Welches Handynetz ist für mich das beste - von der Telekom, von Vodafone oder von O2? Diese Frage stellen sich Verbraucher hin und wieder. Künftig können sie die Liste um eine Option erweitern.
Sieben Jahre nach dem Aus von E-Plus hat Deutschland wieder ein viertes Handynetz. Die Telekommunikationsfirma 1&1 schaltete am heutigen Freitag offiziell ihre mobilen Dienste frei. «Das ist ein großer Tag für uns», sagte Firmenchef Ralph Dommermuth in Montabaur. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lobte das Unternehmen als Innovationstreiber. 1&1-Neukunden werden nun mit dem Netz der Firma verbunden. Allerdings besteht das Netz vorerst nur aus sehr wenigen Antennenstandorten, Ende September waren es 60. Zum Vergleich: O2 hat mehr als 28.000. Dort, wo 1&1 keine eigenen Antennen hat, werden die Kunden mit dem Netz von O2 verbunden.
Bisher gibt es in Deutschland Handynetze der Telekom, von Vodafone und von Telefónica Deutschland mit seiner Marke O2. Außerdem gibt es sogenannte virtuelle Netzbetreiber, die für ihr Mobilfunkgeschäft Kapazitäten der etablierten Anbieter nutzen und dafür Miete zahlen. So ein virtueller Netzbetreiber ist die United-Internet-Tochter 1&1 bisher gewesen. 2019 entschied sich Firmenchef Dommermuth aber dafür, auf eigenen Beinen zu stehen und an einer Frequenzauktion teilzunehmen. Die Firma ersteigerte Nutzungsrechte für 1,1 Milliarden Euro, um auf gewissen Frequenzen selbst funken zu dürfen. Bis 2030 plant die Firma mit insgesamt 5 Milliarden Kosten für das Netz.
Schleppender Netzausbau
Der Netzausbau von 1&1 kam erst spät in die Gänge, wegen einer deutlichen Verzögerung droht der Firma ein Bußgeld. Nach den Schwierigkeiten beim Ausbau soll dieser im kommenden Jahr Fahrt aufnehmen. Laut Auflagen der Bundesnetzagentur müssen die Antennen des Unternehmens bis Ende 2025 mindestens 25 Prozent der deutschen Haushalte erreichen und bis Ende 2030 mindestens 50 Prozent, dies wäre Firmenangaben zufolge mit 12.600 Antennenstandorten machbar. Die restlichen Haushalte sollen mit Roaming Netz bekommen.
Deutschland hatte lange Zeit vier Handynetze, 2014 übernahm O2 aber den Konkurrenten E-Plus. Die Zusammenlegung der Netze erfolgte schrittweise bis 2016. Danach waren es nur noch drei Handynetze, nun sind es wieder vier.
Wer schon jetzt 1&1-Kunde ist, für den ändert sich zunächst nichts. Denn mit dem Netzstart haben zwar Neukunden Zugriff auf die Antennen, der Bestand an den rund 12 Millionen Vertragskunden wird hingegen erst schrittweise bis Ende 2025 auf das neue Netz umgebucht. Im Sommer oder Herbst 2024 greift zudem ein Vodafone-Vertrag zum National Roaming, also zur Funkverbindung abseits der 1&1-Standorte. Das heißt, vereinfacht gesagt: Wo heute 1&1 drauf steht, ist viel O2 drin. Und künftig wird viel Vodafone drin sein.
Beginn als Festnetzersatzprodukt vor einem Jahr
Um einer staatlichen Vorschrift Genüge zu tun, hatte 1&1 seine wenigen Antennen schon vor Ende 2022 für ein Festnetz-Ersatzprodukt in Betrieb genommen: Haushalte in der Nähe der Standorte konnten Mobilfunk bekommen und brauchten daher keinen Festnetzvertrag. Wer mit seinem Smartphone an den Antennen vorbei lief, wurde aber nicht verbunden. Der Handynetz-Start wurde zunächst für das Sommerquartal 2023 geplant, dann aber verschoben. Nun ist es so weit.
Zu der Feier am Freitag in Montabaur kam Bundesminister Wissing. Er war voll des Lobes über das Unternehmen aus dem Bundesland im Südwesten Deutschlands. «Je mehr Netzbetreiber wir haben, je mehr investiert wird in unsere digitale Infrastruktur, umso besser ist es für die digitale Gesellschaft», sagte der Liberale und wies auf das Ziel der Bundesregierung hin, dass Deutschland bis 2030 eine Vollversorgung mit dem Funkstandard 5G hat. Hierfür sei mehr Wettbewerb und damit auch mehr Innovation gut, sagte Wissing.