ist in den sozialen Medien derzeit ein Running Gag, wenn es ums 9-Euro-Ticket im Rahmen der Energiepreispauschale geht. Auf die beliebte, aber teure Ferieninsel günstig zu fahren, ist dabei letztlich ein Bild für Zugänglichkeit. Für die Möglichkeit, an etwas teilhaben zu können, was bisher weniger Menschen vorbehalten war.
Bedeutet der Run auf das günstige ÖPNV-Ticket, dass wir Deutschen einfach nur eine Schnäppchenjäger-Gesellschaft sind, in der alle nach allem greifen, Hauptsache günstig? Zumindest in diesem Fall definitiv nicht. Vielmehr zeigt sich hier eine große Nachfrage, die so gar nicht zum Klischee der Autofahrer-Nation passen will.
Sollten viele Menschen hierzulande tatsächlich bei der Entscheidung zwischen Auto und Zug schlicht die günstigere Variante wählen, die allzu oft nun einmal zugunsten des Individualverkehrs ausfällt? Ist es gar keine Leidenschaft, sondern Berechnung? Die Beziehung mit des „Deutschen liebstem Kind“ nur eine Zweck-Ehe?
Das 9-Euro-Ticket: Wirklich so ein teurer Spaß?
Fast scheint es so: Denn kaum ist es möglich, für wenig Geld und ohne komplizierte Tarifberechnungen (in welcher Zone befinde ich mich überhaupt?) und ohne nervige Zeiteinschränkungen (nur nach 9 Uhr gültig z. B.) von A nach B zu kommen, sind die Menschen interessiert am ÖPNV.
Das sollte ein deutlicher Weckruf an Politik und Deutsche Bahn sowie die Verkehrsverbände sein! In dem Moment, in dem wir nicht durch überzogene Preise und Verbunds-Kleinstaaterei gequält werden, wollen wir auf einmal Zug, Bus und Straßenbahn fahren! Was, viel zu teuer, höre ich jene sagen, die gerne vorrechnen, dass das 9-Euro-Ticket den deutschen Staat und damit die Steuerzahler*innen Milliarden kostet.
Der Run auf das 9 Euro Ticket spiegelt die typisch deutsche Verhaltensweise wider. Raffgeierhaft drücken sie sich zu tausenden in die Züge. Ekelhaft diese Sockensandalenträger