Wird dir die EC-Karte gestohlen oder geht verloren, stellt sich die Frage, was passiert, wenn ein anderer damit Geld abhebt. Haftet die Bank oder du?
Schnelle Hilfe bei Kartenverlust
Vorsorge: PIN und Karte nicht am selben Ort aufbewahren
Beispiele für Gerichtsurteile
Kontaktloses Zahlen mit Karte oder Smartphone
Der Sperrdienst KUNO
Die Girokarte ist eine schöne Sache: Die Deutschen nutzen sie häufig. Gerade wird kontaktloses Zahlen mit dem Smartphone immer beliebter. Umso wichtiger ist ein sorgfältiger Umgang mit Karte, PIN und Smartphone.
Viel Ärger und dann auch noch haften?
Wer es erlebt hat, weiß, wie unangenehm es ist und welche Mühen es macht: Das Portemonnaie geht verloren oder wird geklaut. Oft ist nicht nur das Bargeld futsch, sondern auch viele Plastikkarten. Kundenkarten sind leicht wiederzubeschaffen. Aber was ist mit der girocard (auch Debitkarte oder früher EC-Karte genannt)?
Sorgen sind durchaus begründet. Was passiert, wenn mit der Karte Geld abgehoben wird? Im Grundsatz gilt zwar, dass ein Kontoinhaber einen Anspruch auf Rückerstattung gegenüber seiner Bank hat, wenn ein Dritter unberechtigt Geld von seinem Konto abbucht (§ 675u Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Im Einzelfall kann aber eine Haftung des Karteninhabers für die missbräuchliche Verwendung der girocard – oder auch Kreditkarte – durchaus infrage kommen. Haftung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Kontoinhaber den vom Dritten abgebuchten Betrag nicht von seiner Bank zurückverlangen kann.
Schnelle Hilfe bei Kartenverlust
Der wichtigste Hinweis für euch als Karteninhaberin oder -inhaber ist deshalb: Den Verlust oder Diebstahl der Karte solltest du sofort anzeigen und deine Karte(n) sperren lassen. Und das ist zu tun:
An 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr ist diese Nummer erreichbar. Im Inland ist der Notruf für die Sperrung kostenlos
Ersatzkarte(n) beantragen
Sobald der Verlust der Karte gemeldet ist, scheidet jede weitere Haftung aus – jede Minute kann also entscheidend sein. Unser Tipp: Erstatte bei Diebstahl deiner Debitkarte oder Kreditkarte immer umgehend Anzeige bei der Polizei.
PIN und Karte nicht am selben Ort aufbewahren
Ungemütlich wird es dann, wenn eine Abbuchung erfolgt, bevor der Verlust gemeldet wurde. Hätte der Karteninhaber erkennen können, dass ein Dritter Zugriff auf seine Karte hat, muss er grundsätzlich 50 Euro des abgebuchten Betrages selbst tragen (§ 675v Absatz 1 BGB). Merkst du also zum Beispiel, dass dein Portemonnaie auch nach langer Suche nicht auffindbar ist, hast du im schlimmsten Fall am Ende 50 Euro weniger auf dem Konto als vor dem Verlust der Karte.
Positiv ist, dass viele Banken aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands oftmals auf ihren Anspruch von "nur" 50 Euro gegenüber dem Kunden verzichten. Ein ernstzunehmendes Haftungsrisiko entsteht dann, wenn Kontoinhaber in erheblicher, "grob fahrlässiger" Weise ihre Pflichten aus dem Vertragsverhältnis mit der Bank verletzen (§ 675v Absatz 3 Nr. 2 BGB). In einer solchen Situation haftet der Kontoinhaber allein. Grob fahrlässig ist zum Beispiel
die PIN auf der Karte zu vermerken
die PIN zusammen mit der Karte am selben Ort aufzubewahren
das Portemonnaie unbeaufsichtigt im Auto oder am Arbeitsplatz liegenzulassen
den Verlust der Karte nicht sofort zu melden. Ungemütlich wird es vor allem dann, wenn eine Abbuchung erfolgt, bevor der Verlust gemeldet wurde.
Und so urteilen Gerichte, was 'grob fahrlässig' ist
Auch im Verdachtsfall müssen Karten sofort gesperrt werden, etwa wenn die Karte im Geldautomaten "stecken geblieben" ist.
LG Berlin, Urt.v. 18.07.2002, Az.: 51 S 84/02
Das Zurücklassen der Kreditkarte im Hotelzimmer ist grob fahrlässig.
AG Offenbach, Urt.v. 30.10.2017, Az.: 36 C 77/07
Wer die PIN mit sich führt, sodass sie – z.B. beim Gedränge in einem Linienbus – zusammen mit der in der Geldbörse befindlichen Kreditkarte gestohlen und sodann von unbefugten Dritten für Zahlungsvorgänge eingesetzt werden kann, haftet.
