- In den meisten Kompostieranlagen verweilt der Biomüll keine 12 Wochen
- Laborbedingungen unterscheiden sich stark von den realen Bedingungen
- Bioplastik enthält oft auch fossile Anteile, die sich nicht zersetzen: Es verbleibt Mikroplastik in der Umwelt
- Die Tüten sind von herkömmlichen Plastiktüten im Müll kaum zu unterscheiden und werden deshalb aussortiert
Herstellerverband wehrt sich gegen Vorwürfe
Demgegenüber verteidigt die Initiative natürliche Kreislaufwirtschaft (INAK) - ein Zusammenschluss von Unternehmen und Entsorgern, die den Einsatz biologisch abbaubaren Kunststoffe fördert - die Bioabfalltüten: Die Bioabfallsammelbeutel aus industriell kompostierbaren Kunststoffen seien gemäß Bioabfallverordnung (BioAbfV) grundsätzlich zugelassen, sofern keine abweichenden Regelungen durch kommunale Entsorger bestehen. Doch genau hier liegt das Problem: Tatsächlich hatte die Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg in einer Befragung im Jahr 2023 festgestellt, dass ein Großteil der Entsorger eben eine solche abweichende Regelung erlassen und die Verwendung der Abfallbeutel verboten hatte.
In der Bioabfallverordnung sei seit Ende 2023 auch eine vereinheitlichte Kennzeichnung festgelegt worden, auf die sich Verbraucher und Entsorger verlassen könnten. "Die Behauptung, dass Hersteller von kompostierbaren Bioabfallsammelbeuteln Kunden absichtlich täuschen und Greenwashing betreiben, ist unbegründet", betont Katrin Schwede von der INAK in einer Stellungnahme. Verbraucherschützer kritisieren aber, dass die Kennzeichnung für Laien nicht auf Anhieb verständlich sei. Für die Entsorgungsbetriebe komme hinzu, dass eine Kennzeichnung auf den Tüten nach beginnender Zersetzung nicht mehr lesbar sei - diese also wie normale Kunststoffe aussortiert würden.
Entschieden stellt sich die INAK gegen die Behauptung, die industriell kompostierbaren Bioabfallsammelbeutel würden Mikroplastik hinterlassen. "Die zugelassenen Beutel erfüllen strenge Normen zum vollständigen biologischen Abbau sowie Tests zur Ökotoxizität, um negative Auswirkungen auf die Umwelt auszuschließen", betont Schwede. Wenn Mikroplastik nach der industriellen Bearbeitung im Biomüll gefunden, sei dies auf andere Quellen, beispielsweise herkömmliche Kunststofftüten und Plastik enthaltendes Papier, zurückzuführen. Die mit Zusatzzertifizierung „DINplus“ ausgezeichneten Bioabfallsammelbeutel aus abbaubaren Kunststoff würden sich hingegen innerhalb von 6 Wochen vollständig zersetzen.
Klare Kennzeichnung gefordert
Der "unvollständige Abbauprozess der Sammelbeutel" stelle die "Betreiber von Kompost- und Vergärungsanlagen zunehmend vor unlösbare Probleme, da die zulässigen Grenzwerte für Fremdstoffe immer weiter verschärft werden" schreibt hingegen die Abfallwirtschaft in Kitzingen. Und durch das neue Gesetz werden diese Grenzwerte nochmal verschärft. In vielen Gemeinden sollten sich Nutzer der Biomülltüten also darauf einstellen, dass ihre Bio-Mülltonnen in den kommenden Monaten häufiger stehen gelassen werden.
Die Verbraucherzentrale weist zudem darauf hin, dass die Beutel auch im heimischen Kompost nichts zu suchen haben: Sie zersetzen sich nicht vollständig und vor allem entstünde bei der Zersetzung kein wertvoller Humus – "die Kunststoffe bringen für den Kompost keinen Mehrwert und sind in gelben Tonnen, gelben Säcken oder ähnlichen Sammelsystemen für Kunststoff besser aufgehoben" schreiben die Verbraucherschützer.
Sie fordern deshalb eine besser Kennzeichnung und klare gesetzliche Vorgaben für die Tüten: Denn für Käufer und Käuferinnen der Tüten ist die Problematik nur schwer zu erkennen. Zwar gäbe es auch Bioabfallsammelbeutel aus abbaubaren Kunststoff, die geeignet sind, doch dies sei eben für Kunden und Kundinnen nur schwer zu erkennen. Dies zeigen auch Rezensionen zu den Tüten, die man beispielsweise bei Amazon findet. "Für alle, die auf die Umwelt achten und ihren Biomüll ordentlich trennen möchten, sind diese Tüten absolut empfehlenswert", heißt es da beispielsweise. Dabei sind die Tüten eben genau dafür eben oft nicht geeignet.
Und selbst, wenn die Entsorger auf die Problematik aufmerksam machen, scheint dies bei den Verbrauchern nicht immer durchzudringen: "Mit den Beuteln sind wir sehr zufrieden, aber die Müllabfuhr nimmt unsere braune Tonne nicht mit, weil sie denkt, es sind normale Plastikbeutel. Hilfreich wäre vielleicht ein Aufkleber, den man oben auf die Tonne kleben kann" heißt es von einem Käufer angeblich abbaubarer Biomüllbeutel bei Amazon.
Die Verbraucherzentralen fordern daher "ein Kennzeichnungssystem für kompostierbare und biologisch abbaubare Produkte, auf das Verbraucher:innen sich tatsächlich verlassen können". Denn die Biomülltüten "bieten keine Vorteile für die Umwelt und sollten deshalb nicht als nachhaltigere Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen verkauft werden dürfen".
Amazon-Bestseller: Müll-Greifzange für Senioren*
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Vorschaubild: © Kommunale Abfallwirtschaft/Landratsamt ERH
hier haben Mülltonnen Schlösser, die dann von der Müllabfuhr geöffnet werden. Hat als Hintergrund eine gewichtsabhängige Gebühr. Damit eben kein Nachbar seinen Müll eben in meine Mülltonne entsorgen kann....
Und wie wollen die das überprüfen? Wenn irgend eine Person in der Nacht, wo die Tonnen unten an der Straße stehen, ihren Müll in der Biotonne entsorgen? Wäre hier nicht das erste Mal. Kann wohl keiner erwarten, dass der Mülltonnenbesitzer früh auf die Müllabfuhr wartet und die Tonne bewacht.