Die zwölfjährige Luise wurde getötet, hinter der Tat sollen zwei Mädchen stecken, die ebenfalls noch Kinder sind. Die deutsche Justiz stuft anhand des Alters von Verdächtigen ab, wer welche Strafe erhält. Zwar sind solche Fälle selten, doch die Umstände immer grausam.
Wie konnte es nur dazu kommen? Die Frage stellt sich nach der schrecklichen Tat aus Freudenberg unwillkürlich. Die zwölfjährige Luise wurde dort brutal umgebracht. Die Anschuldigungen klingen unfassbar: Denn zwei weitere junge Mädchen sollen die Schülerin getötet haben. Dabei sind die Verdächtigen selbst gerade einmal zwölf und 13 Jahre alt. Wie kann es sein, dass Kinder zu so etwas Schrecklichem fähig sind? Ein Blick in die Kriminalitätsstatistik zeigt, wie häufig solche Fälle tatsächlich vorkommen. Und es stellt sich die Frage, welche Strafe die deutsche Justiz für so junge Täter vorsieht.
Luises Heimatstadt in Nordrhein-Westfalen steht unter Schock: Die Zwölfjährige galt zunächst als vermisst und wurde von der Polizei gesucht. Am Sonntag (12. März 2023) machten die Beamten dann die erschütternde Entdeckung: Eine Kinderleiche wurde in einem Waldstück nahe Freudenberg gefunden, wenig später wurde sie als Luise identifiziert. Mit zahlreichen Messerstichen wurde das Mädchen getötet, wie die anschließende Obduktion ergab. Unsere Kollegen aus Rheinland-Pfalz haben bereits ausführlich über die Hintergründe des Falls berichtet.
Fall Luise erschüttert Deutschland: Die Täterinnen sollen selbst noch Kinder sein
Zu Beginn der Woche wurden dann zwei Mädchen vernommen. Zunächst war noch von routinemäßigen Befragungen die Rede, da die beiden im gleichen Alter wie Luise sind und sich kannten. Doch dann der Schock: Die Mädchen gaben laut Polizei zu, Luise erstochen zu haben. Ihre Identität werde laut Staatsanwaltschaft streng geschützt und sie befinden sich mittlerweile in der Obhut des Jugendamtes - weil sie selbst noch Kinder sind.
Das Alter der Mädchen spielt eine große Rolle bei der Frage, wie nun weiter mit ihnen umgegangen wird:
- Da sie beide noch unter 14 Jahre alt sind, gelten sie laut deutschem Recht als strafunmündig. Das bedeutet aber nicht, dass Kinder, die Straftaten begehen, danach auf freiem Fuß bleiben. Den Eltern kann beispielsweise das Sorgerecht entzogen und die Minderjährigen bei einer Pflegefamilie, in einem Heim oder einer Psychiatrie untergebracht werden.
- Wer 14 Jahre und älter ist, befindet sich in einer rechtlichen Grauzone und gilt als bedingt strafmündig. Auch hier setzen Gerichte auf erzieherische Maßnahmen und entscheiden je nach Einzelfall.
- Obwohl man ab 18 Jahren als voll strafmündig eingestuft wird, können Gerichte weiterhin das Jugendstrafrecht anwenden. Auch hier wägt die Justiz individuell am Einzelfall ab, ob eher eine Verfehlung anstelle einer schweren Straftat vorliegt und wie reif der Täter oder die Täterin für sein bzw. ihr Alter ist.
- Erst ab 21 Jahren setzt dann das Erwachsenenstrafrecht ein.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik wird aufgelistet, welche Verbrechen von Minderjährigen begangen werden. Nicht ersichtlich ist allerdings, ob die Opfer ebenfalls Kinder waren. Demnach gab es 2019 und 2020 jeweils elf Fälle, in denen Kinder des Mordes oder Totschlags verdächtigt wurden. 2021 waren es bereits 19 Fälle, darunter vier Mädchen als Verdächtige. Laut Polizei nehme die Gewaltkriminalität unter Minderjährigen insgesamt aber ab. Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr stark, in den vergangenen 20 Jahren lagen sie jährlich zwischen vier und 21 Tatverdächtigen. Zur Einordnung: Laut Statistischem Bundesamt lebten in diesem Jahr rund 8,5 Millionen Kinder unter 14 Jahren in Deutschland.
Warum musste Luise sterben? Staatsanwaltschaft bleibt bei Motiv schwammig
Die Frage nach dem Motiv in Freudenberg bleibt aber: Mario Mannweiler, leitender Oberstaatsanwalt in Koblenz, sagt dazu: "Was für Kinder möglicherweise ein Motiv ist für eine Tat, würde sich einem Erwachsenen möglicherweise nicht erschließen." Angesichts der vielen Stichverletzungen bei dem Opfer liege jedenfalls die Vermutung nahe, "dass irgendwelche Emotionen eine Rolle gespielt haben", wird der Jurist bei der Deutschen Presse-Agentur zitiert. Man spricht in solchen Fällen auch von einem "Overkill", da dem Opfer mehr Schaden zugefügt wurde, als eigentlich nötig wäre, um zum Tod zu führen.