Hunde, Katzen und andere Tiere vegetieren zusammengepfercht in kleinsten Wohnungen qualvoll dahin: Die Zahl der Fälle von krankhaftem Tiersammeln steigt. Aber Mittel und Therapien gibt es kaum.
Der Gestank muss wieder und wieder bestialisch sein. Wenn Tierärzte die Türen öffnen, wenn ihnen das Ammoniak in der Nase beißt und es ihnen entgegenwimmert, wenn es aus der einen Ecke der oft stickigen und engen Wohnung raschelt und aus der anderen bellt. Immer wieder kommt es vor, dass massenweise Katzen oder Hunde, Vögel, Kaninchen und sogar Pferde aus dem Besitz völlig überforderter Halter, aus voll gestellten Wohnungen oder von verschlammten Koppeln gerettet werden müssen.
Die Fälle pathologischen Hortens von Tieren (englisch: animal hoarding) - meist aus falsch verstandener Tierliebe, aus Überforderung oder auch aus Profitgier - nehmen Jahr für Jahr zu. Nach Angaben des Deutschen Tierschutzverbandes zeichnet sich ab, dass im vergangenen Jahr so viele Wohnungen und Häuser ausgeräumt wurden wie nie zuvor.
Dabei war nach Verbandszahlen bereits im Jahr zuvor mit 73 Fällen ein Höchststand erreicht worden. Offizielle Statistiken gibt es nicht. Aber die Dunkelziffer ist auch gewaltig, weil sich die Halterinnen und Halter zurückziehen. Die Mittel gegen die krankhaften Animal Hoarder? Überaus dürftig. Die Hilfsangebote für die oft krankhaft süchtigen Tiersammler? Ebenfalls.
Bis zu 1500 Farbratten
Fälle sorgen immer wieder für Schlagzeilen: So werden in Wissen im Westerwald über mehrere Tage bis zu 1500 Farbratten aus einem Haus geholt. Das Tierheim in Gießen musste im vergangenen Jahr laut Tierschutzbund gleich zehnmal größer aushelfen, darunter bei mehr als einem Dutzend französischer Bulldoggen und Mischlingen, die zum Teil in Holzkisten ohne Decke in einem Pferdestall gehalten wurden. In Südhessen wurden mehr als 80 Katzen und zwei Kaninchen beschlagnahmt. Und allein im Januar griffen Tierschützer des ältesten deutschen Tierheims in Stuttgart schon bei vier größeren Notrufen zu.
Für Aufsehen sorgte zuletzt Mitte Januar der Stuttgarter Fund von 68 Chihuahua-Rassehunden einer überforderten Züchterin, die meisten eingepfercht auf engem Raum, zum Teil in gestapelten Transportboxen. «Es roch beißend nach Urin, die Krallen waren viel zu lang, die Tiere waren teils apathisch», sagt Petra Veiel vom Stuttgarter Tierheim. Wenige Wochen zuvor wurden in Freiburg mehr als 70 Katzen aus einer voll gestellten Wohnung gerettet. Die Tiere waren nicht kastriert, sie reagierten panisch. Viele der überaus scheuen Katzen tragen das Herpes-Virus. Sie werden sich nach Einschätzung des Tierheims nur schwer vermitteln lassen.
Das ist bei den Stuttgarter Chihuahuas nicht der Fall. «Auf einen der Hunde kommen derzeit 15 bis 20 Interessenten», sagt Veiel. Noch ist dem einen oder anderen kleinen Vierbeiner anzusehen, was er durchgemacht haben könnte. Einer von ihnen hockt verstohlen in der Ecke, der andere schmiegt sich immer wieder an eine zerfetzte Spielpuppe, ein Dritter hat überzüchtete Glupschaugen, die fast aus dem viel zu kleinen Schädel zu springen scheinen.
«Stress pur» für die Tiere
«Solche Situationen sind natürlich für die Tiere Stress pur», sagte Thomas Stegmanns, der Leiter des Stuttgarter Veterinäramts. Tierhalter seien zunehmend überfordert nach dem Spontankauf eines Hundes oder einer Katze. «Viele haben einfach keine Ahnung, was sie machen müssen.» Die Situation trifft auf personell angeschlagene Behörden. «Wir machen hier nur noch Feuerwehr», sagt Stegmanns.