Kunden aufgepasst: Aldi baut seine Kühlregale radikal um

3 Min

Bei Aldi steht ein großer Umbau des Kühlsortiments an - sämtliche Milch- und Fleischprodukte sollen einen neuen Platz finden. Für die Kunden soll das einen großen Vorteil bringen - doch Verbraucherschützer sehen die Sache kritisch.

Der Discounter Aldi hat sich mit seiner Initiative "#Haltungswechsel" das Ziel gesteckt, bis 2030 ausschließlich Frischfleisch, Trinkmilch sowie gekühlte Fleisch- und Wurstwaren aus den Haltungsformen 3 und höher anzubieten. Übrigens setzt Aldi auch beim Spargel auf Nachhaltigkeit - und kann das Gemüse damit sogar besonders günstig anbieten.

Bereits heute bietet Aldi Süd Trinkmilch, Putenfrischfleisch und Rindfrischfleisch laut eigener Aussage gänzlich aus den höheren Haltungsformen 3, 4 und 5 an. Nun plant Aldi Süd weitere Schritte: "Als Vorreiter im Lebensmittelhandel organisiert das Unternehmen seine Frischfleischkühlung neu, um die Herkunft der Produkte transparenter zu machen", teilte das Unternehmen Anfang dieser Woche mit. 

Aldi setzt auf neue Anordnung in Kühlregalen - Fleisch aus guter Haltung wird erkennbarer

Die hohe Nachfrage nach Produkten aus artgerechter Haltung wächst laut Aldi stetig. Dies belegen dem Discounter zufolge die Umsatzzahlen und das Sortiment, das keine Wurstprodukte aus Haltungsform 1 mehr umfasst. Künftig wird die Frischfleischkühlung nicht mehr wie bislang nach Tierart sortiert, sondern nach Haltungsformen. Dies dient der Vereinfachung für die Kundschaft. In der Kühltheke gibt es nun drei Bereiche: Der blaue Bereich steht für klassische Haltung (Haltungsform 1 und 2), der grüne für höhere Haltungsformen (3 bis 5) sowie Hackfleisch. Sonderangebote sind im roten Bereich zu finden.

"Unser Ziel ist es, dass unsere Kund:innen Produkte aus höheren Haltungsformen einfach und auf den ersten Blick finden. Dafür sind wir bereit, neue Wege zu gehen und freuen uns über jeden Mitbewerber, der das gemeinsame Ziel für mehr Tierwohl genauso konsequent umsetzt", erklärt Dr. Julia Adou, Director Sustainability bei Aldi Süd. Auch in den Segmenten Trinkmilch, Wurst und Käse wird mit neuen Maßnahmen wie Deckenhängern und Magnetfolien auf artgerechte Haltung hingewiesen. Bis Mitte Juli sollen alle Anpassungen abgeschlossen sein, heißt es vom Discounter. Zudem wird die Umstellung wissenschaftlich von der Universität Bonn begleitet.

Ganz so einfach ist es auf den zweiten Blick aber nicht: Auch Hackfleisch aller Haltungsformen wird künftig im grünen Bereich der neuen Kühlung zu finden sein. Produkte der Haltungsformen 1 und 2 seien im grünen Bereich aber klar gekennzeichnet und optisch abgesetzt, teile ein Sprecher mit. Da Hackfleisch stärker gekühlt werden müsse, erfolge die Platzierung aller dieser Produkte – unabhängig von der Haltungsform – gebündelt an einem Ort. Da der Großteil des Hackfleischsortiments aus höheren Haltungsformen stamme, werde dieser Bereich insgesamt im grünen Segment der Kühlung geführt, hieß es. 

Aldi-Fleischplan hat einen Haken - Verbraucherschützer warnen

Die Neuanordnung ruft deswegen auch deutliche Kritik hervor: "Ein neues Kühlkonzept bezogen auf die Haltungsformen sollte verbraucherfreundlich und transparent sein", teilte die Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Heike Silber, mit. Das bedeute, dass zum Beispiel "die farbliche Abstimmung der Türen mit den entsprechenden Haltungsformen der enthaltenen Produkte übereinstimmt, was hier – soweit das den Informationen von Aldi zu entnehmen ist – nicht der Fall sein wird". 

 

Insbesondere der Umstand, dass sich hinter den grün gekennzeichneten Türen auch Hackfleischprodukte aus den Haltungsformen 1 und 2 befinden, könne bei Kundinnen und Kunden zu Verwirrung führen. Silber zufolge steht aber noch nicht fest, ob die Verbraucherschützer rechtlich gegen das neue Kühlkonzept vorgehen werden: "Das können wir erst entscheiden, wenn wir das neue Kühlkonzept in einer Aldi-Filiale betrachten können".

Die Albert-Schweitzer-Stiftung begrüßte grundsätzlich, dass Aldi Süd neue Wege geht, um Produkte aus höheren Haltungsformen besser sichtbar zu machen. "Eine klare und gut gekennzeichnete Platzierung kann Verbrauchern helfen, bewusstere Entscheidungen zu treffen – vorausgesetzt, sie verstehen die Haltungsformkennzeichnung und vertrauen ihr", teilte die Stiftung mit, die sich für mehr Tierschutz einsetzt. Ob sich die neue Sortierung tatsächlich positiv auf das Kaufverhalten und damit auf das Tierwohl auswirken werde, bleibe abzuwarten. "Entscheidend ist aber nach wie vor, dass die niedrigsten Haltungsformen 1 und 2 mittelfristig komplett aus dem Regal verschwinden." 

So reagiert die Konkurrenz - macht der Fleisch-Umbau Schule?

Die Branche reagiert gemischt auf das neue Kühlkonzept von Aldi Süd: Lidl und Kaufland halten an der klassischen Sortierung nach Tierarten fest. So wolle man den Kunden die bestmögliche Orientierung bieten. Bei Lidl seien Bio-Produkte direkt neben den konventionellen Pendants zu finden. Die Unternehmen - beide Teil der Schwarz-Gruppe - verweisen außerdem auf eigene Initiativen für mehr Tierwohl. Auch die Schwesterfirma Aldi Nord lässt die Finger von dem Konzept: Ein Unternehmenssprecher teilte mit, dass man Frischfleischartikel weiterhin nach Tierarten anordnen werde. Über die Haltungsform wird am Produkt und mit zusätzlichen Hinweisen an den Kühlgeräten informiert.

Offener zeigen sich Edeka und Netto. Der Ansatz, den Kundinnen und Kunden mehr Orientierung in Bezug auf die Haltungsform zu bieten, sei interessant und werde geprüft, teilte ein Sprecher des Edeka-Verbunds mit. Eine Sprecherin der Rewe-Gruppe - dazu gehört neben dem gleichnamigen Supermarkt auch der Discounter Penny - wollte sich nicht zu der Entwicklung äußern.

Wie wir künstliche Intelligenz einsetzen 
Vorschaubild: © ALDI (obs)