«Rattenloch», «brennender Höllenschlund»: So redet der US-Präsident über demokratisch regierte Städte, in denen er Soldaten einsetzen will. Geht es ihm darum, Militärgewalt im Land zu normalisieren?
In den USA verschärft sich der Streit um den Einsatz der Nationalgarde auf Geheiß von Präsident Donald Trump - und damit um die Grenzen seiner Macht. Der Republikaner will die militärische Reserveeinheit in mehreren demokratisch regierten Städten einsetzen oder hat es bereits getan - mit der Begründung, angeblich ausufernde Kriminalität einzudämmen und Proteste gegen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE unter Kontrolle zu bringen. Mehrere Städte und Bundesstaaten wehren sich mit juristischen Mitteln. Sie sehen ihre Souveränität verletzt und warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall für den Einsatz militärischer Druckmittel im Inland.
In den USA haben die Gouverneure eines Bundesstaates normalerweise die Kontrolle über die Nationalgarde - nur in Kriegszeiten oder nationalen Notfällen kann der US-Präsident das Kommando übernehmen. Als Teil der US-Streitkräfte kann die Nationalgarde grundsätzlich etwa bei Naturkatastrophen, Unruhen oder Notfällen im Inneren eingesetzt werden.
Einsatz in Chicago scheint bevorzustehen
Laut US-Medien könnten schon bald Nationalgardisten in der Region Chicago eintreffen. Der Versuch des Bundesstaats Illinois und der Millionenstadt, einen solchen Einsatz zu stoppen, blieb zunächst ohne Erfolg: Die zuständige Richterin wolle frühestens am Donnerstag über eine einstweilige Verfügung entscheiden, hieß es in den Berichten.
Die Trump-Regierung hatte angeordnet, rund 300 Nationalgardisten aus Illinois unter Bundeskontrolle zu stellen, um dort Bundesbeamte und Bundeseigentum zu schützen. In Portland im Bundesstaat Oregon wurde ein ähnlicher Einsatz auf Geheiß eines Gerichts vorläufig gestoppt - Ausgang unklar.
Illinois' Gouverneur JB Pritzker erklärte in der Nacht zum Montag, dass Trump zudem 400 Nationalgardisten aus dem republikanisch regierten Texas einberufen habe, um sie in Illinois, in Oregon und andernorts in den USA einzusetzen. Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf Militärkreise, 200 texanische Nationalgardisten sollten am Montag nach Chicago fliegen, um dort im Laufe der Woche ihren Einsatz zu beginnen.
Am späten Abend postete Texas' Gouverneur Greg Abbott auf X ein Foto von Soldaten der texanischen Nationalgarde, die ein Flugzeug besteigen - begleitet von den Worten: «Jederzeit bereit. Jetzt im Einsatz.»
Folgt Trumps Regierung einem «Drehbuch»?
Seit Wochen heizt sich die Stimmung in demokratisch regierten Städten auf, weil Trump damit droht, die Nationalgarde gegen den ausdrücklichen Willen der Kommunen und Bundesstaaten einzusetzen. Kritiker werfen ihm vor, den Einsatz militärischer Gewalt im Innern schrittweise normalisieren zu wollen, um politische Gegner einzuschüchtern. Eine weitere Sorge: Das harte Vorgehen gegen größtenteils friedliche Proteste mit nur vereinzelten Ausschreitungen könnte weitere Unruhen provozieren, anstatt sie einzudämmen.