Eine Watsche für Fitzek
Nur dem Krimibestsellerautor Sebastian Fitzek trat er mit Lust vors Schienbein. Die Wirkung von dessen Büchern auf den menschlichen Geist verglich Scheck mit "fünf Packungen Roth-Händle auf Lunge".
Dieses auf Effekt bedachte Urteil dürfte vor allem BamLit-Organisator Wolfgang Heyder und Kurator Thomas Kraft aufgeschreckt haben. Für ihr Ende Februar erstmalig in Würzburg ausgerichtetes MainLit-Festival haben sie Fitzek schließlich als eines der Zugpferde verpflichtet.
Allein mit der Logik der Mischkalkulation aber lassen sich Literaturfestivals der Bamberger und Würzburger Größenordnung überhaupt stemmen. Heyder und Kraft wissen das. Für jeden Denis Scheck braucht es - ins Unreine gesprochen - einen Regionalkrimiautor und einen schriftstellernden Halbprominenten. Wer anderes glaubt, macht sich etwas vor: Er müsste sich nur in Erinnerung rufen, wie vergleichsweise wenige Zuschauer die letztjährige BamLit-Lesung einer anspruchsvollen Autorin wie Monika Maron anlockte.
Wie andere gesellschaftliche Institutionen hat auch die des Literaturkritikers an selbsterklärender Bedeutung eingebüßt. Aufgrund ihres maximal zuschauerunfreundlichen Sendeplatzes am späten Sonntagabend wirkt selbst Schecks ARD-Sendung "Druckfrisch" wie das pflichtschuldige Feigenblatt eines zur Kultur verdonnerten öffentlich-rechtlichen Senders.
Scheck selbst stellt sich den herrschenden Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie auf unerschrockene Weise. Um als Kritiker auch künftig gesellschaftlichen Einfluss reklamieren zu können, musste er zum Entertainer werden. Und Denis Scheck wurde es.
Seine den Großkritiker Marcel Reich-Ranicki zitierende Vernichtung der aktuellen "Spiegel"-Bestsellerliste ist nur der schillernste Ausdruck seines neu akzentuierten Rollenprofils.
Austens "Immobilienpornos"
In diesem Geist verzichtete Scheck auch in Hallstadt darauf, seine literaturkritischen Kriterien detailliert offenzulegen. Was das eine Buch zu einem guten macht und das andere zu einem schlechten, skizzierte Scheck allenfalls schemenhaft.
Dass gute Bücher den Blick des Lesers auf sich und die Welt verändern, würde so oder so ähnlich wohl jeder Leser formulieren. Lieber als über die literarische Formsprache Franz Kafkas sprach Scheck über dessen lendenschwache Briefe an seine Verlobte Felice Bauer. Den Romanen Jane Austens attestierte Scheck gar Züge eines "Immobilienpornos".
Tiefere literaturkritische Erkenntnisse gewährte Scheck mit dieser Methode freilich nicht. Wer aber intellektuell angedickte Pointen als Leistungsnachweis für einen Literaturkritiker gelten lassen kann, erlebte zum Auftakt des Bamberger Literaturfestivals einen herrlichen Abend.