Durch welche Innenstadt man auch bummelt, viele Geschäftsflächen stehen leer. Auffallend viele. In Deutschland haben laut Handelsverband Deutschland (HDE) zwischen 2015 und 2019 rund 5000 Geschäfte jährlich dichtgemacht. Die Zahl der Schließungen zwischen 2020 und 2023 ist alarmierend gestiegen. "Stirbt der Handel, stirbt die Stadt", warnt HDE-Präsident Alexander von Preen.

Der Handelsverband berichtet, dass in den Pandemie-Jahren zwischen 2020 und 2022 mehr als doppelt so viele Läden schließen musste, als in den Vorjahren: Nämlich 11.000 pro Jahr. "Angesichts der Zahlen der letzten Jahre müssen in allen Innenstädten und bei der Politik alle Alarmglocken läuten. Denn ohne erfolgreichen Einzelhandel haben die Stadtzentren kaum Zukunftsperspektiven", warnte Preen.

Sinkende Kaufkraft und Inflation: Einen Laden zu besitzen, wird zunehmend unattraktiv

Für 2023 gibt es bereits Prognosen. Der HDE hat berechnet, dass die Schließungen wohl nicht auf ihrem extrem hohen Niveau bleiben. Dennoch ist die Zahl alarmierend. Etwa 9000 Geschäfte soll es Anfang des Jahres 2024 nicht mehr geben. Das hänge mit der sinkenden Kaufkraft infolge der Inflation zusammen, die eine Weiterführung der Läden zunehmend unattraktiv erscheinen lässt.

2015 gab es in Deutschland rund 373.000 Geschäfte. Stand jetzt (25. April 2023) existieren bloß noch 311.000 - Kleinstbetriebe ausgenommen. "Unbürokratische und schnelle Genehmigungsprozesse für Umbauten und Umwidmungen müssen ganz oben auf die Prioritätenliste. Neuansiedlungen und Gründungen brauchen optimale Bedingungen: Beispielsweise sollte es flächendeckend Ansiedlungsmanagerinnen und -manager geben", forderte der HDE-Präsident. Andernfalls drohe eine Abwärtsspirale.

Auffällig viele große Händler und Warenhäuser stehen vor dem Aus: Galeria Karstadt Kaufhof wird knapp 50 Filialen schließen, der Schuhhändler Görtz ist insolvent, die Modekette Gerry Webber verkleinert ihr Filialnetz und auch Primark schließt mehrere Geschäfte.

Ladensterben in deutschen Innenstädten: Es trifft vor allem die Kleinen

Laut HDE sind allerdings eher kleinere Fachgeschäfte von den Schließungen betroffen, wie etwa Modeboutiquen, Schuhläden und Bäckereien. Die Insolvenzen von namhaften Handelsunternehmen erregen lediglich ein größeres öffentliches Interesse.

Besonders Geschäftsmodelle, die vor kurzem noch als zukunftsweisend und beliebt galten, haben zu kämpfen. "Bio-Fachgeschäfte und Hofläden stecken zum Teil in einer existenziellen Krise", sagte laut ntv kürzlich der Handelsexperte Stephan Rüschen von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

Das Institut für Handelsforschung (IFH) hat eine Befragung zur Attraktivität von deutschen Innenstädten durchgeführt. Diese hat ergeben, dass Bürgerinnen und Bürger nur etwa jede vierte Innenstadt weiterempfehlen würden. "Fakt ist, dass die Mehrzahl der deutschen Innenstädte mehr Kritiker als überzeugte Fans hat", sagte IFH-Geschäftsführer Boris Hedde.

Keine Zeit, es auszusitzen: HDE fordert schnelles Handeln

Dem HDE zufolge müsse etwas getan werden, um das Ladensterben zu verhindern und Neugründungen so einfach wie möglich zu gestalten. Und das erfordere schnelles Handeln.