Verfassungsklage gegen Altersgrenze für Kommunalpolitiker

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Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtes um Präsident Karl Huber. Foto: Andreas Gebert/dpa
Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtes um Präsident Karl Huber. Foto: Andreas Gebert/dpa

Der Sozialdemokrat Peter Paul Gantzer hält die Altersgrenze bei Landräten und hauptamtlichen Bürgermeistern für verfassungswidrig. Er selbst will noch lange nicht aufhören.

Nächste Woche wird Peter Paul Gantzer 74 Jahre alt, und er ist, abgesehen von den Folgen von Verletzungen, die er sich als passionierter Fallschirmspringer zugezogen hat, ziemlich fit. Der Oberstleutnant der Reserve und Porschefahrer ist immer dann besonders streitbar, wenn Menschen allein wegen ihres Alters diskriminiert werden. Nun ficht der Jurist mit der Unterstützung seiner SPD-Landtagsfraktion vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen die Altersgrenze, die für bayerische Landräte und hauptamtliche Bürgermeister aufgrund ihrer Einstufung als kommunale Wahlbeamte gilt.

Sie soll nicht etwa nur angehoben, sondern generell für nichtig erklärt werden. Gestern hörten ihn die Verfassungsrichter in mündlicher Verhandlung an, und eine Entscheidung hat Präsident Karl Huber für den 19. Dezember angekündigt. Gantzer selbst will noch lange nicht aufhören: Er strebt in seinem Münchner Stimmkreis erneut einen Sitz im Bayerischen Landtag an, wenn der im Herbst kommenden Jahres gewählt wird.

Gantzer klagt gegen das im Februar dieses Jahres von der Regierungsmehrheit aus CSU und FDP verabschiedete neue Wahlgesetz. In dem bleibt die Altersgrenze für Landräte und hauptamtliche Bürgermeister einstweilen festgeschrieben: Sie dürfen zu Beginn der Amtszeit, die ihrer Wahl folgt, das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Regelung gilt auch für die Kommunalwahlen im März 2014. Erst für die dann folgende Kommunalwahl im Jahr 2020 soll die Altersgrenze auf 67 Jahre steigen.

Gantzer aber hält eine solche Begrenzung generell für verfassungswidrig. Sein Anwalt Michael Bihler bezog sich gestern auf die auch vom Bundesverfassungsgericht übernommene Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der berufliche Altersgrenzen nur dann zulässig sind, wenn sie, neben Sicherheitserwägungen zum Beispiel, vorrangig sozialpolitischen Zielen dienen. Ein solcher Schutz der Beschäftigten aber könne sich nicht auf Wahlvorschriften beziehen. Auch die Orientierung der Altersgrenze für kommunale Wahlbeamte am Beamtenrecht sei falsch: "Der Beamte wird ernannt, der Wahlbeamte aber wird alle sechst Jahre gewählt."

Gantzer verwies gestern auf die 1834 bayerischen Gemeinden mit bis zu 10 000 Einwohnern, in denen der Gemeinderat selbst entscheiden kann, ob der Bürgermeister berufsmäßig oder ehrenamtlich tätig ist. Hauptamtliche Bürgermeister gibt es dort 905, ehrenamtliche 929. Insgesamt, also einschließlich der größeren Städte, gäbe es folglich für fast 50 Prozent der bayerischen Bürgermeister keine Altersgrenze. Dies nannte Gantzer "eine Ungleichbehandlung, die nicht nachvollziehbar ist."

Für den Landtag verwies der Coburger Jurist und CSU-Abgeordnete Jürgen Heike auf die höhere Belastung der Hauptamtlichen und die bei fortschreitendem Alter nachlassende Leistungsfähigkeit. Schon jetzt könnten kommunale Wahlbeamte ihre letzte Amtszeit auch mit über 70 Jahren noch vollenden: "Das ist keine Diskriminierung."

Für die Staatsregierung nannte auch der Amtschef des Innenministeriums, Günther Schuster, Gantzers Klage unbegründet. In höherem Alter häuften sich nicht nur Krankheitstage, sondern auch die Fälle gänzlicher Dienstunfähigkeit. Dann aber könne nicht, wie bei Abgeordneten der Fall, einfach ein Nachrücker den Sitz einnehmen, sondern es sei eine Neuwahl erforderlich.

Besonders interessierte sich das Gericht für die Frage, warum die im neuen Wahlgesetz vorgesehene Anhebung der Altersgrenze für kommunale Wahlbeamte von 65 auf 67 Jahre nicht schon für die Kommunalwahl 2014, sondern erst für die nächste im Jahr 2020 gelten soll. Dies begründete Schuster mit der "Praktikabilität" der Neuregelung: Die Kommunalpolitik brauche "eine Zeitschiene", um sich auch bei der Auswahl der Bewerber auf die höhere Altersgrenze einzustellen.

Präsident Huber richtete den Blick auf die Regelung in anderen Bundesländern. Schuster teilte mit, dass es allein in Nordrhein-Westfalen keine Altersgrenze für kommunale Wahlbeamte gibt. In Hessen liegt sie bei 67 Jahren, ansonsten bei 65 Jahren oder weniger. Schuster: "Alle Länder außer Nordrhein-Westfalen machen irgendwann einen Cut."