Hubert Aiwanger (Freie Wähler): Ohne Hubert Aiwanger geht bei den Freien Wählern (FW) nichts. Der Agraringenieur ist in Personalunion FW-Landesvorsitzender, Bundesvorsitzender - und seit 2018 bayerischer Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident. Nebenbei mischt sich der 52-Jährige auch gerne in allen agrarpolitischen Fragen ein, beim Kampf gegen den Wolf sowieso.
Im Kabinett gibt der Niederbayer mit seinem unbeschreiblichen Dialekt das eingespielte Duo mit Söder - und umgekehrt. Im Landtag hält er auch lange Reden ohne jedes Manuskript. In Bierzelten und auf anderen großen und kleinen Bühnen ledert er dagegen gerne engagiert bis polemisch gegen die Ampel-Regierung in Berlin. Mit seiner "Demokratie zurückholen"-Äußerung auf einer Kundgebung in Erding hat er sich massive Kritik eingehandelt - er selbst sieht diese freilich als überzogen an und sich selber im Recht. Derzeit sieht alles danach aus, als könnte Aiwanger auch nach der Wahl weiter mit der CSU regieren. Sein großes Ziel, die Freien Wähler in den Bundestag zu führen, hat er aber noch nicht erreicht.
Auch AfD stellt diesmal Spitzenkandidaten für die Landtagswahl
Katrin Ebner-Steiner und Martin Böhm (AfD): 2018 hatte die AfD auf einen bayernweiten Spitzenkandidaten verzichtet. Diesmal entschied sie sich anders - auch deshalb, um in den sonst so kritisierten Medien ebenso mit ihrem Spitzenpersonal vorzukommen wie alle anderen. Der Kurs der Partei weist dabei immer weiter nach ganz rechts außen: Sowohl die 44-jährige Ebner-Steiner als auch der 58-jährige Böhm werden dem offiziell aufgelösten, völkisch-nationalen "Flügel" zugerechnet. Vor allem Ebner-Steiner gilt als Vertraute von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke aus Thüringen. Sie ist dabei eines der bekanntesten Gesichter der Bayern-AfD. Nach der Landtagswahl 2018 wurde sie zunächst Fraktionschefin und konnte sich dort bis Herbst 2021 halten - dann aber wurde sie, weil inzwischen das gemäßigtere Lager die Mehrheit hatte, abgewählt. Nun sind die "Flügler" wieder auf dem Vormarsch.
Florian von Brunn (SPD): Er hofft angesichts der SPD-geführten Bundesregierung auf einen Kanzlerbonus - und doch muss Florian von Brunn nun erstmals auch persönlich bei einer Landtagswahl liefern. Im April 2021 hatte der 54-Jährige den SPD-Landesvorsitz übernommen, auf den er so lange hingearbeitet hatte, zusammen mit Ronja Endres. Das Duo setzte sich damals gegen den amtierenden Generalsekretär Uli Grötsch durch. Im Mai 2021 griff von Brunn auch nach dem Fraktionsvorsitz im Landtag - und gewann eine Kampfabstimmung gegen den damaligen Amtsinhaber Horst Arnold, wenn auch nur knapp mit 12 zu 10 Stimmen.
In diesem Mai wurden von Brunn und Endres als Parteivorsitzende bestätigt. Fakt ist aber: Wegen seines forschen Auftretens und seines großen Ehrgeizes war von Brunn auch partei- und fraktionsintern nie unumstritten. Politische Gegner kritisieren ohnehin seine oftmals von lauten Attacken und Angriffen geprägten Reden im Landtag.
FDP-Kandidat vor wichtiger Aufgabe: Klappt der Wiedereinzug?
Martin Hagen (FDP): Der FDP-Landtagsfraktionschef ist extrem redegewandt, argumentiert überzeugend - und kann quasi auf eine FDP-Karriere aus dem Bilderbuch verweisen: Politik-Studium, Arbeit in einer Unternehmensberatung, Pressesprecher der bayerischen FDP-Landesgruppe im Bundestag, acht Jahre lang Hauptgeschäftsführer der bayerischen FDP, dann wieder selbstständiger Strategie- und Kommunikationsberater.