AG Freudenstadt, Urt.v. 29.06.2016, Az.: 5 C 374/13
Das Zurücklassen einer Zahlungskarte in einem unbeaufsichtigten Fahrzeug begründet den Vorwurf des grob fahrlässigen Verhaltens.
LG Berlin, Urt.v. 22.06.2010, Az.: 10 S 10/09
Wer seine Zahlungsinstrumente (z.B. girocard, früher ec-Karte) an einem Arbeits-, Büro- oder Dienstplatz (bzw. -raum) unbeaufsichtigt und ungeschützt zurücklässt, zu dem Dritte ohne Weiteres Zugang haben und so die erleichterte Zugriffsmöglichkeit verschafft, handelt grob fahrlässig.
OLG Düsseldorf, Urt.v. 26.10.2007, Az.: I-16 U 160/04
Nach Scheitern eines vorherigen und nicht erfolgreich abgeschlossenen Zahlungsversuchs mit Karte und PIN handelt der Karteninhaber grob fahrlässig, wenn er vor erneuter Benutzung der Karte und erneuter Eingabe der PIN vom Händler nach einem abgebrochenen Vorgang nicht die Aushändigung eines Beleges über den Abbruch der Transaktion verlangt.
AG Frankfurt am Main, Urt.v. 06.08.2019, Az.: 30 C 4153/18 (20)
Deine Verantwortung für die PIN
Der Umgang mit der eigenen PIN ist also von besonderer Bedeutung. Es besteht die Pflicht eines jeden Karteninhabers, sorgsam mit seiner PIN umzugehen und so das eigene Konto vor unbefugtem Zugriff zu schützen.
Auch in einem Notizbuch solltet ihr eure PIN nicht notieren – zumindest dann nicht, wenn es sich in unmittelbarer Nähe zur Karte befindet.
Verschlüsselungen der PIN ändern an der Haftung in solchen Situationen nichts, außer der Code kann auch mit ganz erheblichem Aufwand nicht entschlüsselt werden.
Kontaktloses Zahlen mit Karte oder Smartphone
Und was ist bei einem NFC-Verfahren (Near Field Communication), dem kontaktlosen Zahlen von Kleinbeträgen ohne PIN-Eingabe – zum Beispiel an Supermarktkassen? Die Bank verzichtet beim kontaktlosen Zahlen durch die fehlende PIN-Eingabe auf eine Sicherheitsfunktion. Die Übertragung von Bezahldaten gilt generell als sicher und ausgereift.
Da der Abstand der Bankkarte oder eines Smartphones bzw. Smartwatches zum Bezahlterminal nur wenige Zentimeter betragen darf, ist der übertragene Datensatz ("Token") nicht aus der Ferne abzufangen. Das unterscheidet NFC von der Funktechnik Bluetooth. Außerdem ist der verschlüsselt übertragene Token nur für diesen einen Bezahlvorgang gültig und ist nicht mehrfach zu verwenden.
Das größte Risiko bei NFC ist, dass du deine Karte oder das Smartphone verlierst oder dass es gestohlen wird. Dann ist Schnelligkeit gefragt. Rufe deine Bank an und lass die gestohlene Karten sperren. Ist die Karte verloren und das Smartphone noch zur Hand, können meistens die Karten direkt über die Banking-App gesperrt werden.
KUNO hilft auch
Mehr Sicherheit im unbaren Zahlungsverkehr wird durch ein computergestütztes System der Polizei gegen den Missbrauch von gestohlenen EC-Karten erreicht. KUNO (Kriminalitätsbekämpfung im unbaren Zahlungsverkehr unter Nutzung nicht polizeilicher Organisationsstrukturen) ist ein freiwilliges System der Polizeibehörden und der Wirtschaft.
Ziel ist, Betrugsfälle im kartengestützten Zahlungsverkehr zu reduzieren. Nach dem Verlust deiner Debitkarte solltest du diese nicht nur bei deiner Bank sperren lassen, sondern auch bei der Polizei als gestohlen melden!
Die Polizei meldet dann die Daten der abhanden gekommenen Debitkarte (Bankleitzahl, Kontonummer und Kartenfolgenummer) dem Kooperationspartner des Einzelhandels. Von dort werden diese Daten an die dem KUNO-Sperrsystem angeschlossenen Einzelhandelsgeschäfte weitergeleitet. So ist die Karte auch für das Lastschriftverfahren (Bezahlen mittels Karte plus Unterschrift) gesperrt!
Die 116 116 solltest du im Kopf abspeichern
Es bleibt daher jedem zu raten, gut auf das eigene Portemonnaie aufzupassen und vor allem bei Verlust oder Diebstahl der Giro- oder Kreditkarte sofort den Sperrnotruf - 116 116 - zu wählen. So lässt sich das Haftungsrisiko auf ein Minimum reduzieren.
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