Der Controller der neuen Xbox One dürfte ähnlich gut in der Hand liegen, wie der 360-Controller. Foto: dpa
Die neue Spiele-"Kiste" von Microsoft: schlicht, schwarz, elegant. Vor allem der neue Controller und die verbesserte Kinect-Steuerleiste der Xbox One haben Fans direkt überzeugt. Foto: dpa
Der Controller der neuen Xbox One dürfte ähnlich gut in der Hand liegen, wie der 360-Controller. Foto: dpa
Die neue Xbox One. Foto: dpa
Die neue Xbox One. Foto: dpa
Don Mattrick, Präsident von Microsofts Interactive Entertainment Sparte, präsentiert die neue Xbox One. Foto: dpa
Das ist sie also. Die neue "Xbox One", die Entertainment-Geheimwaffe von Microsoft. Schlicht, schwarz und elegant soll sie wirken. Mit ihrem etwas klobigen Design legt sie jedoch eher den Charme eines Hi-Fi-Verstärkers an den Tag, samt "pflegeleichter" Klavierlackoptik. Laut Microsoft wird mit der neuen Konsole wieder einmal alles noch besser. Doch ein Blick auf die Fakten offenbart Frustpotenzial.
Die Enthüllung der nächsten Konsolengeneration von Microsoft wird einen Tag nach der Reveal-Veranstaltung im Netz heiß diskutiert. Dabei scheint sich unter Spielern vor allem ein Eindruck zu festigen: Die "Xbox One" kann alles, was die alte "360" auch schon konnte - nur eben ein ganz klein wenig besser. Doch reicht das, um der neue Konsolenplatzhirsch in deutschen Wohnzimmern zu werden?
Auf den ersten Blick punktet die neue "One" mit sinnvollen Neuerungen. Flottere Rechenleistung (x86-basierte 64-Bit-CPU mit 8 Kernen), besserer Grafikmotor - vorhersehbare Kost. Dazu kommen eine große Festplatte (500 GB) und 8 GB Arbeitsspeicher. Dass Microsoft mit einem Blu-ray-Laufwerk nun endlich im HD-Zeitalter angekommen ist, kann man - rückblickend auf das HD-DVD-Desaster der "360" - nur begrüßen. Dennoch ist das alles nichts wirklich Neues. Die alte "Playstation 3" hat sich längst als Blu-ray-Player etabliert. Günstige Abspielgeräte für die HD-Scheibchen gibt es im Elektromarkt um die Ecke mittlerweile schon für unter 100 Euro - bislang also keine wirklichen Argumente für die Anschaffung einer "Xbox One".
Gesten und Sprache
Dass sich "die Neue" von Microsoft vor allem als unterhaltsame, eierlegende Wollmilchsau versteht, dürfte vor allem unter den sogenannten "Core-Gamern", der Kernzielgruppe, für Skepsis sorgen. Erste enttäuschte Stimmen im Netz sprechen Bände. Zu viel Wert habe Microsoft-Entertainment-Chef Don Mattrick in seiner Präsentation auf die Synthese von TV, Internet, Musik und Spielen gelegt. Fernsehen gesteuert über Sprachsteuerung? Hotlist der Lieblingsserien auf Abruf? Fraglich sei vor allem, ob die beim Reveal gezeigten TV-Angebote so außerhalb der USA überhaupt funktionieren werden oder ob deutsche Kunden wieder einmal Abstriche in Kauf nehmen müssen.
Nicht bestreiten lässt sich, dass Microsoft durch die als "Kinect 2.0" bezeichnete, aufgefrischte Sprach- und Gestensteuerung beeindruckende Pfade beschreitet. Pfade, die man so am ehesten noch von Apple erwartet hätte. Doch auch die bessere Stimmerkennung, die 1080p-Kamera mit 30 Bildern pro Sekunde und die höhere Präzision von "Kinect 2.0" lassen "Core-Gamer" zunächst kalt, galt "Kinect" unter dieser Käuferschicht doch bislang bestenfalls als nettes bis leicht störendes Gimmick. Ganz zu schweigen davon, dass sich Verbraucherschützer bald Gedanken darüber machen dürften, was Microsoft mit den gesammelten Videodaten - quasi dem Blick ins Wohnzimmer der Kunden - anstellt.
