Handball-WM: Warum Deutschland Weltmeister wird - und warum nicht

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Am Freitag trifft Deutschland im WM-Halbfinale auf Norwegen. Die Redakteure Christoph Böger und Christian Pack wagen einen Ausblick auf die Titelchancen.

Pro von Christian Pack: Deutschland wird Weltmeister, weil ...

... der Teamgeist überragend ist, Deutschland den ausgeglichensten Kader stellt und die Mannschaft von einer Euphoriewelle getragen wird!

Ohne Frage: Mannschaften wie Dänemark oder Norwegen haben mit Mikkel Hansen und Sander Sagosen überragende Einzelkönner in ihren Reihen. Aber Handball ist ein Mannschaftssport - und in dieser Hinsicht ist Deutschland bei diesem Turnier Spitze. Keine andere Mannschaft verteilt die Verantwortung auf so viele Schultern, kein anderes Team zeigt bei dieser WM auf und neben dem Spielfeld einen stärkeren Zusammenhalt. Ein Beispiel: Vom Krankenbett aus schickte der schwer am Knie verletzte Martin Strobel eine bewegende Motivations-Botschaft an seine Teamkollegen. Eine Geste, die viel über die Stimmung im Team aussagt.

Aus sportlicher Sicht hat sich das Team von Bundestrainer Christian Prokop zudem in einen Rausch gespielt. Die Zweifel vor Turnierbeginn sind verflogen, Spieler und Verantwortliche strahlen ein großes Selbstbewusstsein aus. Getragen von einer Euphoriewelle haben sich Uwe Gensheimer und Co. von Spiel zu Spiel gesteigert und gewinnen sogar dann, wenn sie nicht ihren besten Tag erwischt haben.

Dieses Selbstbewusstsein wird auch den möglichen Nachteil kompensieren, wenn es im Finale zu einem "Auswärtsspiel" im dänischen Herning kommen könnte. Denn die Spiele in Berlin und Köln haben gezeigt, dass eine ganze Nation hinter dem DHB-Team steht. Das spürt die Mannschaft. Auch ohne 20 000 Fans auf den Rängen wird dieser besondere Rückhalt die deutschen Handballer zum Titel tragen.

Contra von Christoph Böger: Deutschland wird nicht Weltmeister, weil ...

...viel zu viele Emotionen im Spiel sind, den Spielern die Erfahrung und dem Nationaltrainer das Sieger-Gen fehlt! Das Bad in der Menge kommt für die DHB-Jungs zu früh. Gensheimer, Kohlbacher & Co. schweben auf Wolke sieben, weil sie die Fans beim Karneval im Kölner Handball-Dom schon zu "Halbgöttern in Weiß" krönten. Fans, Spieler und Verantwortliche sind im Flow, obwohl sie noch gar nichts gewonnen haben. Die Kölsche Jecken pumpten Wolff und Wiencek, Pekeler und Fäth mit Adrenalin voll. Der Hype um das Team ist riesig und Deutschland sehnt sich nach der Fußball-Pleite im Sommer auf ein Mannschafts-Märchen im Winter.

Doch abgerechnet wird nicht am Rhein, sondern im hohen Norden. Heute Abend im coolen Hamburg und am Sonntag im dänischen Herning. Nur wer kühlen Kopf bewahrt, schnappt sich den Pott. Der Druck auf Drux & Co. ist enorm. Sie müssen ohne Spielmacher Strobel, dafür mit einem dicken Rucksack voller grenzenloser Erwartungen spielen. Das ist eine leistungshemmende Bürde, die sich zwar nur im Unterbewusstsein abspielt, auf der Platte aber zu technischen und taktischen Fehlern führt.

Den Schiedsrichter-Heimbonus, wie in Wiede und seine Kollegen im Spiel gegen Kroatien genossen, gäbe es im Finale für den DHB nicht mehr. Dazu kommt, dass dem Team jegliche Erfahrung in einer WM-Primetime fehlt. Und der in den Auszeiten oft nach den richtigen Worten ringende Trainer hat zwar seinen Führungsstil verbessert, ein Winner-Typ ist Christian Prokop deshalb aber nicht. Gerne würde ich mich eines Besseren belehren lassen.