Wenige Wochen bei Leber oder Lunge, viele Monate beim Herz: Die Wartezeiten auf ein Organ sind eine Belastung für die Patienten und Angehörigen.
Prof. Dr. Michael Weyand, Sprecher des Transplantationszentrum Erlangen-Nürnberg am Universitätsklinikum Erlangen, erklärt im Interview mit dieser Zeitung Hintergründe zu Transplantation und Wartezeit auf Organe.
Welche Organe können transplantiert werden und wie lange ist die Wartezeit? Prof. Dr. Michael Weyand: Folgende Organe können derzeit transplantiert werden: Herz, Leber, Niere, Lunge, Bauchspeichelsdrüse, Dünndarm, Hornhäute und vereinzelt auch Knochen im Sinne von Geweben. Eine Gebärmuttertransplantation wurde bereits in Schweden und auch in Deutschland durchgeführt - ist aber noch weit von einer tatsächlichen klinischen Routineeinführung entfernt.
Gibt es Organe, die häufiger "zu haben" sind und andere, auf die man länger warten muss bzw. sie vielleicht nie bekommt? Ja. Nahezu keine Wartezeit gibt es bei Hornhäuten. Die zweithäufigsten transplantierten Organe sind die Nieren, hier hängt die Wartezeit von der sogenannten Immunisierung der Patienten ab. Diese Immunisierung ist ein Ausdruck der reaktiven Abwehrbereitschaft des Empfängerorganismus gegen ein fremdes Organ. Aufgrund von häufigen Dialysen und Bluttransfusionen, wie sie bei Nierenkranken in der Regel der Fall sind, steigt diese Immunisierung an, davon abhängig wird die Überprüfung der Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger immer komplizierter und somit die Organübertragungsmöglichkeiten immer eingeschränkter.
Für die Leber beträgt die Wartezeit derzeit je nach Krankheitszustand des Patienten, das heißt, je nach Schwere der Erkrankung Wochen bis wenige Monate. Gleiches gilt in etwa für die Lunge. Für das Herz dagegen, welches in der Bundesrepublik zu über 80 Prozent an sogenannte hochdringende Empfänger vergeben wird (diejenigen befinden sich auf einer Überwachungs- oder Intensivstation in Krankenhäusern), beträgt die Wartezeit in Abhängigkeit von der Blutgruppe etliche bis viele Monate. Manchmal auch über ein Jahr hinaus.
Was macht die Wartezeit mit den Patienten und Angehörigen? Gerade im Fall der Herzen stellen die Umstände dieser langen Wartezeit auf einer Intensivstation mit permanenter Kreislaufüberwachung und ständiger Gabe von kreislaufstabilisierenden Medikamenten intravenös eine hohe psychische Belastung dar. An dieser Stelle ist ein erheblicher sozialer und kommunikativer Support seitens der betreuenden Pflegenden und Ärzten und Physiotherapeuten verlangt. Unterstützend werden an dieser Stelle, wenn möglich und vorhanden, andere Sozialkräfte, wie Sozialarbeiter oder Psychologen oder, in unserem Falle insbesondere Seelsorger erfolgreich eingesetzt.
Wie ließe sich das Problem des Organspendermangels lösen? In meinen Augen lässt sich das bundesweite Problem des Organspendermangels nur durch die Umsetzung der bereits geplanten Gesetzesänderung des Transplantationsgesetzes, welches in Krankenhäusern mit Intensivstationen verpflichtend sogenannte Transplantationsbeauftragte verlangt, in Verbindung mit der Einführung einer Widerspruchsregelung lösen. Nur durch die Einführung der Widerspruchsregelung bekommen in Zukunft die Transplantationsbeauftragten die Möglichkeit, einen Hebel bei potentiellen Organspendern anzusetzen und eine intensive Therapie im Sinne einer organerhaltenden Therapie bei einem irreversiblen Ausfall aller Hirnfunktionen durchzuführen.
Die Fragen stellte Irmtraud Fenn-Nebel