Und dann 2018 der große Erfolg: Als Spitzenkandidat führte Hagen die FDP nach fünf Jahren Pause zurück in den Landtag. In einer Urwahl hatte er sich damals gegen eine ganze Reihe von Mitbewerbern durchgesetzt, am Ende in einer Stichwahl auch gegen den ehemaligen Landeschef. Heute ist Hagen die unbestrittene Führungsfigur der Bayern-FDP, er sitzt zudem im Bundesvorstand. Nun aber steht er vor einer entscheidenden Bewährungsprobe: Schafft er am 8. Oktober mit seiner Partei den Wiedereinzug in den Landtag?
So wird am 8. Oktober 2023 gewählt: Das Landtagswahlrecht und seine Besonderheiten
Auf den ersten Blick ist es genau wie bei der Bundestagswahl: Auch bei der Landtagswahl in Bayern hat jede und jeder Wahlberechtigte zwei Stimmen, Erststimme und Zweitstimme. Es gibt aber einen ganz zentralen Unterschied - und der ist für die künftige Zusammensetzung des Landtags von enormer Bedeutung: Zur Ermittlung der Sitzverteilung im Landesparlament werden alle Erst- und Zweitstimmen zusammengezählt und in Mandate umgerechnet.
Erst- und Zweitstimme: Welche Funktion haben sie jeweils?
Die Anzahl der Gesamtstimmen entscheidet also darüber, welche Partei künftig wie viele Abgeordnete im Landtag hat. Das heißt: Die Erststimme ist für die Sitzverteilung genau gleich wichtig wie die Zweitstimme. Das ist der große Unterschied zur Bundestagswahl, wo allein die Zweitstimme für die Sitzverteilung ausschlaggebend ist.
Mit der Erststimme wählt man eine Kandidatin oder einen Kandidaten in einem der insgesamt 91 Stimmkreise direkt. Sieger/in ist, wer dort jeweils die meisten Stimmen bekommt, die einfache Mehrheit reicht. Voraussetzung für einen Einzug der Stimmkreis-Gewinner und -Gewinnerinnen in den Landtag ist aber, dass deren Partei landesweit mindestens fünf Prozent aller gültigen Gesamtstimmen erhält.
Die Zweitstimme ist eine Listenstimme - wobei die Parteien nicht landesweit mit einer Bayern-Liste antreten, sondern mit bis zu sieben selbstständigen Listen in den sieben bayerischen Regierungsbezirken (Wahlkreisen). Doch auch die Zweitstimme ist personenbezogen: Man kann damit einen Wahlkreis-Kandidaten einer Partei auswählen und ankreuzen, egal auf welchem Listenplatz dieser steht. Kreuzt man keinen einzelnen Kandidaten an, sondern allgemein eine Partei oder Wählergruppe, wird die Stimme nicht ungültig, sondern wird am Ende der betreffenden Partei bei der Sitzverteilung zugerechnet.
Überhang- und Ausgleichsmandate: Was es damit auf sich hat
Insgesamt werden bei der Landtagswahl 91 Direkt- und 89 Listenmandate vergeben. Der Landtag kann aber am Ende auch mehr als 180 Mitglieder haben - durch sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate: Wenn einer Partei mehr Direktmandate zufallen, als ihr nach dem Stimmenverhältnis eigentlich zustehen würden (Überhangmandate), so erhöht sich auch die Zahl der Mandate der anderen Parteien entsprechend dem tatsächlichen Stimmenverhältnis (Ausgleichsmandate). In der zu Ende gehenden Legislaturperiode hatte der Landtag aufgrund von 10 Überhang- und 15 Ausgleichsmandaten insgesamt 205 Mitglieder.
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