Nach den hitzigen Migrations-Debatten und -Abstimmungen im Bundestag herrschte wohl bei allen Parteien Anspannung - vor allem bei der Frage, wie sich der eigene Standpunkt auf die Umfragewerte kurz vor der Wahl auswirken könnte. Nun zeigt sich: Alles war wohl halb so wild.
Es war eine nervenaufreibende Woche für Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und seine Partei: Erst brachte er mit Stimmen der AfD einen Antrag für eine härtere Gangart in der Asylpolitik durch den Bundestag - gefolgt von heftigen Protesten auf Deutschlands Straßen. Kaum zwei Tage später scheiterte dann schließlich Merz' "Zustrombegrenzungsgesetz" im Parlament. Kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar war also Zittern angesagt bei CDU und CSU - wie würden sich die beiden Asyl-Vorstöße auf die Umfragewerte auswirken?
Nun kann die Union wohl erstmal aufatmen. Denn die Demoskopen von Insa sehen in einer aktuellen Erhebung für die Bild-Zeitung kaum Dynamik in den Wählerpräferenzen. CDU und CSU stagnieren im Vergleich zur Vorwoche bei 30 Prozent - es geht also weder auf- noch abwärts durch die umstrittenen Gesetzesvorhaben.
Kaum Dynamik bei Wahlumfrage nach Asyl-Debatten: Union und AfD stabil - Ampel-Parteien mit Gewinnen
Auch auf die Werte der AfD hat die verschärfte Migrations-Debatte nach dem tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg vor gut einer Woche keinen Effekt. Die Rechtsaußen-Partei von Kanzlerkandidatin Alice Weidel verharrt laut Insa mit 22 Prozent auf Platz zwei.
Leichte Bewegung gibt es hingegen bei den Ampel-Parteien - außer bei der FDP. Während die nämlich ebenfalls unverändert bei 4,5 Prozent steht und damit unter der 5-Prozent-Schwelle für den Einzug in den Bundestag, können sich SPD und Grüne jeweils um einen halben Prozentpunkt verbessern. Die Sozialdemokraten von Bundeskanzler Olaf Scholz liegen nun mit 16 Prozent auf Platz drei, dahinter folgen die Grünen um Spitzenkandidat Robert Habeck mit 13 Prozent.
Gewinnen kann bei der aktuellen Insa-Umfrage auch die Linke - sie verbessert sich genauso wie SPD und Grüne um 0,5 Prozentpunkte und wäre mit glatten 5 Prozent im Bundestag. Das BSW von Sahra Wagenknecht ist in dieser Woche die einzige Partei mit Verlusten, sie verliert einen halben Prozentpunkt und kommt auf 5,5 Prozent. Damit wäre die Wagenknecht-Partei aber immer noch im Parlament vertreten.
Insa rechnet für die Bild auch mögliche Koalitionen durch. Da 8,5 Prozent an Parteien gehen, die nicht mehr im Bundestag vertreten wären, reichen insgesamt 46 Prozent für eine Sitze-Mehrheit. Diese Schwelle können demnach die Zweier-Bündnisse aus Union und AfD mit 52 Prozent sowie aus Union und SPD mit genau 46 Prozent reißen - wobei CDU-Chef Merz eine schwarz-blaue Zusammenarbeit weiterhin kategorisch ablehnt. Für Schwarz-Grün würde es hingegen nicht reichen. "Je mehr Parteien der Einzug ins Parlament gelingt, desto schwieriger werden Zweier-Bündnisse. Wenn neben dem BSW und der Linkspartei auch der FDP der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingen sollte, würde es für Schwarz-Rot nicht mehr reichen", so Insa-Chef Hermann Binkert zur Bild.
Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.
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