Der Landtag räumt auf bei der Beschäftigung von Verwandten. Eine Baustelle bleibt aber auch nach dem Hau-Ruck-Verfahren vom Donnerstag: Die Nebeneinkünfte.
Noch am Vorabend liefen dringliche Verhandlungen, denn der Bayerische Landtag, in Verruf geraten als Selbstbedienungsladen für seine Abgeordneten, wollten ein klares und einheitliches Signal senden an den verstimmten Wahlbürger: Schluss mit der Vetternwirtschaft. Das nahmen die Fraktionen von CSU, FDP, SPD und Grünen trotz erheblicher interner Diskussionen dann doch ganz wörtlich. Bis zum vierten Grad sollen Abgeordnete keine Verwandten mehr beschäftigen dürfen auf Staatskosten, also auch keine Vettern und Basen.
Damit ist das neue Abgeordnetengesetz restriktiver als die für den Bundestag geltende Regelung, die den in höchster Eile handelnden Bayern als Orientierung diente.
Das mit den Vettern aber ging den Freien Wählern aber dann doch zu weit: Noch am frühen Vormittag, als die am Nachmittag im Plenum anstehende Entscheidung im federführenden Ausschuss vorbereitet wurde, verteidigte Bernhard Pohl die Position seines Fraktionschefs Hubert Aiwanger, der in der Einbeziehung der Cousins und Cousinen eine Art Berufsverbot sah.
Mehrere Merkwürdigkeiten Diese Verweigerung der Freien Wähler wurde allgemein bedauert, aber am Nachmittag sah die Lage schon wieder anders aus: Seine Fraktion, die sich nicht als einzige der Verteidigung der sprichwörtlichen Vetternwirtschaft zeihen lassen wollte, revoltierte offen gegen Aiwanger.
Dies war nicht die einzige Merkwürdigkeit an diesem Tag, an dem mit heißer Nadel an Schadensbegrenzung gestrickt wurde.
Franz Schindler (SPD), ausgefuchster Jurist aus der Oberpfalz, schaukelte das Kind trotz der üblichen Schuldzuweisungen zwischen Grünen und CSU in Richtung Plenum, das zu diese Zeitpunkt bereits tagte.
Schindler ist Vorsitzender des zuständigen Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen, und der wartet normalerweise nach seiner Meinungsbildung erst die Einlassungen der mitberatenden Ausschusse ab, bevor er zu seiner Endberatung samt Beschlussempfehlung an das Plenum kommt. Schindler kürzte die Frist für die Mitberatung auf Null und trat "nach einer logischen Sekunde" gleich in die nächste Sitzung, die Endberatung, ein.
So landete das neue Abgeordnetengesetz im Eiltempo rechtzeitig genug im Plenum, um dort gleich verabschiedet zu werden.
Demnach dürfen die Abgeordneten nicht nur keine eigenen Verwandten mehr auf Staatskosten beschäftigen, sondern auch nicht die aller anderen Abgeordneten, jedenfalls bis zum dritten Grad. Diese Regelung soll mögliche Umgehungen nach dem Überkreuz-Prinzip von vornherein ausschließen. Einfach ausgedrückt: Beschäftigst du meinen Bruder, dann stelle ich deine Schwester ein.
Gesetz lässt Fragen offen Damit hat der Landtag, der 13 Jahre lang eine dann missbrauchte Übergangsregelung geduldet hat, gründlich aufgeräumt mit dem Vorwurf, dass Abgeordnete mit dem Geld, das ihnen für die Bezahlung von Mitarbeitern zusteht, die eigene Familienkasse aufbessern. Eine weitere Baustelle aber bleibt: In dem neuen Gesetz spiegelt sich der Wille aller Fraktionen wider, künftig alle Abgeordneten zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte zu verpflichten.
Die Frage allerdings, wie genau dies geschehen soll, beantwortet das Gesetz nicht, und sie wird folglich noch Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen sein.
Als Modell gilt einstweilen die Regelung im Bundestag, nach der sich die Abgeordneten auf einer zehnstufigen Skala, die bei über 250.000 Euro endet, grob verorten müssen. Die Grünen im Landtag aber denken laut darüber nach, eine Transparenz auf Euro und Cent zu verlangen.
Bei einem solchen Eingriff in Persönlichkeitsrechte sind Konflikte vorprogrammiert, denn vor allem Freiberufler, wie etwa Anwälte, werden sich wehren. Schließlich ist Abgeordneter kein Beruf, sondern ein Mandat auf Zeit, das nicht zur Aufgabe der eigenen Profession zwingen kann.
Einstweilen hat der Landtag am Donnerstag schon Sanktionen bei Verstößen gegen die neuen Verhaltensregeln beschlossen: Das Präsidium kann Ordnungsgelder bis zur Hälfte der jährlichen Abgeordnetendiät festsetzen. Das wären, im bayerischen Fall, rund 42.000 Euro.