Vor 200 Jahren wurde das närrische Treiben aus den Gebieten am Rhein auch in Franken beliebt.
In Franken zog der vom Rhein aus praktizierte Karneval um 1720 in die Städte ein. Bei den Hofgesellschaften und den Bürgern wurden karnevalistische Maskenveranstaltungen und Karnevalsumzüge immer beliebter. 1799 veranstalteten Offiziere der Würzburger Garnison einen "Götterball" und eine vermummte Schlittenfahrt. Sogenannte Schlittiaden (maskierte Schlittenfahrten) waren schon Ende des 16. Jahrhunderts beim höfischen Adel und ab Mitte des 18. Jahrhunderts auch bei Studenten beliebt, zumal Sebastian Brant in seinem "Narrenschiff" 1494 den Schlitten als ein dem Schiff ebenbürtiges Transportmittel für den Narren bezeichnet hatte.
Beredtes Zeugnis sind etwa die Renn- und Carousselschlittensammlung in der Veste Coburg, die größtenteils für Maskeraden genutzt wurden. Ähnlich ging es am fürstbischöflichen Hof in Bamberg zu, besonders in dessen Glanzzeit im 18. Jahrhundert, als Schloss Seehof vor Bamberg - wie die Hofdiarien enthüllen - ein Mittelpunkt von Festen geworden war.
Nachdem im 18. Jahrhundert diese Maskeraden buchstäblich hoffähig geworden waren, ahmte das Bürgertum dies um die Wende zum 19. Jahrhundert nach. Hinzu kam, dass das Vereinswesen im Biedermeier eine Lücke zu füllen vermochte, die durch die Auflösung der alten ständischen Korporationen entstanden war.
Emanzipation des Bürgertums
Für die Emanzipation des Bürgertums sprach, dass 1823 in Bamberg ein "Kunstverein" gegründet worden war. 1830 hatte König Ludwig I. höchstpersönlich bei einem Bamberg-Besuch die Anregung zur Bildung eines "Historischen Vereins" gegeben und der schon 1791 eingeführte "Club" geselliger Bamberger Bürger - zunächst als Leseclub - hatte sich nach 1803 zur bis heute existierenden "Harmonie"-Gesellschaft weiterentwickelt.
Die Hinwendung zur Geselligkeit vollzog sich umso mehr, da fernab von der Politik ein Ausgleich zu schaffen war. Gleichwohl genoss man das zunehmende Wohlwollen des Hauses Wittelsbach, das die "Harmonie" persönlich 1809 beehrte und unter anderem über den im Dezember 1808 in Bamberg geborenen Vater von "Sisi", Max von Bayern, die Stadt als Zweitwohnsitz wählte. Noch im selben Jahr hatte bereits im Februar, zum Abschluss der Feiern zum Namenstages von Königin Therese am 28. Januar in der "Harmonie" eine "Masquirte Academie" stattgefunden, der weitere folgen sollten.
Bei der Ausgestaltung dieser Narrenakademien orientierte man sich an rheinischen Vorbildern genauso wie bei den Umzügen mit Berittenen und Wagen, die in Bamberg seit den 1830er Jahren gehäuft stattfanden. Erstmals im Bild überliefert, nämlich in farbigen Lithographien des Künstlers Gottfried Durst von Wengen ist "Die öffentliche Maskerade in Bamberg am Fastnacht-Montag 1833".
Im Sinne eines Erinnerungsfests an den Besuch des bayerischen Königs Ludwig I. und seiner Gemahlin Therese von Sachsen-Hildburghausen 1830 sollte hierdurch wie durch weitere, jährlich stattfindende Feste die Verbundenheit mit dem Hause Wittelsbach verdeutlicht werden. Themen der Zeit und örtliche Vorfälle wurden hierbei satirisch aufgegriffen. An der Spitze des Zuges fand sich der "Faschingsnarr" oder als Bamberger Besonderheit (1837) die "lustige und wohlbekneipte Freifrau von Fastnacht", in "unehelichem Stande" lebend und "sich erst in den Jahren ihres Lebens mit allen Narren" vermählend. Das weitere karnevalistische Equipment der oft an die 30 Umzugswagen verulkte im Sinne eines feierlichen Herrscherempfangs örtliche Originale, regionale Ereignisse und politisches Geschehen: Trompetern des "Jungfern-Regiments" folgten "Stadt-Fähnrich Rummelpuff nebst Staberl", dann nach einer "krähwinklischen Kammermusik in verschiedensten Costüms" unter anderem "ein entsetzlicher Wagen, der Flickverein (im Damenkränzchen wird gespielt, während die Männer Kinder hüten, spinnen, flicken etc.)", hinterher "ein Landmann aus Bambergs Umgegend mit seiner Frau Zwetschen-Tutl-Everle, geborene Capunzel, und der Prinzessin Hobelspan mit ihren Adjutanten (die Prinzessin ist ein Baby, die Adjutanten sind drei Figuren in Strohgewändern)". Den Beschluss kündete "ein ländlicher Wagen, und die personifizierte Fasten (ein Mann zu Pferd mit grünem Schellengewande und Brezen)".