Der Freistaat Bayern zeigt sich als besonders starkes Land bei der Zuwanderung von Pflegekräften aus dem Ausland. Doch was tun, wenn es zu Sprachbarrieren kommt? Eine Klinik in Bayern hatte eine Idee, um dem Problem zu entgegnen.
"Griaß eana" - so begrüßt 27-jährige Mohammad Bakri seine Patient*innen im Krankenhaus in Straubing. Der Krankenpflegeschüler stammt aus Syrien, beherrscht mittlerweile aber auch den bayerischen Dialekt. Dahinter steckt eine Idee des Integrationsteams des Straubinger Klinikums.
Im Dezember vergangenen Jahres wurde in Straubing ein Bayerisch-Kurs vom Integrationsteam rund um die Integrationsbeauftragte der Klinik, Mika Hauslbauer, ins Leben gerufen. Hauslbauer selbst kommt aus Jugoslawien und betont, dass die Pflegekräfte durch das Aufzeigen von Unterschieden zwischen Hochdeutsch und Bayerisch gelernt hätten, dass der bayerische Dialekt "nicht so schlimm" sei und es "mit der Zeit wird." Durch den Kurs soll den Pflegenden die Angst vor dem Dialekt genommen werden.
Dialekt in Kliniken wichtig: "Das ist wirklich ein Schock für sie"
Mohammad Bakri, der seit 2015 in Bayern lebt, hat bereits bayerisch gelernt und will auch andere dazu ermutigen. Er erklärt, Dialekt im Gesundheitswesen zu sprechen, sei professionell, um sich verständigen zu können. "Das ist meine Arbeit: Der Umgang mit den Leuten, damit ich ihnen helfen kann", sagt er gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR).
Der Dialekt ist besonders für ältere Patient*innen in ländlichen Regionen wichtig. Das betont auch die 27-jährige HNO-Assistenzärztin Verena Sturm: "Die Patienten kommen aus der Region - sie fühlen sich geborgener, sicherer und sagen dann auch: Mei schee, eine Hiesige." Für sie als gebürtige Straubingerin stellt der Dialekt kein Problem dar. Sie erklärt aber auch, dass das Wichtigste sei, dass Patient*innen sich verstanden und gut aufgeklärt fühlen - ganz egal in welcher Sprache.
Dem stimmt auch der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Gerald Quitterer, zu: "In der Arzt-Patientenbeziehung ist es besonders wichtig, dass sich beide Seiten sprachlich verstehen. Die Ärztin oder der Arzt muss zum Beispiel die Beschreibung der Krankheitssymptome eines Patienten verstehen und einordnen können. Für die Patientin oder den Patienten ist es wichtig, die Erklärungen des Arztes zu verstehen, um die Therapieempfehlungen auch umsetzen zu können. Wenn das gegenseitige Verstehen sichergestellt ist, können sich Arzt und Patient auch im Dialekt unterhalten, das kann manchmal sogar hilfreich sein", erklärt er im Gespräch mit dem BR.
Gesundheitssystem ohne ausländische Pflegekräfte "vor dem Kollaps"
Im Straubinger Klinikum kommen dem BR zufolge mehr als 50 Prozent der Pflegekräfte aus dem Ausland. Milka Hauslbauer erklärt, dass die ausländischen Pflegekräfte meist mit einem Sprachlevel auf dem Niveau B1 oder B2 in Deutschland ankommen. Doch im niederbayerischen Straubing wird im Alltag und auch auf den Stationen überwiegend Dialekt gesprochen: "Das ist wirklich ein Schock für sie. Sie sind total entsetzt, verzweifelt, brauchen monatelang, bis sie verstehen und mitkriegen, welche Buchstaben nicht ausgesprochen werden in Straubing. Auffe, obe, umme, zure, Zinken, Bleschl, Haxn: Das ist für sie eine neue Sprache – das müssen sie neben Deutsch lernen", sagt Hauslbauer.
Der Pflegeschüler Bakri erinnert sich an seine Anfänge in Niederbayern. Obwohl er Deutsch sprechen konnte, hatte er Schwierigkeiten, die Patient*innen zu verstehen. Denn sie verwendeten Worte wie "Boisda" (Polster) oder "Soggn" (Socken). "Oder einschmieren statt eincremen. Das habe ich anfangs auch nicht verstanden – aber jetzt schon." Dem 27-Jährigen war es immer wichtig, sich zu integrieren. Dafür gehört es für ihn, die Gesellschaft und somit auch den Dialekt in seiner zweiten Heimat zu respektieren.