Nach tödlichem Geisterfahrer-Unfall: Sind Senioren eine Gefahr im Straßenverkehr?

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Nach Unfällen mit Senioren kommt schnell die Debatte über eine Führerscheinpflicht für Senioren auf. Was sagen Forchheimer Experten und Betroffene dazu? Symbolbild: Wolfram Kastl/dpa
Nach Unfällen mit Senioren kommt schnell die Debatte über eine Führerscheinpflicht für Senioren auf. Was sagen Forchheimer Experten und Betroffene dazu?  Symbolbild: Wolfram Kastl/dpa
 

Am Sonntag verursacht ein 82-jähriger Geisterfahrer in Bayern einen tödlichen Unfall. Nach solchen Unfällen kommen schnell die Debatte über eine Führerscheinprüfpflicht für Senioren auf. Was sagen Experten und Betroffene dazu? Ein Blick nach Forchheim.

Senioren am Steuer - Ungeheuer. So oder so ähnlich fällt das Fazit mancher Diskussionen von Autofahrern aus. Blaulichtmeldungen über Unfälle, die von Senioren verursacht wurden, tun ihr übriges zu dieser Meinung: Erst am Sonntag verursachte ein Senior auf der A9 in Bayern einen tödlichen Unfall - fast 40 Kilometer war er zuvor als Geisterfahrer über die Autobahn gebraust.

Schnell werden nach solchen Unglücken die Forderungen nach einer Fahreignungsprüfung für Senioren laut. Dass eine solche Führerscheinprüfpflicht für ältere Menschen nicht die Lösung sein kann, meint der Forchheimer Fahrlehrer Josef Metzner. Er fordert dagegen verpflichtende Seh- und Hörtests ab einem gewissen Alter. "Körperlich haben manche Senioren freilich Mängel, aber geistig sind sie auf gleicher Höhe", so Metzner.

Angst vor dem Führerscheinverlust

Nicht das Alter der Senioren sei das Problem, sondern oftmals deren Einstellung. "Wer will denn schon zugeben, dass er Mängel hat?", gibt Metzner zu bedenken. Seine Beobachtung: Ältere Personen haben sehr viel Angst davor, dass sie ihren Führerschein einfach abgenommen bekommen.

Das zeigt auch ein Blick ins Nachbarland Hessen: Hier setzt man auf die freiwillige Rückgabe des Führerscheins. Doch nach nur wenige Senioren nutzen dies: Nur zwischen drei und fünf Rentner hätten dies 2018 getan - Eine Steigerung können wir hier nicht feststellen", sagte eine Sprecherin. Es gebe jedoch auch Senioren, die nicht mehr fahren und den Führerschein trotzdem nicht abgeben wollen.

Training für Senioren

Fahrlehrer Metzner bietet in seiner Fahrschule gezielt Seniorentraining an. Ungefähr ein Mal pro Monat sitzt er neben einem Senior im Auto, schätzt der Fahrlehrer. "Wer sich nicht selbst aufrafft, der muss warten bis es kracht", so Metzner. Die Einsicht der Senioren müsse freiwillig kommen. "Die, die freiwillig kommen, machen es gut", so Metzner.

Mehr dazu: Was kann man machen, wenn ein Geisterfahrer entgegenkommt?

Eine Autofahrerin, die freiwillig zu Metzner gekommen ist, ist Magdalena Albert (Name von der Redaktion geändert). Die über 70-jährige Dame aus dem Forchheimer Landkreis möchte lieber anonym bleiben. Vor einiger Zeit war die Dame freiwillig in der Fahrschule von Metzner, um ihre Fahrtauglichkeit unter Beweis zu stellen.

Damit wollte sie ein Zeichen setzen: "Gegen die allgemeine Stimmung, dass man Senioren den Führerschein wegnehmen sollte", betont sie. Dass man vorbeugen müsse, sehe sie ein. Senioren den Führerschein abzunehmen, sei aber der falsche Weg.

Schon immer sei sie gerne Auto gefahren, gerne auch schnell und in flotten Autos. "Vor zwei Jahren bin ich noch am Stück nach Österreich gefahren", erzählt sie stolz. Vier bis fünf Mal pro Woche sitze sie immer noch hinter dem Steuer. Zehn Fahrstunden hat sie bei Metzner genommen, in denen sie alle möglichen Verkehrsszenarien geübt hat. Ob Panne auf der Autobahn oder Stadtfahrt: "Eine solche Situation kann sich ergeben. Deshalb muss man der Situation gewachsen sein", findet Albert.

Fahrlehrer Metzner hat die Seniorin auf alle Eventualitäten geprüft und ihr ein hervorragendes Zeugnis überreicht. "Ich bin auch gelobt worden. Darauf bin ich sehr stolz", berichtet die Dame. Das kann Metzner bestätigen. "Wenn man selbstständig sein will, braucht man einen Führerschein", meint sie. Auf dem Land sei man auf das Auto angewiesen. Den Führerschein gegen kostenlose Fahrten mit dem ÖPNV einzutauschen, wie es in manchen Kommunen angeboten wird, davon hält sie wenig. Dafür müsse die passende Infrastruktur vorhanden sein.

Bei den Polizeiinspektionen in Forchheim und Ebermannstadt wird genau dokumentiert, an wie vielen Unfällen im Kreis Forchheim tatsächlich Senioren beteiligt waren. Noch genauer: Bei wie vielen Unfällen Senioren Unfallverursacher waren. Das Fazit: Besonders oft sind Senioren nicht in Unfälle verwickelt. Wenn sie es aber sind, dann meist als Unfallverursacher.

Das sind die Unfallursachen

Die häufigsten Unfallursachen bei Unfällen mit Senioren sind Vorfahrtsfehler, Fehler beim Wenden, Rangieren und Anfahren, Fehler beim Abbiegen sowie zu geringer Sicherheitsabstand. "Geschwindigkeit, Alkohol und Überholen sind bei Senioren weniger als beim Durchschnitt", sagt Polizeihauptkommissar Hartmut Demele.

Die häufigsten Unfallursachen bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren sind Geschwindigkeit, Abbiegen, Straßenbenutzung und Vorfahrtsfehler. Die Anzahl der Verkehrsunfälle bei den 18 bis 25 Jährigen ist von 308 Unfällen im Jahr 2009 auf 238 Unfälle im Jahr 2018 zurückgegangen, so die Statistik der Polizei.

Demele mahnt aber: "Man kann so etwas nicht am Alter festmachen, es kommt immer auf die jeweilige Situation an." Auf sture oder uneinsichtige Senioren treffe die Polizei bei Kontrollen eher selten.mit dpa