Erstochen, erwürgt, vergewaltigt: Polizei bleibt hartnäckig - Das ist der Stand bei Franken-"Cold Cases"

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Erstochen, erwürgt, vergewaltigt: Polizei bleibt bei "Cold Cases" hartnäckig - Das ist der Stand bei Fällen aus Franken
Tötungsdelikte haben in Bayern laut der Polizei eine Aufklärungsrate von 90 Prozent - viele Fälle sind aber noch offen.
Erstochen, erwürgt, vergewaltigt: Polizei bleibt bei "Cold Cases" hartnäckig - Das ist der Stand bei Fällen aus Franken
Daniel Löb (dpa)

Ermittlerarbeit ist oft Sisyphusarbeit. Gerade bei Mordfällen zählt jede Faserspur, jeder Fingerabdruck, jedes noch so kleine Detail. Mit neuen Techniken und Auswertungsverfahren soll heute möglichst jeder Mordfall aufgeklärt werden. Für einige Fälle in Franken gibt es mittlerweile neue Spuren.

Auch noch nach Jahren lassen manche Fälle nicht los: Dutzende Messerstiche im Körper, vergewaltigt, erwürgt - Polizisten haben es teils mit äußert brutalen Verbrechen zu tun, die nicht immer aufgeklärt werden können. In ganz seltenen Fällen wissen die Angehörigen auch Jahrzehnte nach dem Tod ihrer Lieben noch nicht, wer dem Opfer das angetan hat. Ermittler durchkämmen aber immer wieder ihre Polizeiarchive. Sie suchen nach neuen Spuren und können dank besserer DNA-Analyse manchmal auch noch einen Täter überführen. Eine Auswahl von "Cold Cases" aus Bayern:

Eveline Höbler, Veitshöchheim: Ein Spaziergänger findet die 24-Jährige im Januar 1986 in Veitshöchheim bei Würzburg tot unweit ihres Arbeitsplatzes. Am Vorabend ist die junge Frau nach einem Kinobesuch mit einem Bus von Würzburg nach Veitshöchheim gefahren. Nachdem sie wohl erst zu Hause ist, verlässt sie wahrscheinlich ihre Wohnung aber noch einmal - wohin, ist unbekannt. Mehr als 30 Messerstiche werden später an ihrem Körper festgestellt. Bis heute ist kein Täter überführt, seit geraumer Zeit ermittelt die Polizei in dem Fall wieder intensiver.

Grausam und immer noch ungelöst - Polizei ermittelt auch nach Jahren in "Cold Cases"

Claudia Obermeier, Röthenbach an der Pegnitz: Bei der Suche nach dem Mörder der in Mittelfranken getöteten 22-Jährigen gibt es keinen neuen Verdächtigen - erst kürzlich wird ein mutmaßlicher Täter ausgeschlossen. Ein Spaziergänger entdeckt 1990 die Leiche der jungen Frau in einem Waldstück. Nach Polizeiangaben ist sie Opfer eines Sexualdelikts durch einen Mann und wird schließlich von dem Unbekannten erwürgt. Am Abend vor der Tat ist Claudia mit ihrem Ehemann noch auf einem Fest in einer Kleingartenanlage. Dieses verlässt sie gegen 2 Uhr allein, kommt aber nie zu Hause an. Der zunächst verdächtige Partner wird 1998 von einem Gericht freigesprochen. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen in dem Fall kürzlich wieder aufgerollt, nachdem an Beweismitteln vom Tatort dank moderner Analysemethoden eine DNA-Spur gefunden wird. Ein Abgleich mit der Analysedatei beim Bundeskriminalamt ergibt eine Übereinstimmung mit einer DNA-Spur, die 22 Jahre nach der Tat bei einem Einbruch in Nürnberg hinterlassen wird. Doch einen Verdächtigen gibt es noch nicht.

Sabine Back, Karlstadt: Dieser Fall wird bald vor Gericht kommen, das Oberlandesgericht Bamberg lässt die Anklage zu, wie die Justiz kurz vor Weihnachten mitteilt. 2021 rollt die Polizei den Altfall wieder auf. Unter anderem feinere DNA-Analysen bringen neue Hinweise zum möglichen Mörder der 13-Jährigen. Das tote Mädchen wird 1993 auf einem Bauernhof im unterfränkischen Karlstadt gefunden. Im Dezember 2021 klagt die Staatsanwaltschaft einen Mann wegen Mordes an, der damals 17 Jahre alt war. Doch das Landgericht Würzburg lässt die Anklage aus Mangel an stichhaltigen Beweisen nicht zu. Dagegen legt die Staatsanwaltschaft erfolgreich Beschwerde beim OLG ein.

