Zuvor ätzten vor allem Unions-Politiker gegen die Erhöhung der Zahlungen. "Die Ampel muss die für Januar vorgesehene Erhöhung um ein Jahr verschieben und noch einmal völlig neu ansetzen", sagte der bayerische Ministerpräsident Söder (CSU) dem Magazin Stern. "Es braucht mehr Motivation, um arbeiten zu gehen. Deshalb werden wir im Bundesrat eine Initiative zur Generalüberholung des Bürgergelds einbringen. Denn die Balance zwischen Fördern und Fordern stimmt nicht", begründete Söder den Vorstoß. "Wer arbeitet, muss erkennbar mehr bekommen als jemand, der nicht arbeitet. Deshalb brauchen wir Änderungen."
Kürzung für Junge und Ukraine-Flüchtlinge - Union mit ganz eigenen Bürgergeld-Ideen
Die CDU will nach Angaben von Generalsekretär Carsten Linnemann im Fall einer Regierungsübernahme arbeitsfähigen, jungen Erwachsenen das
Bürgergeld deutlich kürzen, sofern sie Arbeits- oder Ausbildungsangebote ablehnen. Es könne nicht sein, dass 600.000 junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren weder arbeiten noch in Ausbildung sind, argumentierte Linnemann im Tagesspiegel. "Wer gerade in jungen Jahren arbeiten könnte, es aber bewusst nicht tut und das System ausnutzt, müsste statt mit einer 30-prozentigen Kürzung mit 50 Prozent oder mehr rechnen", sagte er.
Aus der Union kommt noch eine weitere Forderung. Söder will einen Stopp von Bürgergeld-Zahlungen an neu ankommende ukrainische Flüchtlinge. "Es wäre nicht rechtmäßig, etwas rückwirkend zu streichen. Aber für alle neuen Fälle müssen wir umsteuern", sagte der CSU-Politiker. "Und für alle anderen, die neu zu uns kommen, sollte es Sozialleistungen erst nach fünf Jahren statt nach 18 Monaten geben."
Auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, sprach sich dafür aus, die Zahlung von Bürgergeld an neu angekommene Flüchtlinge aus der Ukraine zu beenden. "Dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine alle sofort Bürgergeld erhalten, war damals, als es beschlossen wurde, von allen Beteiligten gut gemeint gewesen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Die Entscheidung habe sich aber, was die Bereitschaft zur Aufnahme einer Arbeit anbelangt, als kontraproduktiv erwiesen.
"Keine Soziale Hängematte" - Sozialverbände sehen Sozial-Kürzungen kritisch
Den Ruf nach Einsparungen beim Bürgergeld teilen aber nicht alle Politiker der Union. Der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA, Karl-Josef Laumann, wandte sich ebenfalls dagegen, die für Anfang 2024 geplante Erhöhung des Bürgergelds zu streichen. "Beim Bürgergeld war eine Anpassung der Regelsätze dringend notwendig", sagte der nordrhein-westfälische Sozialminister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es sei falsch, in der aktuellen Haushaltslage nur die Sozialleistungen zu kritisieren. "Niemand darf denken, die CDU stehe nicht an der Seite der kleinen Leute", warnte Laumann.
CDA-Vize Christian Bäumler betonte ebenfalls: "Die Forderung nach Sozialabbau in Deutschland verunsichert die Menschen und gefährdet den sozialen Frieden. Eine Politik, die die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht, ist mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar", mahnte Bäumler. Er warnte davor, mit "Sozialstaatspolemik die geistigen Grundfesten der Union" zu zerstören.
Scharfe Kritik an den Kürzungs-Ideen übten jedoch vor allem die Sozialverbände. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, warnte vor einer Rücknahme der geplanten Bürgergeld-Erhöhung. "Das Bürgergeld ist keine soziale Hängematte. Genauso wenig, wie die rückwirkende sowie überfällige Erhöhung kein Faulheits-Bonus ist", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Montag. Die Lebensmittelpreise blieben weiterhin hoch, auch wenn die Inflation etwas zurückgehe.
Vdk-Präsidentin Bentele spricht von erstem wichtigen Schritt
Bentele verwies darauf, dass viele Menschen nicht mehr wüssten, wie sie ihre Rechnungen bezahlen und satt werden sollen. "Wer behauptet, dass Empfängerinnen und Empfänger froh über den Empfang von Sozialleistungen sind, ist im falschen Film." Die Anpassung sei ein erster wichtiger Schritt, sagte sie zur geplanten Erhöhung. Auch die Präsidentin des Deutschen Caritas-Verbandes, Maria Welskop-Deffaa, kritisierte Forderungen scharf, im Sozialbereich zu kürzen. "Nach dem Karlsruher Urteil hauptsächlich bei sozialen Ausgaben zu sparen, wäre fatal", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Eine kürzliche veröffentliche Umfrage hatte ergeben, dass die Mehrheit der Bevölkerung im Bürgergeld einen Anreiz sehe, um nicht zu arbeiten.
Auch wenn das neue Gesetz erst ab Januar in Kraft tritt, wird der Zuschlag übrigens schon Ende dieses Jahres ausgezahlt. Diese und viele weitere Änderungen, die Dezember betreffen, findest du in unserem separaten Artikel.
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