Strenges Rauchverbot auch im Freien: Wie reagiert Deutschland auf EU-Empfehlung?

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Eine Mehrheit der EU-Staaten macht sich für einen strengeren Umgang mit Tabak stark. In Deutschland ist man eher zurückhaltend - auch weil die Bundesländer dabei wohl das letzte Wort hätten.

Eine Mehrheit der EU-Gesundheitsministerinnen und -minister will einen deutlich strengeren Nichtraucherschutz im Freien. Sie sprechen sich für einen "wirksamen Schutz" vor Passivrauch etwa auf Spielplätzen und in der Außengastronomie aus.

Gerade letzteres sorgt für Diskussionen: Wird die Zigarette, nachdem sie größtenteils aus allen Innenräumen verbannt wurde, nun auch im Außenbereich von Kneipen und Restaurants verboten? Das kommt darauf an. Denn Deutschland - das sich bei der Abstimmung am 3. Dezember 2024 enthielt - muss sich nicht an diese Empfehlung halten.

Über Rauchverbote entscheidet jeder Staat selbst

Neben Spielplätzen und der Außengastronomie sind unter anderem Freizeitparks, Schwimmbäder, Strände und Zoos, Haltestellen, Hochschulen und Open-Air-Veranstaltungen im Fokus für strengere Vorgaben. Die ungarische Ratspräsidentschaft betonte: "Die Empfehlung des Rates enthält kein obligatorisches Verbot." Österreichs Gesundheitsminister Johannes Rauch sagte: "Europa verbietet gar nichts. Das muss einmal festgehalten werden."

Die Mitgliedstaaten sind selbst für ihre Gesundheitspolitik zuständig. Deutschlands Vertreter bei dem Ministertreffen, Staatssekretär Thomas Steffen, betonte, dass in der Bundesrepublik zudem viele Zuständigkeiten für das Thema bei den Bundesländern lägen. Diese hätten kritisiert, es brauche eine differenziertere Betrachtung beim Umgang mit Rauchen in der Außengastronomie.

Laut BR begrüßte beispielsweise Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach zwar grundsätzlich das Ziel der EU, Menschen vor den Risiken des Passivrauchens besser zu schützen. Bayern habe allerdings schon einen starken Nichtraucherschutz, der beispielsweise Kinderspielplätze explizit einschließe.

Stimmen aus Bayern: Unverhältnismäßige Regelungen?

Ähnlich sehen es auch Stimmen aus der Gastronomie, die wieder Einbußen in ihrem Geschäft befürchten. So hält auch Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerische Hotel- und Gaststättenverbands, wenig von weiteren Einschränkungen für Raucher: "Rauchen im Außenbereich zu regulieren, davon halten wir nichts. Es ist aus unserer Sicht unverhältnismäßig", betonte er laut BR.  Der Nichtraucherschutz sei auch so bereits gewährleistet, weitere Einschränkungen würden die Betriebe massiv schädigen.

Hier gibt es aber durchaus unterschiedliche Perspektiven: Denn andere Interessensvertreter sehen den Nichtraucherschutz in Deutschland auf keinem hohen Niveau. 

So hat Deutschland laut der Initiative "smoke free partnership" eine verhältnismäßig schwache Gesetzgebung gegen Tabakkonsum. Es liegt den Angaben von Ende 2022 zufolge im Vergleich mit 37 meist europäischen Ländern auf dem viertletzten Platz hinter Serbien, der Schweiz und Bosnien-Herzegowina. Auf den ersten drei Plätzen liegen Irland, das Vereinigte Königreich und Frankreich.

Keine Ausnahmen für Tabakerhitzer und E-Zigaretten

Vehemente Kritik an der EU-Empfehlung kommt von der CDU im Europaparlament. "Während die europäische Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächelt und in unserer Nachbarschaft ein blutiger Krieg tobt, sollten wir uns nicht mit unsinniger Verbotspolitik beschäftigen müssen", teilte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary (CDU), nach der Entscheidung mit.

Neben klassischem Tabakrauch richten sich die Empfehlungen auch gegen Tabakerhitzer und elektronische Zigaretten. Auch vor deren Dämpfen sollen Nichtraucherinnen, Nichtraucher und Kinder besser geschützt werden. 

Mit ihrer Entscheidung folgen die EU-Staaten der EU-Kommission, die im September vorgeschlagen hatte, die derzeitigen Empfehlungen zu rauchfreien Zonen zu überarbeiten. Ziel ist, Menschen vor Passivrauch zu schützen und die Zahl der Krebstoten zu senken. Dabei geht es nicht nur um Zigaretten, sondern auch um den Dampf von E-Zigaretten und Tabakerhitzern.

Milliardenkosten allein in Deutschland

Nach Angaben der EU-Kommission fordert Tabakkonsum in der Europäischen Union jedes Jahr 700.000 Menschenleben - Zehntausende davon wegen Passivrauchens. "Es ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in der EU", sagte der für Gesundheit zuständige EU-Kommissar Oliver Varhelyi.

"Die zahlreichen durch das Rauchen verursachten Krankheits- und Todesfälle verursachen dem Gesundheitswesen und der Volkswirtschaft jährlich 97,24 Milliarden Euro Kosten", schreibt das deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) im Tabak-Atlas 2020. Eine Packung Zigaretten müsste 22,80 Euro kosten, um die direkten und indirekten Kosten des Rauchens zu kompensieren. Aktuellere Zahlen liegen laut DKFZ nicht vor. Nach Angaben aus dem Bundesfinanzministerium nahm der Staat 2023 14,67 Milliarden Euro aus der Tabaksteuer ein. 

In einer 2015 erschienen Untersuchung kamen Wirtschaftswissenschaftler unter anderem zu dem Schluss, dass, weil Raucherinnen und Raucher im Schnitt früher sterben, sie somit etwa das Rentensystem und die Steuerzahler entlasten. rowa/mit dpa

Vorschaubild: © Martin Gerten/dpa