Simone Langer, Donauwörth und Allersberg: Die 15 Jahre alte Gymnasiastin wird am 29. Juli 1983 kurz nach Mitternacht am Ortsrand von Donauwörth in Schwaben überfallen. Die Kripo sucht seither nach einem Kleintransporter, in den das Mädchen gezerrt worden sein soll. Die Leiche der Schülerin wird zwei Monate später 80 Kilometer entfernt in einem Wald beim mittelfränkischen Allersberg (Landkreis Roth) an der A9 entdeckt. Die Polizei rollt den Fall 2022 mit großem Aufwand noch einmal auf, einen Durchbruch gibt es aber weiter nicht.

Mord verjährt nie - in einigen Fällen gibt es neue Spuren

Klaus Berninger, Wörth am Main: Der 16-Jährige verschwindet am 20. Dezember 1990. Drei Tage später finden Spaziergänger seine Leiche in einem Wald nahe der Kleinstadt an der bayerisch-hessischen Landesgrenze. Die Polizei geht davon aus, dass der Jugendliche umgebracht wurde. Nach damaliger Erkenntnis starb er durch Gewalteinwirkung mit einem scharfkantigen Werkzeug gegen den Hals. Seit 2022 ermittelt die unterfränkische Polizei wieder intensiver.

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Christa Mirthes, Schwandorf: Am 16. Juni 1978 entdecken Kinder in einem Brunnenschacht in Schwandorf in der Oberpfalz die verstümmelte Leiche der 15-Jährigen. Die Kripo in Amberg kann Jahrzehnte später eine DNA-Spur sicherstellen, die vom Täter stammen könnte - einen Verdächtigen gibt es aber noch nicht. Sollte der Täter noch leben, könnte er auch nach so langer Zeit noch angeklagt und vor Gericht gestellt werden, sofern die Tat weiterhin als Mord eingestuft wird. Denn im Unterschied zu Totschlag und anderen Straftaten verjährt ein Mord nicht.

Domenico Lorusso, München: Im Frühjahr 2013 will Domenico mit seiner Freundin nach Italien fliegen, um ihren Familien von ihrer Verlobung zu erzählen. Ein Unbekannter zerstört diesen Traum am 28. Mai: Ohne Vorwarnung sticht dieser damals an der Isar in München nach einem Wortgefecht und einer kurzen Rangelei auf Domenico ein und tötet den 31-jährigen Italiener. Dieser hatte mit seinem Rad angehalten und den Unbekannten zur Rede gestellt. Der Täter hatte vorher Domenicos Verlobte angespuckt, die mit dem Fahrrad an ihm vorbeigefahren war. Die Ermittler wissen über den Täter, dass er aus dem europäischen Raum stammt und höchstwahrscheinlich braune Augen und Haare hat. Das ergibt eine Untersuchung der gefundenen DNA-Spuren im Jahr 2020, fast sieben Jahre nach der Tat. Überführt ist der Mann bisher nicht.

Aufklärungsrate 90 Prozent in Bayern - zahlreiche Tötungsdelikte sind allerdings noch offen

Sonja Engelbrecht, München: Das Skelett der 1995 verschwundenen Sonja wird 2022 in einer Felsspalte entdeckt. Ihre Familie sieht die damals 19-Jährige zum letzten Mal am 10. April 1995. Sie bricht an jenem Tag auf, um sich mit einem Freund zu treffen - und verschwindet. Was an jenem Abend geschah, ist auch heute, mehr als ein Vierteljahrhundert danach, ein großes Mysterium. Die Polizei vermutet, dass die junge Frau einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist.

Bayernweit hat die Polizei etliche ungelöste Altfälle in ihren Akten, darunter auch Sonja Hurler (Kempten), Peggy Knobloch (Lichtenberg), Christiane Junker (Aschaffenburg), Daniel (Bayreuth), Monika Frischholz (Flossenbürg), Waltraut Ess (Bad Neustadt/Saale), Harry und Truus Langendonk (Nußdorf), Simone Strobel (Würzburg), Gertrud Kalweit (Amberg) und viele mehr. Für das Jahr 2022 registrierte die Polizei in Bayern laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 122 Mordfälle und Mordversuche - mehr als 90 Prozent davon konnten aufgeklärt werden (Stand: März 2023).