Noch mehr schlechte Nachrichten für die Kernzielgruppe
Dass die "Xbox One" ein echter Schlag ins Gesicht für alle "Core-Gamer" ist, zeigt sich in erster Linie beim heiklen Thema Kompatibilität. Hier erlaubt sich Microsoft nicht nur einen schmerzhaften Patzer. Nicht nur, dass die "One" in Sachen Abwärtskompatibilität versagt und alte 360-Spiele schlicht nicht abspielen wird - auch dem Tausch- und Gebrauchtmarkt will Microsoft einen Riegel vorschieben. Die Spiele-Blu-ray verkommt zum reinen Installationsmedium - einmal auf die Festplatte der "One" gebannt, ist sie nur noch nette Dekoration, bestenfalls Sicherungskopie. Doch die Scheibe einfach an Freunde verleihen, weiterverschenken oder tauschen ist nicht - jeder neue Besitzer muss, so die Pläne von Microsoft, eine Art Berechtigung zur Installation erwerben, da das Trägermedium de facto mit dem Profil des Erstbesitzers verbandelt ist. Wie hoch diese "Schutzgebühr" ausfallen wird, ist noch nicht bekannt - jüngsten Aussagen von Microsoft-Mitarbeitern zufolge könnte sogar der Vollpreis des Spiels fällig werden. Das würde im Grunde das Aus für den Gebrauchtmarkt bedeuten.
Dass alte 360-Controller trotz ähnlichem Design und nahezu identischer Funktionalität nicht mit der neuen Konsole harmonieren, war zwar vorhersehbar, doch hätte Microsoft hier ein kleines, sinnvolles Zeichen setzen und unter "Core-Gamern" punkten können. Chance vertan. Wer zu Zweit an der gleichen Konsole zocken möchte, muss also erneut tief in die Tasche greifen und Zubehör kaufen.
Eine Herzenssache
Dass die "Core-Gamer" einmal mehr über Erfolg oder Misserfolg der Konsole entscheiden werden, müsste Microsoft eigentlich klar sein. Nur wenige "Normales" werden direkt zum Verkaufsstart der Konsole den vollen Preis bezahlen, zumal diese Zielgruppe mit der vergleichsweise günstigen Wii von Nintendo oder einem abgespeckten 360-Kinect-Bundle ohnehin schon gut oder sogar besser bedient ist. Die "Core-Gamer" werden es sein, die den Startpreis für das Luxusgut "One" bezahlen und auch die Vollpreistitel für sicher jenseits der 60 Euro in Kauf nehmen.
Die Einführung einer neuen Konsolengeneration steht und fällt nicht zuletzt mit den eigentlichen Games. Schon der Kampf zwischen Playstation 3 und Xbox 360 hat gezeigt: Eine "bessere" Konsole gab es nie. Es gab lediglich die Konsole mit den besseren Spielen, die zudem früher verfügbar waren. Ein "Halo" oder ein "Gears of War" gehörten seinerzeit unbestritten dazu.
Mit welch innovativen Release-Titeln die "One" zum Start aufwarten wird, steht indes noch in den Sternen. Noch halten sich die Entwicklerstudios größtenteils bedeckt. Und während das vielversprechende "Watch Dogs" einzig als helles Licht am Ende des Spieletunnels Neues und Aufregendes prophezeit, gibt es andernorts leider ebenfalls nur "bekannte" Kost. Mit Aufgüssen und Sequels à la "Fifa 14", "Forza 5", "Madden NFL 25" oder dem x-ten "Call Of Duty" lassen sich selbst "Core-Gamer" heutzutage eben nur noch bedingt begeistern.