Für ihn und Klaus Hempel war klar: Es braucht eine Neu-Ausrichtung. Also kontaktierten sie Lennart Johansson, den damalig frisch gewählten Präsidenten der UEFA, der zur großen Überraschung des Duos bei einem gemeinsamen Abendessen verriet: Er wolle den Europapokal der Landesmeister reformieren. Die Vereine seien damals nicht glücklich mit dem Wert des Wettbewerbs gewesen, der von 1955 bis 1992 den Vorgänger der Champions League darstellte. Hier trafen die Meister der europäischen Ligen von Anfang an in K.-o.-Runden aufeinander - wodurch die großen Klubs aber eben auch schon direkt ausscheiden konnten.
Wie die Champions League beinahe Europa League hieß - und die Hymne zunächst nicht gut ankam
Schon damals sei daher unter dem früheren AC-Mailand-Präsidenten Silvio Berlusconi die Idee einer Super League aufgekommen, in der die großen Klubs in einer eigenen Liga gegeneinander antreten sollten. "Die UEFA war drauf und dran, die Kontrolle über den europäischen Klub-Fußball zu verlieren", kennt Klaus Hempel die Bedrohung für den Fußballverband durch ein solches System. Die Rettung? Eben jene beiden deutschen Sportvermarkter, Klaus Hempel und Jürgen Lenz, die ein von der UEFA vorgelegtes Konzept eines neuen Wettbewerbs mit ihrer Marketing-Expertise zu einem Mega-Erfolg entwickeln sollten - innerhalb von nur drei Wochen.
Während eines gemeinsamen Fitness-Urlaubs erfanden Jürgen Lenz und Klaus Hempel das Konzept, das wir heute als Champions League kennen - und auch diesen klangvollen Namen. Beinahe hätte der Wettbewerb "Europa League", "Super Cup" oder auch "Champions Tour" geheißen. Doch es sollte letztlich die "Champions League" sein. Weiter ging es mit dem Emblem, der legendären Hymne, aber auch so etwas heute Selbstverständlichem wie den einheitlichen Anstoßzeiten. Denn die waren zu jener Zeit ein völliges Durcheinander. Damals entschieden noch die einzelnen Vereine, wann sie gerne anfangen würden ...
Und die Hymne? "Als ich die das erste Mal gehört habe, dachte ich: Also so richtig alle Tassen im Schrank habt ihr nicht mehr, oder?", lacht Kommentatoren-Ikone Marcel Reif. Inzwischen ist der dreisprachige Champions-League-Song - der sich laut Hempel und Lenz an "Hallelujah" von Georg Friedrich Händel orientieren sollte - längst nicht mehr wegzudenken. Selbst die größten Stars fiebern auf diesen Moment vor dem Spiel hin. "Ich war ein bisschen enttäuscht, weil das Lied nicht so laut war, wie im Fernsehen", erinnert sich Ex-Bayern-Profi Robert Lewandowski in der ZDF-Doku an sein erstes Hymnen-Erlebnis auf dem Platz zurück.
Widerstände gab es so einige. Die musikalisch klassische Hymne gefiel der Popmusik gewohnten Fußballwelt anfangs nicht, die Engländer beschwerten sich über die einheitlichen Anstoßzeiten mitten in ihrer Rushhour - und doch gab die UEFA 1992 dem deutschen Duo das Recht, die Champions League nach dem von ihm entwickelten Konzept zu vermarkten. Mit vollem Erfolg, wie heutzutage jeder Fußball-Fan weiß. Mit ihrer Idee haben Jürgen Lenz und Klaus Hempel eine Bühne für die größten Duelle und Stars im Fußball geschaffen, die vor Kultstatus nur so strotzt - sei es durch das Emblem, die Hymne oder den Henkelpott. Und doch gibt es ein kleines Aber ...
"Damit habe ich ein Problem": Champions-League-Erfinder ärgern sich über neuen Modus
Denn exakt so, wie sich Lenz und Hempel das Turnier überlegt hatten, existiert es inzwischen nicht mehr. Im vergangenen Jahr änderte die UEFA die Vorrunden-Gruppenphase in ein Ligasystem, das an die Idee eben jener zuvor abgewehrten Super League erinnert, und stockte die Teilnehmerzahl auf 36 Teams auf. Ein neuer Modus, der Lenz und Hempel überhaupt nicht gefällt, wie sie in der ZDF-Doku klarstellen.
"Man hat wenig Einfluss auf die Entwicklung seiner Kinder. Klaus und ich hatten immer das klare Konzept, weniger ist mehr. Wir wollten gerne 24 Mannschaften aus Europa sehen, die sich qualifiziert hatten für den obersten Wettbewerb", wird Jürgen Lenz deutlich. Und Klaus Hempel stimmt zu: "Die Tatsache, dass es noch mehr Mannschaften und vor allen Dingen, dass es noch mehr Spiele sind, damit habe ich ein Problem. Inflation führt zu Werteverlust."
Die komplette ZDF-Doku "Trophy Men - Die Erfindung der UEFA Champions League" wird am Samstag, 31. Mai, um 23.45 Uhr im ZDF ausgestrahlt und ist ab sofort auf der ZDF-Streamingplattform zu sehen.