Ein Branchenverband aus der Türkei will strengere Regeln für die Dönerherstellung. Die EU prüft einen entsprechenden Antrag nun - doch es regt sich massiver Widerstand.
Der Vorstoß eines türkischen Branchenverbands sorgte unlängst für Furore: Sollte es für die Herstellung von Dönerfleisch europaweit einheitliche Regeln geben? Und wenn ja, wie sollten diese aussehen? Über diese Fragen bahnt sich ein unappetitlicher Streit zwischen der deutschen und türkischen Dönerlobby an. Der Internationale Dönerverband (Udofed) hat bei der Europäischen Union nämlich beantragt, Döner auf die EU-Liste mit "garantiert traditionellen Spezialitäten" aufzunehmen.
Sollte dem Begehren stattgegeben werden, müssten Dönerspieße künftig in der gesamten EU nach einheitlichen Regeln hergestellt werden. In Deutschland sind Gastronomie und Fleischproduzenten alarmiert und gehen mit Unterstützung der Bundesregierung gegen den Vorstoß vor. Ein Kritikpunkt: Sollte der Antrag angenommen werden, würde die in der Bundesrepublik übliche Verwendung von Kalb- und Jungrindfleisch sowie von Putenfleisch für die Dönerproduktion illegal werden.
Streit um den Döner - setzen sich die türkischen Antragsteller durch?
Nach dem Antrag aus der Türkei hat Döner nämlich aus Fleisch von mindestens sechzehn Monate alten Rindern oder Keulen- und/oder Rückenfleisch von mindestens sechs Monate alten Schafen zu bestehen. Einzige Alternative wäre demnach Döner aus Hähnchenfleisch, der aus Hähnchenbrust und/oder Hähnchenschenkeln hergestellt werden müsste. Genau geregelt würde zum Beispiel auch, welche Zutaten für die Marinade zulässig sind, wie dick die Fleischscheiben zu sein haben und wie lange mariniert werden muss.
Wie der Streit ausgeht, könnte schon bald entschieden werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat in dem Prüfverfahren zu dem bereits 2022 eingereichten Antrag jüngst die heiße Phase begonnen. Demnach prüft die EU-Kommission seit einigen Tagen als zuständige Behörde die Einsprüche. Wenn sie als zulässig beurteilt werden, würde sie Konsultationen zur Streitbeilegung anordnen. Sollte in diesen keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, müsste sich ein Ausschuss aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten mit dem Fall beschäftigen. Dieser könnte der Kommission dann per Mehrheitsbeschluss vorgeben, ob sie dem Antrag stattgeben soll oder nicht.
Zu den prominenten deutschen Gegnern des türkischen Vorstoßes zählt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. "Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara", kritisiert der Grünen-Politiker im sozialen Netzwerk X. Von einem Ministeriumssprecher heißt es zudem, im Fall einer Annahme des Antrags sei mit spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen für Hersteller und Verkaufsstellen zu rechnen.
"Döner gehört zu Deutschland" - Türkischer Antrag hat prominente Gegner
Neben dem Ministerium haben auch der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) bei der EU Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung von Döner als traditionelle Spezialität eingelegt. Der Dehoga argumentiert ähnlich wie das Ministerium. Wenn dem Antrag stattgegeben würde, hätte dies gravierende Konsequenzen für gastronomische Betriebe wie Verbraucher: "Die Folgen wären notwendigerweise neue Bezeichnungen für Dönergerichte, damit verbundene Unklarheiten und Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten." Klar ist etwa, dass es keine Gemüsedöner mehr geben dürfte.
Gleichzeitig gilt: Die Fortsetzung der Produktion in Deutschland wäre kein Problem. Im Gegensatz zum EU-Siegel "geschützte Ursprungsbezeichnung", das zum Beispiel dafür sorgt, dass Champagner nur in der französischen Weinbauregion Champagne hergestellt werden darf, ist das EU-Siegel "garantiert traditionelle Spezialität" deutlich schwächer. So ist nach Angaben der Bundesregierung der Produktionsprozess an kein Gebiet gebunden und entscheidend ist allein, dass dem traditionellen Rezept oder Herstellungsverfahren gefolgt wird. Zu dieser Kategorie zählen bislang etwa Heumilch oder Pizza Napoletana. Nicht betroffen vom Antrag ist zudem die Zubereitung von Dönergerichten. So würde beispielsweise nicht geregelt, was für Salat und welche Soße in eine Dönertasche kommen.