Greenpeace zeigt Staatsanwaltschaft an
Gegenüber "Report Mainz" äußerte sich der Betreiber so: Er bemühe sich stets, die Gesetze einzuhalten. Sollte der Gesetzgeber Veränderungen wünschen, werde man dem nachkommen. Für Greenpeace ist die Einstellung des Verfahrens unverständlich. Die Organisation hat jetzt die Staatsanwaltschaft Gera wegen Untätigkeit angezeigt.
Greenpeace-Sprecherin Stephanie Töwe sieht in diesem und auch in anderen Fällen ein Muster: "Da zeigt sich ganz eindeutig, dass dieser Fall in Gera eben kein Einzelfall ist, sondern es ist sehr erkennbar, dass es bei den Staatsanwaltschaften ein Argumentationsmuster gibt, was sich ähnelt, und dass ganz oft eben nicht objektiv weiterermittelt wird, sondern sofort eingestellt wird."
Ferkel durch Aufschlagen auf den Boden getötet
Greenpeace ließ insgesamt acht Einstellungsbescheide in Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz untersuchen. Ein Beispiel: In einem Betrieb wurden Ferkel durch Aufschlagen auf den Boden getötet. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass die Ferkel durch das Aufschlagen auf den Boden wahrscheinlich erheblich und langanhaltend litten. Dies sei jedoch durch die Bilder nicht zweifelsfrei zu belegen. Ob die Tiere ohne vernünftigen Grund getötet wurden, könne er nicht beurteilen. Auch dieses Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.
Für den Mannheimer Strafrechtsprofessor Jens Bülte ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar. Er erklärt im Interview mit "Report Mainz": "Also zu sagen, ich kann das nicht feststellen, da macht die Staatsanwaltschaft es sich sehr leicht. Wenn die Tötung des Tieres zu einem erheblichen Leiden führt - selbst wenn die Tötung als solche möglicherweise aus einem vernünftigen Grund geschieht - bleibt das eine Straftat."
Grobe juristische Fehler bei Tierschutzverfahren?
Der Strafrechtler hat unabhängig von der Greenpeace-Studie rund 40 staatsanwaltschaftliche Einstellungsbescheide untersucht. Sein Fazit: "Es kam in keinem einzigen Fall zu einer Anklage. Von sieben oder acht Bescheiden kann ich sagen, dass sie grobe juristische Fehler aufweisen. Ich glaube, dass Straftaten nicht so verfolgt werden, wie sie verfolgt werden müssten. Die Staatsanwaltschaft hat bei einem Anfangsverdacht zu ermitteln. Und im Tierschutzstrafrecht wird der Anfangsverdacht bei Unternehmen viel höher gehängt, die Hürden viel höher gehängt als in anderen Bereichen der Kriminalität. Und wenn dann ermittelt wird, dann werden diese Ermittlungen nach meinem Empfinden, nach meinen Recherchen nicht ernsthaft betrieben in vielen Fällen."
Die Hamburger Rechtsanwältin Davina Bruhn ergänzt: "Die Auswertung der Einstellungsbescheide erweckt den Eindruck, Staatsanwaltschaften würden nicht als neutraler Vertreter der staatlichen Strafverfolgung tätig werden, sondern ihre eigenen Wertvorstellungen bzw. (unbewusst) die wirtschaftlichen Interessen der Agrarlobby über das geltende Recht stellen."