Bibi und Moritz in der Haubenhölle

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Tatort: Messer
Die Wiener Buddies Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermitteln am China-Imbiss. Ihr "Tatort: Messer" spielt allerdings am anderen Ende des gastronomischen Anspruchsdenkens. Der Chef des Sterne- oder Haubenrestaurants "Efeukron" wurde erstochen. In seiner Küchenbrigade finden sich viele Verdächtige.
ARD Degeto Film/ORF/Hubert Mican
Tatort: Messer
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser, zweite von links) befragen die Frau des Opfers. Alicia Brauer (Martina Ebm) ist auch Geschäftsführerin des Restaurants ihres Mannes.
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Tatort: Messer
Eine Küchenmannschaft unter Druck: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer, links) befragt Sous-Chef Lars Eidmann (Simon Morzé).
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Tatort: Messer
Ex-Junkie "Ratte" (Manuel Sefciuc, links) wurde von seinem Halbbruder Lars Eidmann (Simon Morzé), einem kommenden Küchenstar, bei sich zu Hause aufgenommen. Auch einen Job in der Küche hat er dem Rekonvaleszenten besorgt.
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Tatort: Messer
Sie arbeiteten in der Küche des Opfers: : Mohammed (Tamim Fattal, links), Bernd (Aleksander Srtschin) und Lisa (Lisa Schützenberger), die Chef de Partie fürs Fleisch.
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Tatort: Messer
Auf dem Dach, da entstehen in Wien freie Gedanken: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und ihre Assistentin Meret Schande (Christina Scherrer) tauschen sich auf der "Terrasse" ihrer Dienststelle aus.
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Tatort: Messer
Der Gangster, dem die Polizistin vertraut: Bibi-Freund Inkasso Heinzi (Simon Schwarz) wird von der Ermittlerin mal wieder um Rat gefragt.
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Tatort: Messer
Besuch im Gefängnis: Inkasso Heinzi (Simon Schwarz) wird von Bibi Fellner (Adele Neuhauser) um Rat gefragt. Es geht nicht um einen Fall, sondern um eine Lebensentscheidung.
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Tatort: Messer
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) fahren schweres Gerät auf, um ihren Mörder zu finden. Tatsächlich traut man der Küchenbrigade des Opfers - das auch kein Kind von Traurigkeit war - jegliches Verbrechen zu.
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Tatort: Messer
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermitteln im "Tatort: Messer" in der Gastro-Szene. Die Küchenbrigade des Ermordeten - einem Sternekoch - wirkt wie ein sehr gefährliches Ensemble potenzieller Täter.
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Im Wiener "Tatort: Messer" liegt der Chef eines gefeierten Restaurants tot vor seiner Wohnung. Als Tatwaffe kommt für Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ein Küchenmesser infrage. Tatsächlich wirkt die "Brigade" des toten Sternekochs wie eine Hölle auf Erden.

Das Schwein ist tot. Nicht nur in der Küche ein Normalzustand, sondern auch in der fiesen Küchenbrigade unter der Fuchtel von Sternekoch André Brauer (Daniel Keberle) offenbar eine Option. Der Chef des Wiener Gastrotempels "Efeukron" wurde vor seiner Wohnung erstochen. Im Wiener "Tatort: Messer" ist es das tragische Ende einer Nacht, in der Brauers Küchenbrigade feiern war. Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermitteln im persönlichen Umfeld des Opfers, dessen Leben aus Arbeit und Exzess bestand. Seine Frau Alicia Brauer (Martina Ebm) ist Geschäftsführerin des Restaurants. Auch der junge, sehr talentierte Sous Chef Lars Eidmann (Simon Morzé) wirkt wie jemand, der etwas verbergen könnte. Immerhin kümmert sich Lars um seinen Halbbruder und Ex-Junkie "Ratte" (Manuel Sefciuc), den er bei sich aufgenommen und dem er auch einen Job in der Küche besorgt hat.

