Erschreckendes Bild selbstgerechter Justiz

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Gustl Mollath hat vor Gericht einen herben Rückschlag erlitten. Foto: Daniel Karmann/dpa
Gustl Mollath hat vor Gericht einen herben Rückschlag erlitten. Foto: Daniel Karmann/dpa

Das Landgericht Regensburg hat die Wiederaufnahmeanträge im Fall Mollath abgelehnt. Unser Münchner Korrespondent Thomas Lange übt daran heftige Kritik.

Jeder halbwegs Interessierte weiß, dass das Landgericht Nürnberg mindestens gröblich geschlampt, wenn nicht gar das Recht gebeugt hat im Fall des Gustl Mollath. Und jeden, bis hinauf zum bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, beschleicht ein ungutes Gefühl angesichts des Umstands, dass Mollath seit sieben Jahren weggesperrt ist in der Psychiatrie. Und der Verdacht, dass die Justiz daran lieber gar nichts ändern will. Das könnte ja peinlich werden für einige Robenträger, die sich gern für unantastbar halten. Nun aber hat es der bayerische Justizapparat geschafft, aus peinlichen Fehlern einen veritablen Justizskandal zu machen.

Den zu verhindern, das hätten die Regensburger Richter nun in der Hand gehabt. Natürlich nicht gleich durch einen Freispruch erster Klasse, den Mollath will. Sehr wohl aber dadurch, dass sie ihm eine faire Chance einräumen durch die Befürwortung eines Wiederaufnahmeverfahrens. Das haben sie nicht getan.

Sie haben es nicht etwa deshalb nicht getan, weil sie das Nürnberger Urteil gegen Mollath für hieb- und stichfest und damit für unangreifbar halten. Nein, sie haben sich in einem Akt ziemlich erbärmlicher Feigheit, zurückgezogen auf einen rein formaljuristischen Standpunkt, der sich durchaus so ins Deutsche übersetzen lässt: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Denn: Die Regensburger Entscheidung ist kein Dokument eines heldenhaften Widerstands unabhängiger Richter gegen den - zugegeben erheblichen - politischen Druck. Trotz des halbherzigen Wiederaufnahmeantrags der dazu angewiesenen Staatsanwaltschaft mussten sie einräumen, dass das Nürnberger Urteil "Sorgfaltsmängel" aufweist. Das aber reicht nicht.

Wie bitte? Ein mangelhaftes Urteilsverfahren reicht schon aus, um einen Menschen zu vernichten, nicht aber für die Überprüfung der gegen ihn gefallen Entscheidung? Zur Begründung dieser Absurdität fügen die Regensburger Richter dann auch noch hinzu, dass sich keine Anhaltspunkte ergeben hätten für eine "bewusste Sachverhaltsverfälschung" durch ihre Nürnberger Kollegen. Das wäre ja noch schöner, lässt sich hierzu nur entgeistert anmerken.

Im Gegensatz zur auch in ihrem Fanatismus rasch wachsenden Mollath-Befreiungsbewegung, für die die Unschuld ihres Idols Glaubenssatz ist, soll hier kein Anspruch erhoben werden auf eine höhere Erkenntnis.
Eines aber bleibt festzustellen: Die Regensburger Richter hätten einiges richten können an dem ziemlich ramponierten Ansehen der bayerischen Justiz. Sie haben aber, schlimm genug, nicht nur Gustl Mollath im Stich gelassen, sondern auch die Bürger, die immer noch an eine gerechte Justiz glauben wollen.
Die sehen nun das erschreckende Bild einer selbstgerechten Justiz.