Die Stiftung Warentest untersuchte 20 abgepackte Hähnchenschenkel. Ernüchterndes Ergebnis: Die meisten enthielten Keime und Bakterien, nur fünf bekamen das Testurteil "gut".
Die Testkäufer hatten alles richtig gemacht: Sie sollten Hähnchenschenkel aus dem Kühlregal besorgen und ins Labor transportieren, ohne die Kühlkette zu unterbrechen. Schon diese Bedingung wird von den meisten Verbrauchern beim Einkauf von gekühlten Produkten nicht beachtet. Doch selbst die durchgehende Kühlung bei vier Grad half in diesem Fall nichts: Frische Hähnchenkeulen sind oft stark mit Keimen und Bakterien belastet. Zu diesem Ergebnis kommt die Stiftung Warentest nach einer Untersuchung von Produkten aus verschiedenen Supermärkten und Discountern (Heft 10/2013).
Fleisch könnte schon vor dem Verfallsdatum verdorben gewesen sein Getestet wurden 20 fertig abgepackte Hähnchenschenkel - darunter fünf Bioprodukte - auf Krankheits- und Verderbniskeime sowie auf Keime, die auf bestimmte Antibiotika resistent sind.
Davon tummeln sich, für das menschliche Auge natürlich nicht erkennbar, so einige auf dem Fleisch: Neun von 20 Produkten schnitten kurz vor oder am Verbrauchsdatum mikrobiologisch nur ausreichend oder mangelhaft ab. "Und das, obwohl sie zwischen Kauf und Test optimal gekühlt wurden", sagt Charlotte Granobs, Projektleiterin Ernährung, Kosmetik und Gesundheit bei Stiftung Warentest in Berlin. Die teilweise extrem hohen Keimzahlen deuteten darauf hin, dass das Fleisch teilweise schon verdorben gewesen sein könne. Für Granobs ein Anlass zu deutlicher Kritik: "Auf das Verfallsdatum sollten sich Verbraucher schon verlassen können."
Der Test zeigte jedoch nicht nur, dass fast jeder zweite Hähnchenschenkel Verderbniskeime enthält. "Wir haben in zwölf der 20 Produkte Keime gefunden, die gegen Antibiotika resistent sind", sagt Granobs. Das mache Menschen zwar nicht akut krank, könne sich aber im Körper ansetzen.
"Und wenn der Körper schwächelt durch Krankheit, Medikamente oder im Alter, kann es möglicherweise zu Infektionen kommen, die mit Medikamenten schwer behandelbar sind. Wenn wir Keime nicht mehr mit Antibiotika bekämpfen können, verlieren wir unsere wichtigste Waffe", macht Granobs deutlich.
Vorsicht bei Antibiotika Gleichzeitig betont sie, dass die resistenten Keime nicht nur aus der Tierwirtschaft kämen. Die Keime, die in den Hähnchenschenkeln gefunden wurden, zwar schon, "aber Keime, die nicht heilbare Krankheiten verursachen, kommen auch aus der Humanmedizin." Warum? Weil sich viele Patienten zu schnell ein Antibiotikum verschreiben ließen, vielleicht den Arzt zu einem Rezept drängen. Granobs rät: "Die Verbraucher sollten mit Antibiotika bewusster umgehen."
Generell helfe in Bezug auf Keime und Bakterien eine gute Küchenhygiene.
"Wenn man Dinge wie Hände waschen vor dem Kochen, das Fleisch gut durchgaren und die Kochutensilien gründlich reinigen einhält, sorgt man dafür, dass Keime abgetötet werden und sich nicht in der Küche ausbreiten."
Acht enthielten Durchfallerreger Immerhin wurden keine Salmonellen in den 20 getesteten Hähnchenschenkeln gefunden. Dafür enthielten zwei Produkte eine Listerienmenge, die über dem erlaubten EU-Grenzwert lag. Diese Bakterien können Hirnhautentzündung verursachen und Ungeborene schädigen. Bei anderen Keimen waren oft Richt- und Warnwerte der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie überschritten, etwa bei Pseudomon aden (sie lassen Lebensmittel verderben) oder Enterobakterien (können Krankheiten verursachen). In acht Hähnchenschenkeln entdeckten die Tester außerdem den Durchfallerereger Campylobacter.
Für diesen gibt es allerdings keinen Grenzwert.
Auch die Bioprodukte enthielten viele Verderbnis- und Krankheitskeime. Dafür entdeckten die Tester in nur einem der fünf Schenkel antibiotikaresistente Bakterien. Diese enthielten elf von 15 konventionellen Produkten. Mögliche Erklärung: Bei Bio-Erzeugnissen ist der Einsatz von Antibiotika stark beschränkt.
Am Ende erzielten nur fünf der Hähnchenschenkel die Note "gut". Besonders wenig und keine antibiotikaresistenten Bakterien fanden die Tester bei "Friki Geflügellaune" und den bei Kaufland gekauften Hähnchenschenkeln; gut schnitten außerdem die Produkte bei Aldi Süd und Globus ab.
Der beste Bio-Hähnchenschenkel stammt von Rewe, erhielt aber auch nur das Testurteil "befriedigend".
Tipps: So klappt´s mit der Hygiene Einkauf Die Stiftung Warentest empfiehlt, Fleisch und tiefgekühlte Produkte am besten gleich beim Einkauf in eine Kühltasche zu packen, damit die Kühlkette bis zum heimischen Gefrierfach nicht unterbrochen wird. Außerdem sollte Fleisch schnell verbraucht und nicht zu lange im Kühlschrank gelagert werden. Wurst, Fleisch und Fisch gehören in die kälteste Zone des Kühlschranks. Er sollte auf 7 Grad eingestellt und einmal im Monat ausgeputzt werden. Nach dem Haltbarkeitsdatum sollte man Fleisch nicht mehr verwenden.
Verarbeitung Fleisch, Geflügel, Fisch und Eier sollten gründlich gegart, gebraten oder gekocht werden (mindestens zwei Minuten lang bei 70 Grad). So werden Keime abgetötet.
Hände waschen Vor dem Kochen müssen die Hände gründlich gewaschen und abgetrocknet werden. Auch nach der Küchenarbeit empfiehlt sich das Hände waschen, da Hände Keime übertragen.
Hygiene Beim Kochen generell und bei der Verarbeitung von Fleisch im Speziellen sollten einige Regeln beachtet werden: Fleisch darf nicht mit anderen Lebensmitteln in Verbindung gebracht werden. Außerdem verwendet man für die Zubereitung von Fleisch am besten eigene Bretter und Messer. Nach Gebrauch sollten sie mit heißem Wasser und Spülmittel gereinigt oder in die Spülmaschine gestellt werden.
irfe