Moritz und Bibi wundern sich darüber, wie heftig innerhalb der streng hierarchisch organisierten Küchenbrigade gefeiert wurde. Wie kommt es, dass man nach einer anstrengenden Schicht noch die Kraft dazu hat? Aha, es sind Drogen im Spiel, erfährt man. Für den Kick beim Kochen gehört offenbar Substanzmissbrauch dazu. Die eigentliche Droge, so versichert die Belegschaft, ist jedoch die Küche selbst.

Drehbuchautorin Sarah Wassermair, die schon die starke Wiener Folge "Tatort: Azra" (2023) schrieb, hat gemeinsam mit Regisseur Gerald Liegel ("Tatort: Alles was Recht ist") einen Gegenentwurf zur populären und vielfach preisgekrönten Küchenserie "The Bear" erschaffen. Bei "The Bear" (Disney+), das die Küchenmannschaft eines Restaurants in Chicago begleitet, wird zwar viel geschrien - trotzdem ist das porträtierte Küchenteam ein Haufen von (nicht immer einfachen) Sympathieträgern. Ganz anders verhält es sich im Wiener "Tatort".

Das Scharadespiel der toxischen Küchengemeinschaft

"Sexuelle Belästigung in der Gastro ist wie Zwiebel schneiden oder Fritteuse putzen", erfährt Moritz Eisner aus dem Mund einer Köchin. Offenbar fand in André Brauers Gastrotempel Missbrauch auf allen Ebenen statt: Man konsumierte Drogen und Mitarbeiter. Man erpresste, unterjochte und quälte einander, wenn es Hierarchie und sonstige Machtverhältnisse hergaben. Man log und betrog sich. All das war selbstverständlich im Wespennest der Hauben- und Sternejagd. "Warum tut man sich das an?", fragt Eisner seine Gesprächspartnerin. "Wegen der Perfektion", sagt die Chef de Partie fürs Fleisch. "Einmal habe ich es geschafft", sinniert die Köchin - und wirkt auf einmal wie im Himmel. Dass die Tatwaffe des Krimis eines der sündhaft teuren Küchenmesser der Belegschaft ist, dürfte ein weiteres Indiz dafür sein, dass der Täter oder die Täterin aus dem Umfeld der Küche kommt. Schaffen es Moritz und Bibi, das Scharadespiel der toxischen Küchengemeinschaft zu durchschauen?

Dass eine Gourmetküche in jeglicher Hinsicht "personalintensiv" ist, weiß man aus Dokus, Filmen und Serien. Es handelt sich um ein stressiges Arbeitsumfeld. Eines, in dem man nicht gerade achtsam miteinander umgeht. Auch wenn kaum jemand die teils rauen Sitten in der Küche bestreitet: Dieses Wiener Küchenensemble samt der Geschichte, die darum gestrickt wurde, wirkt zu behauptet und konstruiert, als dass man den Figuren ihre Positionen und Handlungen abnehmen würde. Der Krimi wirkt einfach nicht richtig gut ausgedacht, selbst wenn er keine groben Schnitzer in Logik und Erzählweise macht. Die Figuren bleiben einem trotz starker Schauspieler wie dem 29-jährigen Simon Morzé (Deutscher Filmpreis 2024 als Darsteller für "Der Fuchs") oder Martina Ebm ("Vorstadtweiber") irgendwie fremd.

Hinzu kommt eine unmotiviert wirkende Krise Bibis, die darüber nachdenkt, wegen Burnout-Prophylaxe ihren Job zu wechseln - was Moritz in eine tiefe Krise stürzt. Worüber sich wiederum Bibi schwere Gedanken macht und sogar ihren Kumpel Inkasso Heinzi (Simon Schwarz) im Knast besucht, um ihn um Rat zu fragen. Die tiefe, reife Freundschaft der Ermittler war schon öfter im Wiener "Tatort" Anlass wunderbarer Szenen zwischen Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser. Im recht durchschnittlich geratenen neuen Fall des ORF kommt jedoch kein neues Highlight dazu.

Tatort: Messer - So. 13.04. - ARD: 20.15 Uhr